wird hiermit freylich nicht auskommen. Da müs- sen bey alltäglichen Kleidern stets Veränderungen seyn, die Gala-Kleider müssen bey den öfftern Hof- Solennitaeten und dabey vorfallenden Lustbarkei- ten auf eine vielfache Weise abgewechselt werden, es müssen andere Kleider seyn, wenn sich die Herr- schafft auf die Jagt begiebt, wieder andere, wenn sie auf die Parforce-Jagt gehet, und wer wolte doch alle die Fälle, bey welchen an einigen Oertern der Mode nach, die Kleider müssen verändert werden, anführen.
§. 18. Einige, die es doch ihren Umständen nach, nicht nöthig hätten, gehen bey dieser Art der Ver- schwendung so weit, daß sie sich nicht einmahl be- gnügen lassen, wenn sie so viel Kleider haben, als Monathe im Jahre, oder gar als Wochen im Jah- re, sondern wollen auch noch weiter gehen, wie mir selbst, ob es gleich fast unglaublich scheinet, aus ei- nigen sichern Exempeln bekandt worden. Je mehr sie Kleider haben, je glückseeliger achten sie sich, je mehr prahlen sie denn mit, und je mehr verachten sie andere, die nicht so mit machen kön- nen. Doch es ist, wie ein gewisser Moraliste schreibet, eine vollkommene Thorheit, wenn die Menschen entweder viel oder wenig aufgeblasen werden, und sich demüthigen, nachdem sie mehr oder weniger von mancherley kostbahrern oder schlechtern Zeuge eingehüllet werden.
§. 19. Daß unsere jetzige Zeit sich zu kleiden, vor den Zeiten unserer Vorfahren an Bequemlich-
keit,
II. Theil. XIII. Capitul.
wird hiermit freylich nicht auskommen. Da muͤſ- ſen bey alltaͤglichen Kleidern ſtets Veraͤnderungen ſeyn, die Gala-Kleider muͤſſen bey den oͤfftern Hof- Solennitæten und dabey vorfallenden Luſtbarkei- ten auf eine vielfache Weiſe abgewechſelt werden, es muͤſſen andere Kleider ſeyn, wenn ſich die Herr- ſchafft auf die Jagt begiebt, wieder andere, wenn ſie auf die Parforce-Jagt gehet, und wer wolte doch alle die Faͤlle, bey welchen an einigen Oertern der Mode nach, die Kleider muͤſſen veraͤndert werden, anfuͤhren.
§. 18. Einige, die es doch ihren Umſtaͤnden nach, nicht noͤthig haͤtten, gehen bey dieſer Art der Ver- ſchwendung ſo weit, daß ſie ſich nicht einmahl be- gnuͤgen laſſen, wenn ſie ſo viel Kleider haben, als Monathe im Jahre, oder gar als Wochen im Jah- re, ſondern wollen auch noch weiter gehen, wie mir ſelbſt, ob es gleich faſt unglaublich ſcheinet, aus ei- nigen ſichern Exempeln bekandt worden. Je mehr ſie Kleider haben, je gluͤckſeeliger achten ſie ſich, je mehr prahlen ſie denn mit, und je mehr verachten ſie andere, die nicht ſo mit machen koͤn- nen. Doch es iſt, wie ein gewiſſer Moraliſte ſchreibet, eine vollkommene Thorheit, wenn die Menſchen entweder viel oder wenig aufgeblaſen werden, und ſich demuͤthigen, nachdem ſie mehr oder weniger von mancherley koſtbahrern oder ſchlechtern Zeuge eingehuͤllet werden.
§. 19. Daß unſere jetzige Zeit ſich zu kleiden, vor den Zeiten unſerer Vorfahren an Bequemlich-
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II. Theil. XIII. Capitul.
wird hiermit freylich nicht auskommen. Da muͤſ-
ſen bey alltaͤglichen Kleidern ſtets Veraͤnderungen
ſeyn, die Gala-Kleider muͤſſen bey den oͤfftern Hof-
Solennitæten und dabey vorfallenden Luſtbarkei-
ten auf eine vielfache Weiſe abgewechſelt werden,
es muͤſſen andere Kleider ſeyn, wenn ſich die Herr-
ſchafft auf die Jagt begiebt, wieder andere, wenn
ſie auf die Parforce-Jagt gehet, und wer wolte doch
alle die Faͤlle, bey welchen an einigen Oertern der
Mode nach, die Kleider muͤſſen veraͤndert werden,
anfuͤhren.
§. 18. Einige, die es doch ihren Umſtaͤnden nach,
nicht noͤthig haͤtten, gehen bey dieſer Art der Ver-
ſchwendung ſo weit, daß ſie ſich nicht einmahl be-
gnuͤgen laſſen, wenn ſie ſo viel Kleider haben, als
Monathe im Jahre, oder gar als Wochen im Jah-
re, ſondern wollen auch noch weiter gehen, wie mir
ſelbſt, ob es gleich faſt unglaublich ſcheinet, aus ei-
nigen ſichern Exempeln bekandt worden. Je
mehr ſie Kleider haben, je gluͤckſeeliger achten ſie
ſich, je mehr prahlen ſie denn mit, und je mehr
verachten ſie andere, die nicht ſo mit machen koͤn-
nen. Doch es iſt, wie ein gewiſſer Moraliſte
ſchreibet, eine vollkommene Thorheit, wenn die
Menſchen entweder viel oder wenig aufgeblaſen
werden, und ſich demuͤthigen, nachdem ſie mehr
oder weniger von mancherley koſtbahrern oder
ſchlechtern Zeuge eingehuͤllet werden.
§. 19. Daß unſere jetzige Zeit ſich zu kleiden,
vor den Zeiten unſerer Vorfahren an Bequemlich-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 556. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/576>, abgerufen am 22.11.2024.
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