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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Verehlichung.
Werck GOttes; es heist, dieses ist GOttes Finger,
hier ist alles vernünfftig und löblich zugegangen.
Wenn aber einer aus dieser höhern Familie sich
mit einer bürgerlichen Person, geringern Herkom-
mens, in ein ehelich Bündniß einlassen solte, so soll
es der Teuffel gethan haben. Da sind eben dieje-
nigen, die es vorher vor ein Glück und vor eine be-
sondere Direction GOttes erkandt, wieder vermö-
gend, das Gegentheil, und alles schlimmste davon
zu urtheilen; da heist es, wie ist dieses menschlich
und möglich, dis Ding kan nimmermehr recht zu-
gehen, das Mensch muß ihn behext und bezaubert,
oder durch Hurerey in ihr Netz oder Garn gerückt
haben, er muß gantz verblendet, thöricht und rasend
seyn. Bey dem ersten Fall wird GOtt gelobet,
weil seine Direction mit ihren fleischlichen Neigun-
gen übereinstimmt, bey dem andern Fall aber ge-
lästert. Da nun aber in beyden Fällen die Um-
stände einander gleich und ähnlich sind, so ist dieses
Urtheil bey dem letztern nichts anders, als eine Wür-
ckung des Neides, des Hochmuths, und eine Ge-
ringschätzung des Nächsten. (4) Trotzet ein Theil
derer von Adel bey ihren Urtheilen, die sie über der-
gleichen mes alliancen fällen, auf ihr altes Geschlecht
und Geblüthe, und bedencken nicht, daß der Adel
des Gemüthes noch weit älter sey/ als die Opinion
des Adels des Geblüthes, und daß jene, nemlich die
Tugenden, bloß und allein zu diesen Gelegenheit ge-
geben; immassen aus der Teutschen Historie be-
kandt, daß bey den alten Teutschen das Wort Adel

so
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Von der Verehlichung.
Werck GOttes; es heiſt, dieſes iſt GOttes Finger,
hier iſt alles vernuͤnfftig und loͤblich zugegangen.
Wenn aber einer aus dieſer hoͤhern Familie ſich
mit einer buͤrgerlichen Perſon, geringern Herkom-
mens, in ein ehelich Buͤndniß einlaſſen ſolte, ſo ſoll
es der Teuffel gethan haben. Da ſind eben dieje-
nigen, die es vorher vor ein Gluͤck und vor eine be-
ſondere Direction GOttes erkandt, wieder vermoͤ-
gend, das Gegentheil, und alles ſchlimmſte davon
zu urtheilen; da heiſt es, wie iſt dieſes menſchlich
und moͤglich, dis Ding kan nimmermehr recht zu-
gehen, das Menſch muß ihn behext und bezaubert,
oder durch Hurerey in ihr Netz oder Garn geruͤckt
haben, er muß gantz verblendet, thoͤricht und raſend
ſeyn. Bey dem erſten Fall wird GOtt gelobet,
weil ſeine Direction mit ihren fleiſchlichen Neigun-
gen uͤbereinſtimmt, bey dem andern Fall aber ge-
laͤſtert. Da nun aber in beyden Faͤllen die Um-
ſtaͤnde einander gleich und aͤhnlich ſind, ſo iſt dieſes
Urtheil bey dem letztern nichts anders, als eine Wuͤr-
ckung des Neides, des Hochmuths, und eine Ge-
ringſchaͤtzung des Naͤchſten. (4) Trotzet ein Theil
derer von Adel bey ihren Urtheilen, die ſie uͤber der-
gleichen mes alliancen faͤllen, auf ihr altes Geſchlecht
und Gebluͤthe, und bedencken nicht, daß der Adel
des Gemuͤthes noch weit aͤlter ſey/ als die Opinion
des Adels des Gebluͤthes, und daß jene, nemlich die
Tugenden, bloß und allein zu dieſen Gelegenheit ge-
geben; immaſſen aus der Teutſchen Hiſtorie be-
kandt, daß bey den alten Teutſchen das Wort Adel

ſo
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[597/0617] Von der Verehlichung. Werck GOttes; es heiſt, dieſes iſt GOttes Finger, hier iſt alles vernuͤnfftig und loͤblich zugegangen. Wenn aber einer aus dieſer hoͤhern Familie ſich mit einer buͤrgerlichen Perſon, geringern Herkom- mens, in ein ehelich Buͤndniß einlaſſen ſolte, ſo ſoll es der Teuffel gethan haben. Da ſind eben dieje- nigen, die es vorher vor ein Gluͤck und vor eine be- ſondere Direction GOttes erkandt, wieder vermoͤ- gend, das Gegentheil, und alles ſchlimmſte davon zu urtheilen; da heiſt es, wie iſt dieſes menſchlich und moͤglich, dis Ding kan nimmermehr recht zu- gehen, das Menſch muß ihn behext und bezaubert, oder durch Hurerey in ihr Netz oder Garn geruͤckt haben, er muß gantz verblendet, thoͤricht und raſend ſeyn. Bey dem erſten Fall wird GOtt gelobet, weil ſeine Direction mit ihren fleiſchlichen Neigun- gen uͤbereinſtimmt, bey dem andern Fall aber ge- laͤſtert. Da nun aber in beyden Faͤllen die Um- ſtaͤnde einander gleich und aͤhnlich ſind, ſo iſt dieſes Urtheil bey dem letztern nichts anders, als eine Wuͤr- ckung des Neides, des Hochmuths, und eine Ge- ringſchaͤtzung des Naͤchſten. (4) Trotzet ein Theil derer von Adel bey ihren Urtheilen, die ſie uͤber der- gleichen mes alliancen faͤllen, auf ihr altes Geſchlecht und Gebluͤthe, und bedencken nicht, daß der Adel des Gemuͤthes noch weit aͤlter ſey/ als die Opinion des Adels des Gebluͤthes, und daß jene, nemlich die Tugenden, bloß und allein zu dieſen Gelegenheit ge- geben; immaſſen aus der Teutſchen Hiſtorie be- kandt, daß bey den alten Teutſchen das Wort Adel ſo P p 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/617>, abgerufen am 21.11.2024.