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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Wohnung, von Zimmern etc.
Zimmer haben, die gnädige Frau desgleichen, vor
so viel besondre Gäste wurden ebenfalls besondre
Zimmer angelegt; Hiezu kamen noch die Vor-
Gemächer oder Anti-Chambres, und also musten
die Zimmer noch compendieuser gefast werden,
damit ihrer viel wurden. Die Treppen wurden
sehr verbessert, sie bekamen einen sehr grossen
Raum, sie wurden mit Ruhe-Plätzen versehen.
Die Fenster machte man sehr hoch, die runden oder
eckigten Glaß-Scheiben waren nicht mehr gut ge-
nug, sondern man fieng an gantze Tafeln vom Glaß
zu nehmen. Die Thüren wurden mit gebroche-
nen Flügeln gemacht, und sehr hoch, damit sie mit
der Höhe der Zimmer und Fenster in gleicher Sym-
metrie
stehen möchten. Die ordinairen Fuß-
Böden waren nicht mehr gut genug, sondern sie
wurden mit mancherley raren und colerirten Holtze
nach besondern mathematischen oder andern Figu-
ren künstlich ausgelegt, die höltzernen Decken
wurden abgeschafft, und an deren Statt kamen die
Gips-Decken auf, die man entweder weiß liesse
oder deren Felder man noch dazu mit Gemählden
auszierte. So ist nun in den ietzigen Zeiten, wie
aus folgenden mit mehrern erhellen wird, der
Pracht im Bauen so hoch gestiegen, als er nur im-
mer mehr steigen kan.

§. 6. Die Zimmer werden in grossen und vor-
nehmen Häusern a plein pied hintereinander an-
gelegt, damit man aus einem in das andre gehen
könne, und diejenigen die viel Gesellschafften zu

unter-
K k 5

Von der Wohnung, von Zimmern ꝛc.
Zimmer haben, die gnaͤdige Frau desgleichen, vor
ſo viel beſondre Gaͤſte wurden ebenfalls beſondre
Zimmer angelegt; Hiezu kamen noch die Vor-
Gemaͤcher oder Anti-Chambres, und alſo muſten
die Zimmer noch compendieuſer gefaſt werden,
damit ihrer viel wurden. Die Treppen wurden
ſehr verbeſſert, ſie bekamen einen ſehr groſſen
Raum, ſie wurden mit Ruhe-Plaͤtzen verſehen.
Die Fenſter machte man ſehr hoch, die runden oder
eckigten Glaß-Scheiben waren nicht mehr gut ge-
nug, ſondern man fieng an gantze Tafeln vom Glaß
zu nehmen. Die Thuͤren wurden mit gebroche-
nen Fluͤgeln gemacht, und ſehr hoch, damit ſie mit
der Hoͤhe der Zimmer und Fenſter in gleicher Sym-
metrie
ſtehen moͤchten. Die ordinairen Fuß-
Boͤden waren nicht mehr gut genug, ſondern ſie
wurden mit mancherley raren und colerirten Holtze
nach beſondern mathematiſchen oder andern Figu-
ren kuͤnſtlich ausgelegt, die hoͤltzernen Decken
wurden abgeſchafft, und an deren Statt kamen die
Gips-Decken auf, die man entweder weiß lieſſe
oder deren Felder man noch dazu mit Gemaͤhlden
auszierte. So iſt nun in den ietzigen Zeiten, wie
aus folgenden mit mehrern erhellen wird, der
Pracht im Bauen ſo hoch geſtiegen, als er nur im-
mer mehr ſteigen kan.

§. 6. Die Zimmer werden in groſſen und vor-
nehmen Haͤuſern a plein pied hintereinander an-
gelegt, damit man aus einem in das andre gehen
koͤnne, und diejenigen die viel Geſellſchafften zu

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[521/0541] Von der Wohnung, von Zimmern ꝛc. Zimmer haben, die gnaͤdige Frau desgleichen, vor ſo viel beſondre Gaͤſte wurden ebenfalls beſondre Zimmer angelegt; Hiezu kamen noch die Vor- Gemaͤcher oder Anti-Chambres, und alſo muſten die Zimmer noch compendieuſer gefaſt werden, damit ihrer viel wurden. Die Treppen wurden ſehr verbeſſert, ſie bekamen einen ſehr groſſen Raum, ſie wurden mit Ruhe-Plaͤtzen verſehen. Die Fenſter machte man ſehr hoch, die runden oder eckigten Glaß-Scheiben waren nicht mehr gut ge- nug, ſondern man fieng an gantze Tafeln vom Glaß zu nehmen. Die Thuͤren wurden mit gebroche- nen Fluͤgeln gemacht, und ſehr hoch, damit ſie mit der Hoͤhe der Zimmer und Fenſter in gleicher Sym- metrie ſtehen moͤchten. Die ordinairen Fuß- Boͤden waren nicht mehr gut genug, ſondern ſie wurden mit mancherley raren und colerirten Holtze nach beſondern mathematiſchen oder andern Figu- ren kuͤnſtlich ausgelegt, die hoͤltzernen Decken wurden abgeſchafft, und an deren Statt kamen die Gips-Decken auf, die man entweder weiß lieſſe oder deren Felder man noch dazu mit Gemaͤhlden auszierte. So iſt nun in den ietzigen Zeiten, wie aus folgenden mit mehrern erhellen wird, der Pracht im Bauen ſo hoch geſtiegen, als er nur im- mer mehr ſteigen kan. §. 6. Die Zimmer werden in groſſen und vor- nehmen Haͤuſern a plein pied hintereinander an- gelegt, damit man aus einem in das andre gehen koͤnne, und diejenigen die viel Geſellſchafften zu unter- K k 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/541>, abgerufen am 22.11.2024.