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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Verehlichung.
ohne Grund über die ungleichen Heyrathen eifert,
sondern viele von den Bürgerlichen, die an Rang
und Character die andern übertreffen, und es auch
in andern Stücken den Höhern so gerne nachthun,
stimmen bey dergleichen Fällen eine ebenmäßige
Klage an; es ist eben so ein groß Lärmen und La-
menti
ren, wenn ein Doctor oder eines ansehnli-
chen Kauffmans Sohn, eines armen Handwercks-
manns Tochter eheligen will, als wenn sich einer
von Adel ein Frauenzimmer Bürgerlichen Stan-
des zum Ehegatten aussucht.

§. 6. Bey der Heyrath muß man, so viel als
möglich, bey seinem Stande bleiben, darein einen
GOtt durch die Geburth gesetzt; es ist am besten,
wenn sich auch bey der Ehe dem Stande nach
gleich und gleich zusammen gesellet. Man muß
alle seine Handlungen nach der grösten Vollkom-
menheit einrichten; Nun aber ist nicht zu leugnen,
daß bey einer Heyrath von gleichem Stande so
wohl vor die Ehegatten selbst, als auch vor die Kin-
der, eine und andere Praerogative anzutreffen, die
bey denen mes alliancen fehlet. Solte sie auch
gleich mit keiner größern wahren Vollkommenheit
vergesellschafftet seyn, so ists doch genug, daß sie
der Opinion der Leute nach vor rühmlicher, vor
glückseeliger und vor vollkommner geachtet wird.
Ein vernünfftiger Mensch und ein Christ muß sich
bemühen, bey den Handlungen, die auf seiner Wahl
und Entschliessung beruhen/ auch seinen Nechsten
zu gefallen, zum Guten und zur Besserung, er muß

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Von der Verehlichung.
ohne Grund uͤber die ungleichen Heyrathen eifert,
ſondern viele von den Buͤrgerlichen, die an Rang
und Character die andern uͤbertreffen, und es auch
in andern Stuͤcken den Hoͤhern ſo gerne nachthun,
ſtimmen bey dergleichen Faͤllen eine ebenmaͤßige
Klage an; es iſt eben ſo ein groß Laͤrmen und La-
menti
ren, wenn ein Doctor oder eines anſehnli-
chen Kauffmans Sohn, eines armen Handwercks-
manns Tochter eheligen will, als wenn ſich einer
von Adel ein Frauenzimmer Buͤrgerlichen Stan-
des zum Ehegatten ausſucht.

§. 6. Bey der Heyrath muß man, ſo viel als
moͤglich, bey ſeinem Stande bleiben, darein einen
GOtt durch die Geburth geſetzt; es iſt am beſten,
wenn ſich auch bey der Ehe dem Stande nach
gleich und gleich zuſammen geſellet. Man muß
alle ſeine Handlungen nach der groͤſten Vollkom-
menheit einrichten; Nun aber iſt nicht zu leugnen,
daß bey einer Heyrath von gleichem Stande ſo
wohl vor die Ehegatten ſelbſt, als auch vor die Kin-
der, eine und andere Prærogative anzutreffen, die
bey denen mes alliançen fehlet. Solte ſie auch
gleich mit keiner groͤßern wahren Vollkommenheit
vergeſellſchafftet ſeyn, ſo iſts doch genug, daß ſie
der Opinion der Leute nach vor ruͤhmlicher, vor
gluͤckſeeliger und vor vollkommner geachtet wird.
Ein vernuͤnfftiger Menſch und ein Chriſt muß ſich
bemuͤhen, bey den Handlungen, die auf ſeiner Wahl
und Entſchlieſſung beruhen/ auch ſeinen Nechſten
zu gefallen, zum Guten und zur Beſſerung, er muß

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[593/0613] Von der Verehlichung. ohne Grund uͤber die ungleichen Heyrathen eifert, ſondern viele von den Buͤrgerlichen, die an Rang und Character die andern uͤbertreffen, und es auch in andern Stuͤcken den Hoͤhern ſo gerne nachthun, ſtimmen bey dergleichen Faͤllen eine ebenmaͤßige Klage an; es iſt eben ſo ein groß Laͤrmen und La- mentiren, wenn ein Doctor oder eines anſehnli- chen Kauffmans Sohn, eines armen Handwercks- manns Tochter eheligen will, als wenn ſich einer von Adel ein Frauenzimmer Buͤrgerlichen Stan- des zum Ehegatten ausſucht. §. 6. Bey der Heyrath muß man, ſo viel als moͤglich, bey ſeinem Stande bleiben, darein einen GOtt durch die Geburth geſetzt; es iſt am beſten, wenn ſich auch bey der Ehe dem Stande nach gleich und gleich zuſammen geſellet. Man muß alle ſeine Handlungen nach der groͤſten Vollkom- menheit einrichten; Nun aber iſt nicht zu leugnen, daß bey einer Heyrath von gleichem Stande ſo wohl vor die Ehegatten ſelbſt, als auch vor die Kin- der, eine und andere Prærogative anzutreffen, die bey denen mes alliançen fehlet. Solte ſie auch gleich mit keiner groͤßern wahren Vollkommenheit vergeſellſchafftet ſeyn, ſo iſts doch genug, daß ſie der Opinion der Leute nach vor ruͤhmlicher, vor gluͤckſeeliger und vor vollkommner geachtet wird. Ein vernuͤnfftiger Menſch und ein Chriſt muß ſich bemuͤhen, bey den Handlungen, die auf ſeiner Wahl und Entſchlieſſung beruhen/ auch ſeinen Nechſten zu gefallen, zum Guten und zur Beſſerung, er muß ein P p

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/613>, abgerufen am 21.11.2024.