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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XVII. Capitul.
doch, ob schon manche Eltern bey ihrer Wahl keine
so gar löbliche Absicht hätten, dennoch Werckzeuge
wären, ein armes Kind dem Heyland JEsu Christo
und seiner Kirche zuzuführen so würden sie nicht auf
solche Leute eifern. Bald lästern sie auf die Mit-
Gevattern, die ihnen viel zu schlecht, zu einfältig,
oder sonst nicht anständig sind. Bey solchen Um-
ständen schlagen sie die Gevatterschafften nicht allein
öffters aus, und schicken die ihnen zugeschickten Ge-
vatter-Briefe wieder zurück, sondern sie lassen auch
wohl den Eltern noch dazu die lösesten und schnöde-
sten Worte sagen. Oeffters lassen sie ihre Bedien-
ten, und bißweilen die geringsten unter ihnen, ihre
Stelle vertreten. Stehen sie aber ja selbst, so er-
zeigen sie sich gar sehr unglimpflich gegen ihre Mit-
Gevattern, und auch gegen die Eltern, so die Kind-
tauffe ausrichten. Sie begegnen ihren Mit-Ge-
vattern unfreundlich, und bedencken nicht, daß sie
so wohl, als wie sie, Mit-Erben der ewigen Selig-
keit und der geistlichen Gnaden-Güter, sie spotten
ihrer, und ziehen sie durch. Die Eltern bekräncken
sie auf mancherley Art und Weise, da sie dieselben,
wann sie nicht vornehme und hoch-characterisirte
Leute sind, auf das allergeringschätzigste tractiren,
und bald an Gevatter Stücken, bald an Speisen
und Geträncke, bald an sonst etwas zu tadeln
wissen.

§. 6. Die Geschencke, die man insgemein denen
Pathen, bey dem Eingebinde, oder zu andern Zei-
ten, zu geben pflegt, sind öffters im Wege, daß die-

jenigen,

II. Theil. XVII. Capitul.
doch, ob ſchon manche Eltern bey ihrer Wahl keine
ſo gar loͤbliche Abſicht haͤtten, dennoch Werckzeuge
waͤren, ein armes Kind dem Heyland JEſu Chriſto
und ſeiner Kirche zuzufuͤhren ſo wuͤrden ſie nicht auf
ſolche Leute eifern. Bald laͤſtern ſie auf die Mit-
Gevattern, die ihnen viel zu ſchlecht, zu einfaͤltig,
oder ſonſt nicht anſtaͤndig ſind. Bey ſolchen Um-
ſtaͤnden ſchlagen ſie die Gevatterſchafften nicht allein
oͤffters aus, und ſchicken die ihnen zugeſchickten Ge-
vatter-Briefe wieder zuruͤck, ſondern ſie laſſen auch
wohl den Eltern noch dazu die loͤſeſten und ſchnoͤde-
ſten Worte ſagen. Oeffters laſſen ſie ihre Bedien-
ten, und bißweilen die geringſten unter ihnen, ihre
Stelle vertreten. Stehen ſie aber ja ſelbſt, ſo er-
zeigen ſie ſich gar ſehr unglimpflich gegen ihre Mit-
Gevattern, und auch gegen die Eltern, ſo die Kind-
tauffe ausrichten. Sie begegnen ihren Mit-Ge-
vattern unfreundlich, und bedencken nicht, daß ſie
ſo wohl, als wie ſie, Mit-Erben der ewigen Selig-
keit und der geiſtlichen Gnaden-Guͤter, ſie ſpotten
ihrer, und ziehen ſie durch. Die Eltern bekraͤncken
ſie auf mancherley Art und Weiſe, da ſie dieſelben,
wann ſie nicht vornehme und hoch-characteriſirte
Leute ſind, auf das allergeringſchaͤtzigſte tractiren,
und bald an Gevatter Stuͤcken, bald an Speiſen
und Getraͤncke, bald an ſonſt etwas zu tadeln
wiſſen.

§. 6. Die Geſchencke, die man insgemein denen
Pathen, bey dem Eingebinde, oder zu andern Zei-
ten, zu geben pflegt, ſind oͤffters im Wege, daß die-

jenigen,
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[642/0662] II. Theil. XVII. Capitul. doch, ob ſchon manche Eltern bey ihrer Wahl keine ſo gar loͤbliche Abſicht haͤtten, dennoch Werckzeuge waͤren, ein armes Kind dem Heyland JEſu Chriſto und ſeiner Kirche zuzufuͤhren ſo wuͤrden ſie nicht auf ſolche Leute eifern. Bald laͤſtern ſie auf die Mit- Gevattern, die ihnen viel zu ſchlecht, zu einfaͤltig, oder ſonſt nicht anſtaͤndig ſind. Bey ſolchen Um- ſtaͤnden ſchlagen ſie die Gevatterſchafften nicht allein oͤffters aus, und ſchicken die ihnen zugeſchickten Ge- vatter-Briefe wieder zuruͤck, ſondern ſie laſſen auch wohl den Eltern noch dazu die loͤſeſten und ſchnoͤde- ſten Worte ſagen. Oeffters laſſen ſie ihre Bedien- ten, und bißweilen die geringſten unter ihnen, ihre Stelle vertreten. Stehen ſie aber ja ſelbſt, ſo er- zeigen ſie ſich gar ſehr unglimpflich gegen ihre Mit- Gevattern, und auch gegen die Eltern, ſo die Kind- tauffe ausrichten. Sie begegnen ihren Mit-Ge- vattern unfreundlich, und bedencken nicht, daß ſie ſo wohl, als wie ſie, Mit-Erben der ewigen Selig- keit und der geiſtlichen Gnaden-Guͤter, ſie ſpotten ihrer, und ziehen ſie durch. Die Eltern bekraͤncken ſie auf mancherley Art und Weiſe, da ſie dieſelben, wann ſie nicht vornehme und hoch-characteriſirte Leute ſind, auf das allergeringſchaͤtzigſte tractiren, und bald an Gevatter Stuͤcken, bald an Speiſen und Getraͤncke, bald an ſonſt etwas zu tadeln wiſſen. §. 6. Die Geſchencke, die man insgemein denen Pathen, bey dem Eingebinde, oder zu andern Zei- ten, zu geben pflegt, ſind oͤffters im Wege, daß die- jenigen,

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/662>, abgerufen am 21.11.2024.