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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. IX. Capitul.
daß ein paar solche Leute die einen Disput mitein-
ander haben, zusammen kommen, so pflegt der
Wirth bißweilen, um allen Disputen vorzukommen,
die Erklärung zu thun, daß in seinem Hause vor
dißmahl kein Rang beobachtet werden solte. Ob
und wo sich aber dergleichen Erklärung thun lasse,
ist eines ieden Nachsinnen bey besondern Fällen zu
überlassen.

§. 30. Einige haben die Gewohnheit, daß sie
den andern oder dritten Tag drauff, wenn sie ein
solennes Gast-Geboth gehabt, eine andre Gaste-
rey halten, und diejenigen, von denen sie meynen,
daß es mit ihnen so gar viel nicht zu bedeuten ha-
ben möchte, zu sich invitiren; Diese müssen meh-
rentheils die Brocken aufzehren so die erstern übrig
gelassen. Jhr Endzweck ist, daß sie aus einer be-
sondern Spahrsamkeit, mehrentheils mit einerley
Tractamenten unterschiednen Leuten, ihren Gedan-
cken nach, Höflichkeit und Gefälligkeit erzeigen
wollen. Jedoch die meisten Gäste nehmen diese
Nach-Gastereyen mehr vor eine Würckung einer
Geringachtung, die man ihnen erzeigen will, als vor
eine Höflichkeit und Liebe an, sie erkennen wohl
daß sie vielleicht vor diesesmahl nicht dazu gekom-
men wären, wann die vielen überleyen Speisen
dem Wirth nicht zur allzugrossen Last geworden.
Sie thäten besser, wenn sie diejenigen, die sie viel-
leicht mit gutem Grunde zu der erstern Gesellschafft
nicht ziehen können, zu einer andern Zeit besonders
zu sich bäthen, und ihnen dadurch mehr Liebe und

Ehre

II. Theil. IX. Capitul.
daß ein paar ſolche Leute die einen Diſput mitein-
ander haben, zuſammen kommen, ſo pflegt der
Wirth bißweilen, um allen Diſputen vorzukommen,
die Erklaͤrung zu thun, daß in ſeinem Hauſe vor
dißmahl kein Rang beobachtet werden ſolte. Ob
und wo ſich aber dergleichen Erklaͤrung thun laſſe,
iſt eines ieden Nachſinnen bey beſondern Faͤllen zu
uͤberlaſſen.

§. 30. Einige haben die Gewohnheit, daß ſie
den andern oder dritten Tag drauff, wenn ſie ein
ſolennes Gaſt-Geboth gehabt, eine andre Gaſte-
rey halten, und diejenigen, von denen ſie meynen,
daß es mit ihnen ſo gar viel nicht zu bedeuten ha-
ben moͤchte, zu ſich invitiren; Dieſe muͤſſen meh-
rentheils die Brocken aufzehren ſo die erſtern uͤbrig
gelaſſen. Jhr Endzweck iſt, daß ſie aus einer be-
ſondern Spahrſamkeit, mehrentheils mit einerley
Tractamenten unterſchiednen Leuten, ihren Gedan-
cken nach, Hoͤflichkeit und Gefaͤlligkeit erzeigen
wollen. Jedoch die meiſten Gaͤſte nehmen dieſe
Nach-Gaſtereyen mehr vor eine Wuͤrckung einer
Geringachtung, die man ihnen erzeigen will, als vor
eine Hoͤflichkeit und Liebe an, ſie erkennen wohl
daß ſie vielleicht vor dieſesmahl nicht dazu gekom-
men waͤren, wann die vielen uͤberleyen Speiſen
dem Wirth nicht zur allzugroſſen Laſt geworden.
Sie thaͤten beſſer, wenn ſie diejenigen, die ſie viel-
leicht mit gutem Grunde zu der erſtern Geſellſchafft
nicht ziehen koͤnnen, zu einer andern Zeit beſonders
zu ſich baͤthen, und ihnen dadurch mehr Liebe und

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[444/0464] II. Theil. IX. Capitul. daß ein paar ſolche Leute die einen Diſput mitein- ander haben, zuſammen kommen, ſo pflegt der Wirth bißweilen, um allen Diſputen vorzukommen, die Erklaͤrung zu thun, daß in ſeinem Hauſe vor dißmahl kein Rang beobachtet werden ſolte. Ob und wo ſich aber dergleichen Erklaͤrung thun laſſe, iſt eines ieden Nachſinnen bey beſondern Faͤllen zu uͤberlaſſen. §. 30. Einige haben die Gewohnheit, daß ſie den andern oder dritten Tag drauff, wenn ſie ein ſolennes Gaſt-Geboth gehabt, eine andre Gaſte- rey halten, und diejenigen, von denen ſie meynen, daß es mit ihnen ſo gar viel nicht zu bedeuten ha- ben moͤchte, zu ſich invitiren; Dieſe muͤſſen meh- rentheils die Brocken aufzehren ſo die erſtern uͤbrig gelaſſen. Jhr Endzweck iſt, daß ſie aus einer be- ſondern Spahrſamkeit, mehrentheils mit einerley Tractamenten unterſchiednen Leuten, ihren Gedan- cken nach, Hoͤflichkeit und Gefaͤlligkeit erzeigen wollen. Jedoch die meiſten Gaͤſte nehmen dieſe Nach-Gaſtereyen mehr vor eine Wuͤrckung einer Geringachtung, die man ihnen erzeigen will, als vor eine Hoͤflichkeit und Liebe an, ſie erkennen wohl daß ſie vielleicht vor dieſesmahl nicht dazu gekom- men waͤren, wann die vielen uͤberleyen Speiſen dem Wirth nicht zur allzugroſſen Laſt geworden. Sie thaͤten beſſer, wenn ſie diejenigen, die ſie viel- leicht mit gutem Grunde zu der erſtern Geſellſchafft nicht ziehen koͤnnen, zu einer andern Zeit beſonders zu ſich baͤthen, und ihnen dadurch mehr Liebe und Ehre

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/464>, abgerufen am 22.11.2024.