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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XVI. Capitul.
che sind wohl gar so leichtsinnig, daß sie aus der
Wahl der Tauff-Zeugen ein Verkuppelungs-
Werck machen, und hiedurch zu einem zuläßigen
oder unzuläßigen Liebes Commerce Anlaß geben;
sie bitten einen jungen ledigen Herrn und ein junges
lediges Frauenzimmer zusammen, damit sie bey die-
ser Gelegenheit mit einander in Bekandtschafft ge-
rathen. Jch bin gewiß der Meynung, daß die von
GOtt und der Kirche erforderte Würdigkeit der
Tauff-Zeugen ihrer vielen eine gantz fremde und
unbekandte Sache sey. Die meisten werden den-
cken: Jst der künfftige Gevatter reich und vor-
nehm, und bindet brav ein, so ist er mehr als zu wür-
dig. Wenn doch alle Eltern das bedächten, was
der gottselige Ernst Ludwig von Faramond in seiner
Klugheit der wahren, und Narrheit der falschen
Christen, pag. 72. schreibet: Alldieweil ein neuge-
bohrnes Kind dem allmächtigen HERRN und
Schöpffer Himmels und der Erden zum Vater
hat, so ist die Hülffe eines reichen und ansehnlichen,
aber dabey gottlosen Gepatters keinesweges nöthig.
Es ist auch dieses, weltlicher Weise betrachtet, ein
sehr unbesonnenes Vornehmen, indem denen mei-
sten Gevattern eine solche eigennützige Gevatter-
schafft grossen Verdruß erweckt, also, daß sie sich
mit Unwillen und Mißvergnügen an den Tauffstein
begeben, und das Pathen-Geld lieber behielten, als
einbänden, wenn es ihnen keine Schande wäre.

§. 8. Manche Eltern, zumahl unter dem gemei-
nen Volck, haben bey der Wahl ihrer Tauff-Zeu-

gen

II. Theil. XVI. Capitul.
che ſind wohl gar ſo leichtſinnig, daß ſie aus der
Wahl der Tauff-Zeugen ein Verkuppelungs-
Werck machen, und hiedurch zu einem zulaͤßigen
oder unzulaͤßigen Liebes Commerce Anlaß geben;
ſie bitten einen jungen ledigen Herrn und ein junges
lediges Frauenzimmer zuſammen, damit ſie bey die-
ſer Gelegenheit mit einander in Bekandtſchafft ge-
rathen. Jch bin gewiß der Meynung, daß die von
GOtt und der Kirche erforderte Wuͤrdigkeit der
Tauff-Zeugen ihrer vielen eine gantz fremde und
unbekandte Sache ſey. Die meiſten werden den-
cken: Jſt der kuͤnfftige Gevatter reich und vor-
nehm, und bindet brav ein, ſo iſt er mehr als zu wuͤr-
dig. Wenn doch alle Eltern das bedaͤchten, was
der gottſelige Ernſt Ludwig von Faramond in ſeiner
Klugheit der wahren, und Narrheit der falſchen
Chriſten, pag. 72. ſchreibet: Alldieweil ein neuge-
bohrnes Kind dem allmaͤchtigen HERRN und
Schoͤpffer Himmels und der Erden zum Vater
hat, ſo iſt die Huͤlffe eines reichen und anſehnlichen,
aber dabey gottloſen Gepatters keinesweges noͤthig.
Es iſt auch dieſes, weltlicher Weiſe betrachtet, ein
ſehr unbeſonnenes Vornehmen, indem denen mei-
ſten Gevattern eine ſolche eigennuͤtzige Gevatter-
ſchafft groſſen Verdruß erweckt, alſo, daß ſie ſich
mit Unwillen und Mißvergnuͤgen an den Tauffſtein
begeben, und das Pathen-Geld lieber behielten, als
einbaͤnden, wenn es ihnen keine Schande waͤre.

§. 8. Manche Eltern, zumahl unter dem gemei-
nen Volck, haben bey der Wahl ihrer Tauff-Zeu-

gen
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[626/0646] II. Theil. XVI. Capitul. che ſind wohl gar ſo leichtſinnig, daß ſie aus der Wahl der Tauff-Zeugen ein Verkuppelungs- Werck machen, und hiedurch zu einem zulaͤßigen oder unzulaͤßigen Liebes Commerce Anlaß geben; ſie bitten einen jungen ledigen Herrn und ein junges lediges Frauenzimmer zuſammen, damit ſie bey die- ſer Gelegenheit mit einander in Bekandtſchafft ge- rathen. Jch bin gewiß der Meynung, daß die von GOtt und der Kirche erforderte Wuͤrdigkeit der Tauff-Zeugen ihrer vielen eine gantz fremde und unbekandte Sache ſey. Die meiſten werden den- cken: Jſt der kuͤnfftige Gevatter reich und vor- nehm, und bindet brav ein, ſo iſt er mehr als zu wuͤr- dig. Wenn doch alle Eltern das bedaͤchten, was der gottſelige Ernſt Ludwig von Faramond in ſeiner Klugheit der wahren, und Narrheit der falſchen Chriſten, pag. 72. ſchreibet: Alldieweil ein neuge- bohrnes Kind dem allmaͤchtigen HERRN und Schoͤpffer Himmels und der Erden zum Vater hat, ſo iſt die Huͤlffe eines reichen und anſehnlichen, aber dabey gottloſen Gepatters keinesweges noͤthig. Es iſt auch dieſes, weltlicher Weiſe betrachtet, ein ſehr unbeſonnenes Vornehmen, indem denen mei- ſten Gevattern eine ſolche eigennuͤtzige Gevatter- ſchafft groſſen Verdruß erweckt, alſo, daß ſie ſich mit Unwillen und Mißvergnuͤgen an den Tauffſtein begeben, und das Pathen-Geld lieber behielten, als einbaͤnden, wenn es ihnen keine Schande waͤre. §. 8. Manche Eltern, zumahl unter dem gemei- nen Volck, haben bey der Wahl ihrer Tauff-Zeu- gen

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/646>, abgerufen am 22.11.2024.