hat sich derselben also zu bedienen, daß sie ihm nicht zu einem Strick werden, und ihm zu dem Ende die- nen, deßwegen sie vorgenommen werden, auf daß er dermahleinst, wenn ihm GOtt zur Rechenschafft fordert, ihm so wohl Rechnung von seinen Belusti- gungen, als von seinen andern nothwendigen Pflicht-Schuldigkeiten, von seinem Stand u. Amts- Verrichtungen geben könne. Nehmen alle die- jenigen, die entweder zur Gemüths-Erquickung sich divertiren, oder eines unvermeidlichen Wohlstan- des wegen denen Divertissemens mit beywohnen, dieses in Obacht, so werden sie sich hiedurch nicht versündigen.
§. 4. Die Besuchung der Opern und Comoe- dien ist eines mit von den gewöhnlichsten Divertis- semens in grossen Städten; Einige thun denselben allzuviel Ehre an, und meynen, man könte sie um deswillen mit guten Nutzen besuchen, weil sie gar viel beytrügen zur Verbesserung der Sitten. Doch die wenigsten gehen deswegen in die Comoedien und Opern, daß sie wollen darinn in Tugenden zu- nehmen, ich habe auch in meiner erleichterten und zum Gebrauch des menschlichen Lebens eingerich- teten Tugend-Lehre gezeiget, daß Arlequin ein gar schlechter Tugend-Prediger sey. Der Autor der Pflicht und Schuldigkeit, welche man in seinem Hauß-Wesen in acht zu nehmen hat, bekennet mit Wahrheit p. 245. daß uns GOtt mit dergleichen Verbesserung nicht an die Narren und Pickelhe- ringe verwiesen, und würde man wenig Exempel
anfüh-
Von Divertiſſemens, Comœdien, Opern, ꝛc.
hat ſich derſelben alſo zu bedienen, daß ſie ihm nicht zu einem Strick werden, und ihm zu dem Ende die- nen, deßwegen ſie vorgenommen werden, auf daß er dermahleinſt, wenn ihm GOtt zur Rechenſchafft fordert, ihm ſo wohl Rechnung von ſeinen Beluſti- gungen, als von ſeinen andern nothwendigen Pflicht-Schuldigkeiten, von ſeinem Stand u. Amts- Verrichtungen geben koͤnne. Nehmen alle die- jenigen, die entweder zur Gemuͤths-Erquickung ſich divertiren, oder eines unvermeidlichen Wohlſtan- des wegen denen Divertiſſemens mit beywohnen, dieſes in Obacht, ſo werden ſie ſich hiedurch nicht verſuͤndigen.
§. 4. Die Beſuchung der Opern und Comœ- dien iſt eines mit von den gewoͤhnlichſten Divertiſ- ſemens in groſſen Staͤdten; Einige thun denſelben allzuviel Ehre an, und meynen, man koͤnte ſie um deswillen mit guten Nutzen beſuchen, weil ſie gar viel beytruͤgen zur Verbeſſerung der Sitten. Doch die wenigſten gehen deswegen in die Comœdien und Opern, daß ſie wollen darinn in Tugenden zu- nehmen, ich habe auch in meiner erleichterten und zum Gebrauch des menſchlichen Lebens eingerich- teten Tugend-Lehre gezeiget, daß Arlequin ein gar ſchlechter Tugend-Prediger ſey. Der Autor der Pflicht und Schuldigkeit, welche man in ſeinem Hauß-Weſen in acht zu nehmen hat, bekennet mit Wahrheit p. 245. daß uns GOtt mit dergleichen Verbeſſerung nicht an die Narren und Pickelhe- ringe verwieſen, und wuͤrde man wenig Exempel
anfuͤh-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0515"n="495"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von <hirendition="#aq">Divertiſſemens, Comœdi</hi>en, <hirendition="#aq">Opern,</hi>ꝛc.</hi></fw><lb/>
hat ſich derſelben alſo zu bedienen, daß ſie ihm nicht<lb/>
zu einem Strick werden, und ihm zu dem Ende die-<lb/>
nen, deßwegen ſie vorgenommen werden, auf daß<lb/>
er dermahleinſt, wenn ihm GOtt zur Rechenſchafft<lb/>
fordert, ihm ſo wohl Rechnung von ſeinen Beluſti-<lb/>
gungen, als von ſeinen andern nothwendigen<lb/>
Pflicht-Schuldigkeiten, von ſeinem Stand u. Amts-<lb/>
Verrichtungen geben koͤnne. Nehmen alle die-<lb/>
jenigen, die entweder zur Gemuͤths-Erquickung ſich<lb/><hirendition="#aq">diverti</hi>ren, oder eines unvermeidlichen Wohlſtan-<lb/>
des wegen denen <hirendition="#aq">Divertiſſemens</hi> mit beywohnen,<lb/>
dieſes in Obacht, ſo werden ſie ſich hiedurch nicht<lb/>
verſuͤndigen.</p><lb/><p>§. 4. Die Beſuchung der <hirendition="#aq">Opern</hi> und <hirendition="#aq">Comœ-<lb/>
di</hi>en iſt eines mit von den gewoͤhnlichſten <hirendition="#aq">Divertiſ-<lb/>ſemens</hi> in groſſen Staͤdten; Einige thun denſelben<lb/>
allzuviel Ehre an, und meynen, man koͤnte ſie um<lb/>
deswillen mit guten Nutzen beſuchen, weil ſie gar<lb/>
viel beytruͤgen zur Verbeſſerung der Sitten. Doch<lb/>
die wenigſten gehen deswegen in die <hirendition="#aq">Comœdi</hi>en<lb/>
und <hirendition="#aq">Opern,</hi> daß ſie wollen darinn in Tugenden zu-<lb/>
nehmen, ich habe auch in meiner erleichterten und<lb/>
zum Gebrauch des menſchlichen Lebens eingerich-<lb/>
teten Tugend-Lehre gezeiget, daß <hirendition="#aq">Arlequin</hi> ein gar<lb/>ſchlechter Tugend-Prediger ſey. Der <hirendition="#aq">Autor</hi> der<lb/>
Pflicht und Schuldigkeit, welche man in ſeinem<lb/>
Hauß-Weſen in acht zu nehmen hat, bekennet mit<lb/>
Wahrheit <hirendition="#aq">p.</hi> 245. daß uns GOtt mit dergleichen<lb/>
Verbeſſerung nicht an die Narren und Pickelhe-<lb/>
ringe verwieſen, und wuͤrde man wenig <hirendition="#aq">Exempel</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">anfuͤh-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[495/0515]
Von Divertiſſemens, Comœdien, Opern, ꝛc.
hat ſich derſelben alſo zu bedienen, daß ſie ihm nicht
zu einem Strick werden, und ihm zu dem Ende die-
nen, deßwegen ſie vorgenommen werden, auf daß
er dermahleinſt, wenn ihm GOtt zur Rechenſchafft
fordert, ihm ſo wohl Rechnung von ſeinen Beluſti-
gungen, als von ſeinen andern nothwendigen
Pflicht-Schuldigkeiten, von ſeinem Stand u. Amts-
Verrichtungen geben koͤnne. Nehmen alle die-
jenigen, die entweder zur Gemuͤths-Erquickung ſich
divertiren, oder eines unvermeidlichen Wohlſtan-
des wegen denen Divertiſſemens mit beywohnen,
dieſes in Obacht, ſo werden ſie ſich hiedurch nicht
verſuͤndigen.
§. 4. Die Beſuchung der Opern und Comœ-
dien iſt eines mit von den gewoͤhnlichſten Divertiſ-
ſemens in groſſen Staͤdten; Einige thun denſelben
allzuviel Ehre an, und meynen, man koͤnte ſie um
deswillen mit guten Nutzen beſuchen, weil ſie gar
viel beytruͤgen zur Verbeſſerung der Sitten. Doch
die wenigſten gehen deswegen in die Comœdien
und Opern, daß ſie wollen darinn in Tugenden zu-
nehmen, ich habe auch in meiner erleichterten und
zum Gebrauch des menſchlichen Lebens eingerich-
teten Tugend-Lehre gezeiget, daß Arlequin ein gar
ſchlechter Tugend-Prediger ſey. Der Autor der
Pflicht und Schuldigkeit, welche man in ſeinem
Hauß-Weſen in acht zu nehmen hat, bekennet mit
Wahrheit p. 245. daß uns GOtt mit dergleichen
Verbeſſerung nicht an die Narren und Pickelhe-
ringe verwieſen, und wuͤrde man wenig Exempel
anfuͤh-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/515>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.