ten haben, und ihrer Verrichtungen wegen rein- lich und ordentlich einhergehen könten, so ist es noch desto schändlicher.
§. 14. Der Nacht- und Schlaf-Habit muß ebenfalls reinlich seyn, so wohl vor Manns-Perso- nen, als auch vor das Frauenzimmer, weil man nicht weiß, was sich des Nachts etwan bey diesem oder jenem plötzlich einbrechenden Unglück vor Vorfallenheiten ereignen, da man aus dem Bette heraus muß und sich andern Leuten zeigen. Nicht weniger muß der Reise-Habit so beschaffen seyn, daß man nicht Schande davon habe, und seinen Reise-Cameraden etwan zum Schimpff gekleidet sey. Doch ist dieses billich vor einen Uberfluß und vor eine Verschwendung zu achten, wenn ei- nige auf der Reise so kostbahre Kleidung anlegen, daß die grösten Standes-Personen sich derselben nicht schämen dürfften.
§. 15. Die Pedanterey in der Kleidung, oder eine gewisse, theils malpropre, theils wunderseltza- me und unordentliche Art, sich zu kleiden, ist ein Laster, welches manchem von den Herrn Gelehrten anklebt. Jedoch ist es in den vorigen Zeiten noch viel gewöhnlicher gewesen. Jn dem XXIV. Stück des erleuterten Preussens findet man p. 567 eine curieuse Observation über den seltzamen Habit des berühmten Theologi D. Osianders: Nach- dem die heutige Welt in allen Stücken viel poli- ter ist als die vorige, so haben auch unsere Gelehr- ten ziemlich angefangen, sich in ihrer Kleidung
propre
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Von der Kleidung.
ten haben, und ihrer Verrichtungen wegen rein- lich und ordentlich einhergehen koͤnten, ſo iſt es noch deſto ſchaͤndlicher.
§. 14. Der Nacht- und Schlaf-Habit muß ebenfalls reinlich ſeyn, ſo wohl vor Manns-Perſo- nen, als auch vor das Frauenzimmer, weil man nicht weiß, was ſich des Nachts etwan bey dieſem oder jenem ploͤtzlich einbrechenden Ungluͤck vor Vorfallenheiten ereignen, da man aus dem Bette heraus muß und ſich andern Leuten zeigen. Nicht weniger muß der Reiſe-Habit ſo beſchaffen ſeyn, daß man nicht Schande davon habe, und ſeinen Reiſe-Cameraden etwan zum Schimpff gekleidet ſey. Doch iſt dieſes billich vor einen Uberfluß und vor eine Verſchwendung zu achten, wenn ei- nige auf der Reiſe ſo koſtbahre Kleidung anlegen, daß die groͤſten Standes-Perſonen ſich derſelben nicht ſchaͤmen duͤrfften.
§. 15. Die Pedanterey in der Kleidung, oder eine gewiſſe, theils malpropre, theils wunderſeltza- me und unordentliche Art, ſich zu kleiden, iſt ein Laſter, welches manchem von den Herrn Gelehrten anklebt. Jedoch iſt es in den vorigen Zeiten noch viel gewoͤhnlicher geweſen. Jn dem XXIV. Stuͤck des erleuterten Preuſſens findet man p. 567 eine curieuſe Obſervation uͤber den ſeltzamen Habit des beruͤhmten Theologi D. Oſianders: Nach- dem die heutige Welt in allen Stuͤcken viel poli- ter iſt als die vorige, ſo haben auch unſere Gelehr- ten ziemlich angefangen, ſich in ihrer Kleidung
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Von der Kleidung.
ten haben, und ihrer Verrichtungen wegen rein-
lich und ordentlich einhergehen koͤnten, ſo iſt es
noch deſto ſchaͤndlicher.
§. 14. Der Nacht- und Schlaf-Habit muß
ebenfalls reinlich ſeyn, ſo wohl vor Manns-Perſo-
nen, als auch vor das Frauenzimmer, weil man
nicht weiß, was ſich des Nachts etwan bey dieſem
oder jenem ploͤtzlich einbrechenden Ungluͤck vor
Vorfallenheiten ereignen, da man aus dem Bette
heraus muß und ſich andern Leuten zeigen. Nicht
weniger muß der Reiſe-Habit ſo beſchaffen ſeyn,
daß man nicht Schande davon habe, und ſeinen
Reiſe-Cameraden etwan zum Schimpff gekleidet
ſey. Doch iſt dieſes billich vor einen Uberfluß
und vor eine Verſchwendung zu achten, wenn ei-
nige auf der Reiſe ſo koſtbahre Kleidung anlegen,
daß die groͤſten Standes-Perſonen ſich derſelben
nicht ſchaͤmen duͤrfften.
§. 15. Die Pedanterey in der Kleidung, oder
eine gewiſſe, theils malpropre, theils wunderſeltza-
me und unordentliche Art, ſich zu kleiden, iſt ein
Laſter, welches manchem von den Herrn Gelehrten
anklebt. Jedoch iſt es in den vorigen Zeiten noch
viel gewoͤhnlicher geweſen. Jn dem XXIV. Stuͤck
des erleuterten Preuſſens findet man p. 567 eine
curieuſe Obſervation uͤber den ſeltzamen Habit
des beruͤhmten Theologi D. Oſianders: Nach-
dem die heutige Welt in allen Stuͤcken viel poli-
ter iſt als die vorige, ſo haben auch unſere Gelehr-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/573>, abgerufen am 21.11.2024.
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