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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. VIII. Capitul.
achtens wären ihrer viele mit größrer Ehre und
Vergnügung durch die Welt gekommen, wenn sie
ihr Lebtage kein Spiel gelernt hätten. Es könte
mancher, der jetzund einen irrenden Ritter abgeben
muß, noch in seinem väterlichen Gräntzen sitzen,
wenn ihm nicht das Spielen ruinirt, und zu einer
solchen Wurst-Reuterey gebracht hätte. Ein an-
derer der krumm und lahm gehauen, und fast nichts
mehr halten kan, hätte noch gesunde Gliedmaßen,
wenn er nicht die Charten-Blätter so offt in der
Hand gehalten hätte; noch ein anderer besäße ein
ansehnliches Ehren Amt, wenn er nicht durch sein
Bezeugen zu der üblen Nachrede Anlaß gegeben
hätte, daß er nemlich ein Spieler wäre. Hat ein
junger Mensch mehr Einkünffte/ als er zu seinen
Standes-mäßigen Ausgaben benöthiget, und be-
sitzt dabey mittelmäßige Qualitaeten, so ist er um sei-
nes Geldes willen allenthalben wohl angesehen,
und in allen Gesellschafften gelidten, er mag spielen
oder nicht. Vor seine Umstände ist das Spielen
ein höchst gefährlich Metier, denn die Spieler von
Profession werden ihn aufsuchen, wo sie wissen
und können, um ihn zu ihrem Vortheil in ihr Garn
zu rücken. Hat er aber nicht viel in Vermögen,
so ist es vollends ein Thor, daß er seine Zeit und sein
Geld nicht besser anwenden, und sich auf etwas
gründlichers legen will.

§. 4. Andere sagen, ein guter Hof-Mann müste
nothwendig die Spiele verstehen; ich halte aber
davor, daß hiebey ein Unterscheid zu machen unter

denen,

II. Theil. VIII. Capitul.
achtens waͤren ihrer viele mit groͤßrer Ehre und
Vergnuͤgung durch die Welt gekommen, wenn ſie
ihr Lebtage kein Spiel gelernt haͤtten. Es koͤnte
mancher, der jetzund einen irrenden Ritter abgeben
muß, noch in ſeinem vaͤterlichen Graͤntzen ſitzen,
wenn ihm nicht das Spielen ruinirt, und zu einer
ſolchen Wurſt-Reuterey gebracht haͤtte. Ein an-
derer der krumm und lahm gehauen, und faſt nichts
mehr halten kan, haͤtte noch geſunde Gliedmaßen,
wenn er nicht die Charten-Blaͤtter ſo offt in der
Hand gehalten haͤtte; noch ein anderer beſaͤße ein
anſehnliches Ehren Amt, wenn er nicht durch ſein
Bezeugen zu der uͤblen Nachrede Anlaß gegeben
haͤtte, daß er nemlich ein Spieler waͤre. Hat ein
junger Menſch mehr Einkuͤnffte/ als er zu ſeinen
Standes-maͤßigen Ausgaben benoͤthiget, und be-
ſitzt dabey mittelmaͤßige Qualitæten, ſo iſt er um ſei-
nes Geldes willen allenthalben wohl angeſehen,
und in allen Geſellſchafften gelidten, er mag ſpielen
oder nicht. Vor ſeine Umſtaͤnde iſt das Spielen
ein hoͤchſt gefaͤhrlich Metier, denn die Spieler von
Profeſſion werden ihn aufſuchen, wo ſie wiſſen
und koͤnnen, um ihn zu ihrem Vortheil in ihr Garn
zu ruͤcken. Hat er aber nicht viel in Vermoͤgen,
ſo iſt es vollends ein Thor, daß er ſeine Zeit und ſein
Geld nicht beſſer anwenden, und ſich auf etwas
gruͤndlichers legen will.

§. 4. Andere ſagen, ein guter Hof-Mann muͤſte
nothwendig die Spiele verſtehen; ich halte aber
davor, daß hiebey ein Unterſcheid zu machen unter

denen,
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[406/0426] II. Theil. VIII. Capitul. achtens waͤren ihrer viele mit groͤßrer Ehre und Vergnuͤgung durch die Welt gekommen, wenn ſie ihr Lebtage kein Spiel gelernt haͤtten. Es koͤnte mancher, der jetzund einen irrenden Ritter abgeben muß, noch in ſeinem vaͤterlichen Graͤntzen ſitzen, wenn ihm nicht das Spielen ruinirt, und zu einer ſolchen Wurſt-Reuterey gebracht haͤtte. Ein an- derer der krumm und lahm gehauen, und faſt nichts mehr halten kan, haͤtte noch geſunde Gliedmaßen, wenn er nicht die Charten-Blaͤtter ſo offt in der Hand gehalten haͤtte; noch ein anderer beſaͤße ein anſehnliches Ehren Amt, wenn er nicht durch ſein Bezeugen zu der uͤblen Nachrede Anlaß gegeben haͤtte, daß er nemlich ein Spieler waͤre. Hat ein junger Menſch mehr Einkuͤnffte/ als er zu ſeinen Standes-maͤßigen Ausgaben benoͤthiget, und be- ſitzt dabey mittelmaͤßige Qualitæten, ſo iſt er um ſei- nes Geldes willen allenthalben wohl angeſehen, und in allen Geſellſchafften gelidten, er mag ſpielen oder nicht. Vor ſeine Umſtaͤnde iſt das Spielen ein hoͤchſt gefaͤhrlich Metier, denn die Spieler von Profeſſion werden ihn aufſuchen, wo ſie wiſſen und koͤnnen, um ihn zu ihrem Vortheil in ihr Garn zu ruͤcken. Hat er aber nicht viel in Vermoͤgen, ſo iſt es vollends ein Thor, daß er ſeine Zeit und ſein Geld nicht beſſer anwenden, und ſich auf etwas gruͤndlichers legen will. §. 4. Andere ſagen, ein guter Hof-Mann muͤſte nothwendig die Spiele verſtehen; ich halte aber davor, daß hiebey ein Unterſcheid zu machen unter denen,

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/426>, abgerufen am 24.11.2024.