Ehre erzeigten, und die überleyen Brocken davor gantz nothdürfftigen Leuten in die Häuser schick- ten.
§. 31. Bey einem Staats-Gastgeboth hat man sich in unschuldigen und gleichgültigen Dingen, auch bey allen Kleinigkeiten, nach der Mode zu rich- ten, die zu dieser oder jener Zeit, in diesem oder jenem Orte, eingeführt, und muß man alles vermeyden was etwan vor gemein oder altväterisch angesehen werden möchte. Hieher gehört das Brechen der Servietten, da aus den gestärckten und seltzam ge- brochenen Servietten vor Zeiten mancherley Figu- ren gemacht werden, bald Schiffe, bald Thürme, bald Tauben, bald wieder etwas anders. Doch dieses ist heutiges Tages unter den Höhern grö- stentheils abgekommen, und wird vor etwas alt- fränckisches oder bürgerliches angesehen.
§. 32. Bey vielen Vornehmen ist im Gebrauch, daß entweder denen meisten Gästen, oder doch den vornehmsten, ein silbern Handfaß mit einem sau- bern Handtuch, oder ein Glaß Wasser auf einem Credenz-Teller praesentirt wird, dessen sie sich vor der Mahlzeit zum abwischen der Finger bedienen. An andern Orten hingegen ist diese Mode abkom- men. Desgleichen wird bey einigen Gesellschaff- ten, nach aufgehobener Tafel, ein Glaß mit Was- ser, Wein und Eßig herum gegeben, um den Mund damit auszuspühlen, bey andern wieder nicht.
§. 33. Bey dem Einladen der Gäste muß man auch auf ihre Bequemlichkeit im sitzen mit Acht ha-
ben,
Vom Tractiren und denen Gaſtereyen.
Ehre erzeigten, und die uͤberleyen Brocken davor gantz nothduͤrfftigen Leuten in die Haͤuſer ſchick- ten.
§. 31. Bey einem Staats-Gaſtgeboth hat man ſich in unſchuldigen und gleichguͤltigen Dingen, auch bey allen Kleinigkeiten, nach der Mode zu rich- ten, die zu dieſer oder jener Zeit, in dieſem oder jenem Orte, eingefuͤhrt, und muß man alles vermeyden was etwan vor gemein oder altvaͤteriſch angeſehen werden moͤchte. Hieher gehoͤrt das Brechen der Servietten, da aus den geſtaͤrckten und ſeltzam ge- brochenen Servietten vor Zeiten mancherley Figu- ren gemacht werden, bald Schiffe, bald Thuͤrme, bald Tauben, bald wieder etwas anders. Doch dieſes iſt heutiges Tages unter den Hoͤhern groͤ- ſtentheils abgekommen, und wird vor etwas alt- fraͤnckiſches oder buͤrgerliches angeſehen.
§. 32. Bey vielen Vornehmen iſt im Gebrauch, daß entweder denen meiſten Gaͤſten, oder doch den vornehmſten, ein ſilbern Handfaß mit einem ſau- bern Handtuch, oder ein Glaß Waſſer auf einem Credenz-Teller præſentirt wird, deſſen ſie ſich vor der Mahlzeit zum abwiſchen der Finger bedienen. An andern Orten hingegen iſt dieſe Mode abkom- men. Desgleichen wird bey einigen Geſellſchaff- ten, nach aufgehobener Tafel, ein Glaß mit Waſ- ſer, Wein und Eßig herum gegeben, um den Mund damit auszuſpuͤhlen, bey andern wieder nicht.
§. 33. Bey dem Einladen der Gaͤſte muß man auch auf ihre Bequemlichkeit im ſitzen mit Acht ha-
ben,
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Vom Tractiren und denen Gaſtereyen.
Ehre erzeigten, und die uͤberleyen Brocken davor
gantz nothduͤrfftigen Leuten in die Haͤuſer ſchick-
ten.
§. 31. Bey einem Staats-Gaſtgeboth hat man
ſich in unſchuldigen und gleichguͤltigen Dingen,
auch bey allen Kleinigkeiten, nach der Mode zu rich-
ten, die zu dieſer oder jener Zeit, in dieſem oder jenem
Orte, eingefuͤhrt, und muß man alles vermeyden
was etwan vor gemein oder altvaͤteriſch angeſehen
werden moͤchte. Hieher gehoͤrt das Brechen der
Servietten, da aus den geſtaͤrckten und ſeltzam ge-
brochenen Servietten vor Zeiten mancherley Figu-
ren gemacht werden, bald Schiffe, bald Thuͤrme,
bald Tauben, bald wieder etwas anders. Doch
dieſes iſt heutiges Tages unter den Hoͤhern groͤ-
ſtentheils abgekommen, und wird vor etwas alt-
fraͤnckiſches oder buͤrgerliches angeſehen.
§. 32. Bey vielen Vornehmen iſt im Gebrauch,
daß entweder denen meiſten Gaͤſten, oder doch den
vornehmſten, ein ſilbern Handfaß mit einem ſau-
bern Handtuch, oder ein Glaß Waſſer auf einem
Credenz-Teller præſentirt wird, deſſen ſie ſich vor
der Mahlzeit zum abwiſchen der Finger bedienen.
An andern Orten hingegen iſt dieſe Mode abkom-
men. Desgleichen wird bey einigen Geſellſchaff-
ten, nach aufgehobener Tafel, ein Glaß mit Waſ-
ſer, Wein und Eßig herum gegeben, um den Mund
damit auszuſpuͤhlen, bey andern wieder nicht.
§. 33. Bey dem Einladen der Gaͤſte muß man
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/465>, abgerufen am 22.11.2024.
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