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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. VIII. Capitul.
und uns mancherley widerwärtige Urtheile über
den Hals laden.

§. 40. Es ist wider den Wohlstand, wenn einige
dem andern ungefragt erzehlen, wie sie so glücklich
gewesen, und in dem Spiele so gar viel gewonnen.
Erfährt es der andere wieder, oder seine guten
Freunde bekommen Nachricht davon, daß man
damit prahlet, und sich des Gewinnes rühmet, so
vermehret man des andern Unwillen, und erweckt
sich grössern Haß. Andre die wohl zu leben wis-
sen, verdencken es uns, daß wir ihnen Eröffnung
von einer Sache thun, die ihnen nichts angehet,
und ihnen gleichgültig seyn kan, und bilden sich ein,
der Gewinn müste gewiß gar selten an uns kom-
men, weil wir so groß Werck davon machten, und
uns die Mühe gäben, so viel davon zu reden.

§. 41. Man beklage sich auch nicht, wenn man
im Spielen unglücklich gewesen. Der Herr Hof-
Rath Nemeitz sagt in seinem Sejour de Paris p. 172.
Jst man deswegen da, daß man dein Seufzen an-
höre, oder wilst du, daß man Part an deinem Un-
glück nehme. Der sich zum Spiel setzt, dem muß
es gleich viel seyn, er gewinne oder verliere. Das
Geld das einer dazu anwendet, muß er schon halb
verlohren geben, und so er ja etwas par hazard ge-
winnt, muß ers rechnen, als wenns ihm geschenckt
würde. Die Intention die er hat, allemahl zu ge-
winnen, schlägt insgemein fehl. Man nehme alles
was kommt, mit indifferenten Gemüth an.

§. 42. Jch werde dieses Capitul beschliessen mit

der

II. Theil. VIII. Capitul.
und uns mancherley widerwaͤrtige Urtheile uͤber
den Hals laden.

§. 40. Es iſt wider den Wohlſtand, wenn einige
dem andern ungefragt erzehlen, wie ſie ſo gluͤcklich
geweſen, und in dem Spiele ſo gar viel gewonnen.
Erfaͤhrt es der andere wieder, oder ſeine guten
Freunde bekommen Nachricht davon, daß man
damit prahlet, und ſich des Gewinnes ruͤhmet, ſo
vermehret man des andern Unwillen, und erweckt
ſich groͤſſern Haß. Andre die wohl zu leben wiſ-
ſen, verdencken es uns, daß wir ihnen Eroͤffnung
von einer Sache thun, die ihnen nichts angehet,
und ihnen gleichguͤltig ſeyn kan, und bilden ſich ein,
der Gewinn muͤſte gewiß gar ſelten an uns kom-
men, weil wir ſo groß Werck davon machten, und
uns die Muͤhe gaͤben, ſo viel davon zu reden.

§. 41. Man beklage ſich auch nicht, wenn man
im Spielen ungluͤcklich geweſen. Der Herr Hof-
Rath Nemeitz ſagt in ſeinem Sejour de Paris p. 172.
Jſt man deswegen da, daß man dein Seufzen an-
hoͤre, oder wilſt du, daß man Part an deinem Un-
gluͤck nehme. Der ſich zum Spiel ſetzt, dem muß
es gleich viel ſeyn, er gewinne oder verliere. Das
Geld das einer dazu anwendet, muß er ſchon halb
verlohren geben, und ſo er ja etwas par hazard ge-
winnt, muß ers rechnen, als wenns ihm geſchenckt
wuͤrde. Die Intention die er hat, allemahl zu ge-
winnen, ſchlaͤgt insgemein fehl. Man nehme alles
was kommt, mit indifferenten Gemuͤth an.

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der
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[426/0446] II. Theil. VIII. Capitul. und uns mancherley widerwaͤrtige Urtheile uͤber den Hals laden. §. 40. Es iſt wider den Wohlſtand, wenn einige dem andern ungefragt erzehlen, wie ſie ſo gluͤcklich geweſen, und in dem Spiele ſo gar viel gewonnen. Erfaͤhrt es der andere wieder, oder ſeine guten Freunde bekommen Nachricht davon, daß man damit prahlet, und ſich des Gewinnes ruͤhmet, ſo vermehret man des andern Unwillen, und erweckt ſich groͤſſern Haß. Andre die wohl zu leben wiſ- ſen, verdencken es uns, daß wir ihnen Eroͤffnung von einer Sache thun, die ihnen nichts angehet, und ihnen gleichguͤltig ſeyn kan, und bilden ſich ein, der Gewinn muͤſte gewiß gar ſelten an uns kom- men, weil wir ſo groß Werck davon machten, und uns die Muͤhe gaͤben, ſo viel davon zu reden. §. 41. Man beklage ſich auch nicht, wenn man im Spielen ungluͤcklich geweſen. Der Herr Hof- Rath Nemeitz ſagt in ſeinem Sejour de Paris p. 172. Jſt man deswegen da, daß man dein Seufzen an- hoͤre, oder wilſt du, daß man Part an deinem Un- gluͤck nehme. Der ſich zum Spiel ſetzt, dem muß es gleich viel ſeyn, er gewinne oder verliere. Das Geld das einer dazu anwendet, muß er ſchon halb verlohren geben, und ſo er ja etwas par hazard ge- winnt, muß ers rechnen, als wenns ihm geſchenckt wuͤrde. Die Intention die er hat, allemahl zu ge- winnen, ſchlaͤgt insgemein fehl. Man nehme alles was kommt, mit indifferenten Gemuͤth an. §. 42. Jch werde dieſes Capitul beſchlieſſen mit der

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/446>, abgerufen am 23.11.2024.