Dantzen aus dem Wege gehet, weil aber dieses nicht allezeit möglich, und einer bißweilen unver- muthet in solche Gesellschafften gerathen kan, die nach vollbrachter Mahlzeit das Dantzen belieben, so muß man fest auf seinem Vorsatz bleiben, denn sonst wird es nicht an Leuten fehlen, die aus leicht- fertigen und hönischen Absichten einen um ihres Vergnügens willen mit der grösten Beredtsamkeit zu dem Dantzen werden überreden wollen, und wenn sie einmahl wissen daß sie einen hiedurch ge- winnen können, werden sie sich dieser Methode mehrmahls bedienen.
§. 17. Will man dantzen, und man besitzet dar- innen eine mediocre Geschicklichkeit, so thut man ebenfalls wohl, daß man durch Vorschützung sei- ner Ungeschicklichkeit im Dantzen die Gesellschafft vorher ersucht, daß sie uns davon dispensiren möch- ten. Hat man sich dieserwegen entschuldiget, so wird die Gesellschafft nachgehends desto weniger von uns erfordern dürffen. Jst man aber ver- sichert, daß man im Dantzen gar viele andre Ge- sellschafft übertreffen möchte, so muß man nicht von seiner Ungeschicklichkeit, wie einige zu thun pflegen, weder vor dem Dantz, noch nach Endigung dessel- ben, so gar viel und offt Erwehnung thun, denn es gewinnet das Ansehen, als ob man denen an- dern Mitdäntzern ihre Ungeschicklichkeit wolte vor- werffen, und desto begieriger sey, bey den andern hiedurch groß Lob davon zu tragen.
§. 18. Ob zwar wohl eine jede Nation ihre be-
sondern
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Vom Dantzen und Baͤllen.
Dantzen aus dem Wege gehet, weil aber dieſes nicht allezeit moͤglich, und einer bißweilen unver- muthet in ſolche Geſellſchafften gerathen kan, die nach vollbrachter Mahlzeit das Dantzen belieben, ſo muß man feſt auf ſeinem Vorſatz bleiben, denn ſonſt wird es nicht an Leuten fehlen, die aus leicht- fertigen und hoͤniſchen Abſichten einen um ihres Vergnuͤgens willen mit der groͤſten Beredtſamkeit zu dem Dantzen werden uͤberreden wollen, und wenn ſie einmahl wiſſen daß ſie einen hiedurch ge- winnen koͤnnen, werden ſie ſich dieſer Methode mehrmahls bedienen.
§. 17. Will man dantzen, und man beſitzet dar- innen eine mediocre Geſchicklichkeit, ſo thut man ebenfalls wohl, daß man durch Vorſchuͤtzung ſei- ner Ungeſchicklichkeit im Dantzen die Geſellſchafft vorher erſucht, daß ſie uns davon diſpenſiren moͤch- ten. Hat man ſich dieſerwegen entſchuldiget, ſo wird die Geſellſchafft nachgehends deſto weniger von uns erfordern duͤrffen. Jſt man aber ver- ſichert, daß man im Dantzen gar viele andre Ge- ſellſchafft uͤbertreffen moͤchte, ſo muß man nicht von ſeiner Ungeſchicklichkeit, wie einige zu thun pflegen, weder vor dem Dantz, noch nach Endigung deſſel- ben, ſo gar viel und offt Erwehnung thun, denn es gewinnet das Anſehen, als ob man denen an- dern Mitdaͤntzern ihre Ungeſchicklichkeit wolte vor- werffen, und deſto begieriger ſey, bey den andern hiedurch groß Lob davon zu tragen.
§. 18. Ob zwar wohl eine jede Nation ihre be-
ſondern
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Vom Dantzen und Baͤllen.
Dantzen aus dem Wege gehet, weil aber dieſes
nicht allezeit moͤglich, und einer bißweilen unver-
muthet in ſolche Geſellſchafften gerathen kan, die
nach vollbrachter Mahlzeit das Dantzen belieben,
ſo muß man feſt auf ſeinem Vorſatz bleiben, denn
ſonſt wird es nicht an Leuten fehlen, die aus leicht-
fertigen und hoͤniſchen Abſichten einen um ihres
Vergnuͤgens willen mit der groͤſten Beredtſamkeit
zu dem Dantzen werden uͤberreden wollen, und
wenn ſie einmahl wiſſen daß ſie einen hiedurch ge-
winnen koͤnnen, werden ſie ſich dieſer Methode
mehrmahls bedienen.
§. 17. Will man dantzen, und man beſitzet dar-
innen eine mediocre Geſchicklichkeit, ſo thut man
ebenfalls wohl, daß man durch Vorſchuͤtzung ſei-
ner Ungeſchicklichkeit im Dantzen die Geſellſchafft
vorher erſucht, daß ſie uns davon diſpenſiren moͤch-
ten. Hat man ſich dieſerwegen entſchuldiget, ſo
wird die Geſellſchafft nachgehends deſto weniger
von uns erfordern duͤrffen. Jſt man aber ver-
ſichert, daß man im Dantzen gar viele andre Ge-
ſellſchafft uͤbertreffen moͤchte, ſo muß man nicht von
ſeiner Ungeſchicklichkeit, wie einige zu thun pflegen,
weder vor dem Dantz, noch nach Endigung deſſel-
ben, ſo gar viel und offt Erwehnung thun, denn
es gewinnet das Anſehen, als ob man denen an-
dern Mitdaͤntzern ihre Ungeſchicklichkeit wolte vor-
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hiedurch groß Lob davon zu tragen.
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/501>, abgerufen am 21.11.2024.
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