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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XV. Capitul.
unterthan zu seyn. Es ist nichts anders, als ein
straffbarer Eigensinn, da sie vor andern Leuten et-
was voraus haben wollen. Soll man sie vor
Ehe-Leute ansehen, so müssen sie sich auch den
gewöhnlichen Gesetzen unterwerffen. Da über
dieses die bürgerlichen Würckungen diesen Gewis-
sens-Ehen fehlen, so werden sie so wohl in Ansehung
ihres Ehegatten, als auch ihrer Kinder, bey ihren Leb-
zeiten, und bey ihrem Tode mancherley, das ihnen
ungenehm, selbst empfinden, und auch auf ihre Hin-
terlaßnen zu ziehen.

§. 15. Die meisten Mariagen de conscience,
sind wohl nichts anders, als eine Art eines Concu-
binats.
Von dessen Schändlichkeit will ich hier
nichts erwehnen, indem dieses allbereits von vielen
andern zur Gnüge geschehen; jedoch will ich dasje-
nige, was der alte Cyriacus Spangenberg in sei-
nem Adel-Spiegel, von dem unkeuschen Leben, so
bereits zu seiner Zeit Anno 1591. hier und da im
Schwange gangen, anführen: Kommts mit einem
Juncker, schreibt er fol. 444. dahin, daß er der
Unzucht nachhängt, sein Hertz den Weibern ergiebt,
und sich mit solchen unkeuschen Lüsten kützelt, so
ists mit ihm geschehen, wenn er auch sonst so hei-
lig als David, so weise als Salomon, und so starck
als Simson wäre. Jhrer viele meynen, weil sie
von Geburth Edel und mehr seyn, denn andere ge-
meine Leute, so seyn sie auch Teufels-frey zu huren,
und zu buben, ihres Gefallens. So ists auch
warlich einem Edelmann eine schlechte Ehre, wenn

er

II. Theil. XV. Capitul.
unterthan zu ſeyn. Es iſt nichts anders, als ein
ſtraffbarer Eigenſinn, da ſie vor andern Leuten et-
was voraus haben wollen. Soll man ſie vor
Ehe-Leute anſehen, ſo muͤſſen ſie ſich auch den
gewoͤhnlichen Geſetzen unterwerffen. Da uͤber
dieſes die buͤrgerlichen Wuͤrckungen dieſen Gewiſ-
ſens-Ehen fehlen, ſo werden ſie ſo wohl in Anſehung
ihres Ehegatten, als auch ihrer Kinder, bey ihren Leb-
zeiten, und bey ihrem Tode mancherley, das ihnen
ungenehm, ſelbſt empfinden, und auch auf ihre Hin-
terlaßnen zu ziehen.

§. 15. Die meiſten Mariagen de conſcience,
ſind wohl nichts anders, als eine Art eines Concu-
binats.
Von deſſen Schaͤndlichkeit will ich hier
nichts erwehnen, indem dieſes allbereits von vielen
andern zur Gnuͤge geſchehen; jedoch will ich dasje-
nige, was der alte Cyriacus Spangenberg in ſei-
nem Adel-Spiegel, von dem unkeuſchen Leben, ſo
bereits zu ſeiner Zeit Anno 1591. hier und da im
Schwange gangen, anfuͤhren: Kommts mit einem
Juncker, ſchreibt er fol. 444. dahin, daß er der
Unzucht nachhaͤngt, ſein Hertz den Weibern ergiebt,
und ſich mit ſolchen unkeuſchen Luͤſten kuͤtzelt, ſo
iſts mit ihm geſchehen, wenn er auch ſonſt ſo hei-
lig als David, ſo weiſe als Salomon, und ſo ſtarck
als Simſon waͤre. Jhrer viele meynen, weil ſie
von Geburth Edel und mehr ſeyn, denn andere ge-
meine Leute, ſo ſeyn ſie auch Teufels-frey zu huren,
und zu buben, ihres Gefallens. So iſts auch
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[604/0624] II. Theil. XV. Capitul. unterthan zu ſeyn. Es iſt nichts anders, als ein ſtraffbarer Eigenſinn, da ſie vor andern Leuten et- was voraus haben wollen. Soll man ſie vor Ehe-Leute anſehen, ſo muͤſſen ſie ſich auch den gewoͤhnlichen Geſetzen unterwerffen. Da uͤber dieſes die buͤrgerlichen Wuͤrckungen dieſen Gewiſ- ſens-Ehen fehlen, ſo werden ſie ſo wohl in Anſehung ihres Ehegatten, als auch ihrer Kinder, bey ihren Leb- zeiten, und bey ihrem Tode mancherley, das ihnen ungenehm, ſelbſt empfinden, und auch auf ihre Hin- terlaßnen zu ziehen. §. 15. Die meiſten Mariagen de conſcience, ſind wohl nichts anders, als eine Art eines Concu- binats. Von deſſen Schaͤndlichkeit will ich hier nichts erwehnen, indem dieſes allbereits von vielen andern zur Gnuͤge geſchehen; jedoch will ich dasje- nige, was der alte Cyriacus Spangenberg in ſei- nem Adel-Spiegel, von dem unkeuſchen Leben, ſo bereits zu ſeiner Zeit Anno 1591. hier und da im Schwange gangen, anfuͤhren: Kommts mit einem Juncker, ſchreibt er fol. 444. dahin, daß er der Unzucht nachhaͤngt, ſein Hertz den Weibern ergiebt, und ſich mit ſolchen unkeuſchen Luͤſten kuͤtzelt, ſo iſts mit ihm geſchehen, wenn er auch ſonſt ſo hei- lig als David, ſo weiſe als Salomon, und ſo ſtarck als Simſon waͤre. Jhrer viele meynen, weil ſie von Geburth Edel und mehr ſeyn, denn andere ge- meine Leute, ſo ſeyn ſie auch Teufels-frey zu huren, und zu buben, ihres Gefallens. So iſts auch warlich einem Edelmann eine ſchlechte Ehre, wenn er

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/624>, abgerufen am 21.11.2024.