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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von den Gevatterschafften.
vatterschafft selbst anbietet, und es ihnen entweder
selbst oder durch andere zu verstehen giebt, sie in ih-
rer eigenen Wahl stöhret, und bey dem guten Ver-
trauen, welches sie nach Gefallen erweisen könten,
gleichsam die Hände bindet; so übel ist es auch,
wenn man es ohne wichtige Ursachen ausschläget.
Es erfordert ja die Liebe und Pflicht eines jeden
Christen, daß man vor des andern geistliches Heyl
besorgt sey, und sich angelegen seyn lasse, daß man
den andern aus den Stricken des Satans heraus
reisse. Die Liebe ist diensthafftig; sie bedenckt,
daß wir alle Glieder eines Leibes sind, und erstattet
dem andern gerne, was sie von ihm erstattet wissen
will.

§. 3. Jch möchte wohl mit einiger Verände-
rung auf die heilige Tauff-Handlung appliciren,
was der seelige Vater Lutherus von dem Sacra-
ment des Altars sagt: Das Fasten und leibliche
Zubereiten zu dem Gevatterstehen, ist wohl eine fei-
ne äußerliche Zucht, aber der ist recht würdig, und
wohlgeschickt, der den Glauben hat, daß bey dieser
hochheiligen Handlung die gantze heilige Drey-
faltigkeit zugegen sey. Weil die Gevattern, so
viel das Glaubens-Bekänntniß und Verbündniß
mit unser aller Heyland Christo JEsu betrifft, als
personae vicariae zu betrachten, die den Bund mit
GOtt im Nahmen des zur Tauffe gebrachten Kin-
des schlüssen, und hierbey auf die heilige Handlung,
und die Gnaden-reiche Gegenwart der heiligen
Dreyfaltigkeit zu sehen ist, mit welcher ein Tauff-

Zeuge

Von den Gevatterſchafften.
vatterſchafft ſelbſt anbietet, und es ihnen entweder
ſelbſt oder durch andere zu verſtehen giebt, ſie in ih-
rer eigenen Wahl ſtoͤhret, und bey dem guten Ver-
trauen, welches ſie nach Gefallen erweiſen koͤnten,
gleichſam die Haͤnde bindet; ſo uͤbel iſt es auch,
wenn man es ohne wichtige Urſachen ausſchlaͤget.
Es erfordert ja die Liebe und Pflicht eines jeden
Chriſten, daß man vor des andern geiſtliches Heyl
beſorgt ſey, und ſich angelegen ſeyn laſſe, daß man
den andern aus den Stricken des Satans heraus
reiſſe. Die Liebe iſt dienſthafftig; ſie bedenckt,
daß wir alle Glieder eines Leibes ſind, und erſtattet
dem andern gerne, was ſie von ihm erſtattet wiſſen
will.

§. 3. Jch moͤchte wohl mit einiger Veraͤnde-
rung auf die heilige Tauff-Handlung appliciren,
was der ſeelige Vater Lutherus von dem Sacra-
ment des Altars ſagt: Das Faſten und leibliche
Zubereiten zu dem Gevatterſtehen, iſt wohl eine fei-
ne aͤußerliche Zucht, aber der iſt recht wuͤrdig, und
wohlgeſchickt, der den Glauben hat, daß bey dieſer
hochheiligen Handlung die gantze heilige Drey-
faltigkeit zugegen ſey. Weil die Gevattern, ſo
viel das Glaubens-Bekaͤnntniß und Verbuͤndniß
mit unſer aller Heyland Chriſto JEſu betrifft, als
perſonæ vicariæ zu betrachten, die den Bund mit
GOtt im Nahmen des zur Tauffe gebrachten Kin-
des ſchluͤſſen, und hierbey auf die heilige Handlung,
und die Gnaden-reiche Gegenwart der heiligen
Dreyfaltigkeit zu ſehen iſt, mit welcher ein Tauff-

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[639/0659] Von den Gevatterſchafften. vatterſchafft ſelbſt anbietet, und es ihnen entweder ſelbſt oder durch andere zu verſtehen giebt, ſie in ih- rer eigenen Wahl ſtoͤhret, und bey dem guten Ver- trauen, welches ſie nach Gefallen erweiſen koͤnten, gleichſam die Haͤnde bindet; ſo uͤbel iſt es auch, wenn man es ohne wichtige Urſachen ausſchlaͤget. Es erfordert ja die Liebe und Pflicht eines jeden Chriſten, daß man vor des andern geiſtliches Heyl beſorgt ſey, und ſich angelegen ſeyn laſſe, daß man den andern aus den Stricken des Satans heraus reiſſe. Die Liebe iſt dienſthafftig; ſie bedenckt, daß wir alle Glieder eines Leibes ſind, und erſtattet dem andern gerne, was ſie von ihm erſtattet wiſſen will. §. 3. Jch moͤchte wohl mit einiger Veraͤnde- rung auf die heilige Tauff-Handlung appliciren, was der ſeelige Vater Lutherus von dem Sacra- ment des Altars ſagt: Das Faſten und leibliche Zubereiten zu dem Gevatterſtehen, iſt wohl eine fei- ne aͤußerliche Zucht, aber der iſt recht wuͤrdig, und wohlgeſchickt, der den Glauben hat, daß bey dieſer hochheiligen Handlung die gantze heilige Drey- faltigkeit zugegen ſey. Weil die Gevattern, ſo viel das Glaubens-Bekaͤnntniß und Verbuͤndniß mit unſer aller Heyland Chriſto JEſu betrifft, als perſonæ vicariæ zu betrachten, die den Bund mit GOtt im Nahmen des zur Tauffe gebrachten Kin- des ſchluͤſſen, und hierbey auf die heilige Handlung, und die Gnaden-reiche Gegenwart der heiligen Dreyfaltigkeit zu ſehen iſt, mit welcher ein Tauff- Zeuge

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/659>, abgerufen am 22.11.2024.