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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. X. Capitul.
sey nun wegen seiner Ungeschicklichkeit oder wegen
eines Fehlers des Leibes, lächerlich machte, um an-
dern Leuten dantzen solte, die sich über ihn aufhal-
ten würden, eine Freude zu machen, so hat er wohl
sehr unrecht. Die Tugend der Gefälligkeit, wie
auch des Gehorsams gegen seine Herrschafften,
Patrone, Vorgefetzten, und wie sie weiter heissen
mögen, hat ihre Grentzen. Sie muß sich nicht
biß auf unmögliche Dinge erstrecken. Dieses ist
aber einem vernünfftigen Menschen unmöglich, daß
er sich, um andern Leuten eine Freude zu machen,
soll verspotten, oder auf gut Teutsch, zum Narren
haben lässen.

§. 15. Bey dem Dantzen hat man ebenfalls
seine Jahre in Betrachtung zu ziehen; es düncket
mir, daß es vor diejenigen, die den einen Fuß be-
reits im Grabe haben, und sich dennoch auf dem
Dantz-Platz sehen lassen, keine feine äusserliche
Zucht sey; nicht weniger muß man auch hierbey
auf sein Amt und seinen Character sehen. Hoch-
characterisirte Männer, oder die in geistlichen
Aemtern stehen, solten das Dantzen lieber andern
überlassen, iedoch können bißweilen die Befehle der
Herrschafften an Höfen, oder gewisse Solennitae-
ten, die sie zu Ehren ihrer Familie anstellen, oder
auch andre Umstände, ihr Dantzen privilegirter
machen.

§. 16. Der nun aus besondern Ursachen sich
fest entschlossen des Dantzens zu enthalten, thut
zwar am besten, wenn er den Gelegenheiten zum

Dantzen

II. Theil. X. Capitul.
ſey nun wegen ſeiner Ungeſchicklichkeit oder wegen
eines Fehlers des Leibes, laͤcherlich machte, um an-
dern Leuten dantzen ſolte, die ſich uͤber ihn aufhal-
ten wuͤrden, eine Freude zu machen, ſo hat er wohl
ſehr unrecht. Die Tugend der Gefaͤlligkeit, wie
auch des Gehorſams gegen ſeine Herrſchafften,
Patrone, Vorgefetzten, und wie ſie weiter heiſſen
moͤgen, hat ihre Grentzen. Sie muß ſich nicht
biß auf unmoͤgliche Dinge erſtrecken. Dieſes iſt
aber einem vernuͤnfftigen Menſchen unmoͤglich, daß
er ſich, um andern Leuten eine Freude zu machen,
ſoll verſpotten, oder auf gut Teutſch, zum Narren
haben laͤſſen.

§. 15. Bey dem Dantzen hat man ebenfalls
ſeine Jahre in Betrachtung zu ziehen; es duͤncket
mir, daß es vor diejenigen, die den einen Fuß be-
reits im Grabe haben, und ſich dennoch auf dem
Dantz-Platz ſehen laſſen, keine feine aͤuſſerliche
Zucht ſey; nicht weniger muß man auch hierbey
auf ſein Amt und ſeinen Character ſehen. Hoch-
characteriſirte Maͤnner, oder die in geiſtlichen
Aemtern ſtehen, ſolten das Dantzen lieber andern
uͤberlaſſen, iedoch koͤnnen bißweilen die Befehle der
Herrſchafften an Hoͤfen, oder gewiſſe Solennitæ-
ten, die ſie zu Ehren ihrer Familie anſtellen, oder
auch andre Umſtaͤnde, ihr Dantzen privilegirter
machen.

§. 16. Der nun aus beſondern Urſachen ſich
feſt entſchloſſen des Dantzens zu enthalten, thut
zwar am beſten, wenn er den Gelegenheiten zum

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[480/0500] II. Theil. X. Capitul. ſey nun wegen ſeiner Ungeſchicklichkeit oder wegen eines Fehlers des Leibes, laͤcherlich machte, um an- dern Leuten dantzen ſolte, die ſich uͤber ihn aufhal- ten wuͤrden, eine Freude zu machen, ſo hat er wohl ſehr unrecht. Die Tugend der Gefaͤlligkeit, wie auch des Gehorſams gegen ſeine Herrſchafften, Patrone, Vorgefetzten, und wie ſie weiter heiſſen moͤgen, hat ihre Grentzen. Sie muß ſich nicht biß auf unmoͤgliche Dinge erſtrecken. Dieſes iſt aber einem vernuͤnfftigen Menſchen unmoͤglich, daß er ſich, um andern Leuten eine Freude zu machen, ſoll verſpotten, oder auf gut Teutſch, zum Narren haben laͤſſen. §. 15. Bey dem Dantzen hat man ebenfalls ſeine Jahre in Betrachtung zu ziehen; es duͤncket mir, daß es vor diejenigen, die den einen Fuß be- reits im Grabe haben, und ſich dennoch auf dem Dantz-Platz ſehen laſſen, keine feine aͤuſſerliche Zucht ſey; nicht weniger muß man auch hierbey auf ſein Amt und ſeinen Character ſehen. Hoch- characteriſirte Maͤnner, oder die in geiſtlichen Aemtern ſtehen, ſolten das Dantzen lieber andern uͤberlaſſen, iedoch koͤnnen bißweilen die Befehle der Herrſchafften an Hoͤfen, oder gewiſſe Solennitæ- ten, die ſie zu Ehren ihrer Familie anſtellen, oder auch andre Umſtaͤnde, ihr Dantzen privilegirter machen. §. 16. Der nun aus beſondern Urſachen ſich feſt entſchloſſen des Dantzens zu enthalten, thut zwar am beſten, wenn er den Gelegenheiten zum Dantzen

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/500>, abgerufen am 22.11.2024.