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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Kleidung.
weder gleich, oder noch wohl zuvor thun, er weiß,
daß solche thörichte Leute bißweilen eher des Mit-
leidens, als des Neides würdig sind, und daß sie
durch ihre Thorheit schon sattsam bestrafft wer-
den, da sie sich ohne Noth in Schaden stecken, da
Höhere ihrer spotten, ihres gleichen aber sie öffters
dieserwegen verachten. Wollen sie vor ihnen ei-
nen Vorzug haben, so bemühen sie sich davor, die-
selben an Klugheit und Tugend zu übertreffen, so
wissen sie, daß andere es ihnen nicht so leicht wer-
den nachthun.

§. 11. Lächerlich ists, wenn einige mit prächti-
gen Kleidern prahlen wollen, die doch nicht das
Geld dazu haben, und stets daher, damit ihnen an
ihrem Staat nichts abgehen möge, gefallen lassen,
auf dem Trödel alte abgetragene oder doch sonst be-
kandte Kleider zu tragen. Die Ehre, die sie sich durch
propre Kleider auf der einen Seite wollen zu we-
ge bringen, fällt auf der andern wieder über den
Hauffen, wenn sie von denen, welchen diese Klei-
dung bekandt ist, dieserwegen verspottet werden.
Sie hätten mehr Ehre davon, wenn sie schlechte
und davor neue Kleider trügen, oder so sie sich ja der
bereits getragenen bedienen wolten, dieselben an
fremden Oertern aufkaufften.

§. 12. Die Reinlichkeit und Ordnung in der
Kleidung, daß man in gantzer, unbefleckter und
wohl faconirter Kleidung erscheine, und alle Arten
der Kleidung feste geknüpfft, gebunden, angestreckt,
und sonst so angelegt seyn, wie es sich gehört, über-

trifft
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Von der Kleidung.
weder gleich, oder noch wohl zuvor thun, er weiß,
daß ſolche thoͤrichte Leute bißweilen eher des Mit-
leidens, als des Neides wuͤrdig ſind, und daß ſie
durch ihre Thorheit ſchon ſattſam beſtrafft wer-
den, da ſie ſich ohne Noth in Schaden ſtecken, da
Hoͤhere ihrer ſpotten, ihres gleichen aber ſie oͤffters
dieſerwegen verachten. Wollen ſie vor ihnen ei-
nen Vorzug haben, ſo bemuͤhen ſie ſich davor, die-
ſelben an Klugheit und Tugend zu uͤbertreffen, ſo
wiſſen ſie, daß andere es ihnen nicht ſo leicht wer-
den nachthun.

§. 11. Laͤcherlich iſts, wenn einige mit praͤchti-
gen Kleidern prahlen wollen, die doch nicht das
Geld dazu haben, und ſtets daher, damit ihnen an
ihrem Staat nichts abgehen moͤge, gefallen laſſen,
auf dem Troͤdel alte abgetragene oder doch ſonſt be-
kandte Kleider zu tragen. Die Ehre, die ſie ſich durch
propre Kleider auf der einen Seite wollen zu we-
ge bringen, faͤllt auf der andern wieder uͤber den
Hauffen, wenn ſie von denen, welchen dieſe Klei-
dung bekandt iſt, dieſerwegen verſpottet werden.
Sie haͤtten mehr Ehre davon, wenn ſie ſchlechte
und davor neue Kleider truͤgen, oder ſo ſie ſich ja der
bereits getragenen bedienen wolten, dieſelben an
fremden Oertern aufkaufften.

§. 12. Die Reinlichkeit und Ordnung in der
Kleidung, daß man in gantzer, unbefleckter und
wohl façonirter Kleidung erſcheine, und alle Arten
der Kleidung feſte geknuͤpfft, gebunden, angeſtreckt,
und ſonſt ſo angelegt ſeyn, wie es ſich gehoͤrt, uͤber-

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[551/0571] Von der Kleidung. weder gleich, oder noch wohl zuvor thun, er weiß, daß ſolche thoͤrichte Leute bißweilen eher des Mit- leidens, als des Neides wuͤrdig ſind, und daß ſie durch ihre Thorheit ſchon ſattſam beſtrafft wer- den, da ſie ſich ohne Noth in Schaden ſtecken, da Hoͤhere ihrer ſpotten, ihres gleichen aber ſie oͤffters dieſerwegen verachten. Wollen ſie vor ihnen ei- nen Vorzug haben, ſo bemuͤhen ſie ſich davor, die- ſelben an Klugheit und Tugend zu uͤbertreffen, ſo wiſſen ſie, daß andere es ihnen nicht ſo leicht wer- den nachthun. §. 11. Laͤcherlich iſts, wenn einige mit praͤchti- gen Kleidern prahlen wollen, die doch nicht das Geld dazu haben, und ſtets daher, damit ihnen an ihrem Staat nichts abgehen moͤge, gefallen laſſen, auf dem Troͤdel alte abgetragene oder doch ſonſt be- kandte Kleider zu tragen. Die Ehre, die ſie ſich durch propre Kleider auf der einen Seite wollen zu we- ge bringen, faͤllt auf der andern wieder uͤber den Hauffen, wenn ſie von denen, welchen dieſe Klei- dung bekandt iſt, dieſerwegen verſpottet werden. Sie haͤtten mehr Ehre davon, wenn ſie ſchlechte und davor neue Kleider truͤgen, oder ſo ſie ſich ja der bereits getragenen bedienen wolten, dieſelben an fremden Oertern aufkaufften. §. 12. Die Reinlichkeit und Ordnung in der Kleidung, daß man in gantzer, unbefleckter und wohl façonirter Kleidung erſcheine, und alle Arten der Kleidung feſte geknuͤpfft, gebunden, angeſtreckt, und ſonſt ſo angelegt ſeyn, wie es ſich gehoͤrt, uͤber- trifft M m 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 551. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/571>, abgerufen am 21.11.2024.