Faramonds Klugheit der wahren, und Narrheit der falschen Christen, p. 66. an, daß bey dem Gevat- ter-stehen nichts mehr in Obacht zu nehmen, als folgendes: Wenn man den Gevatter-Brief be- kommt, so muß man der Kinder-Frau eine Vereh- rung geben, man muß ein sauberes Kleid anziehen, man muß in die Kirche gehen, und zu Anfang ein Vater Unser beten, man muß zu rechter Zeit vor den Tauffstein treten, man muß bey der Tauffe et- liche mahl Ja sagen, und alle Ceremonien nach der Ordnung fein züchtig und und erbar mitmachen, man muß dem Täuflinge das Pathen-Geld, nach Beschaffenheit seines Standes, einbinden, man muß zum Beschluß wieder ein Vater Unser beten, man muß dem Vater des getaufften Kindes Glück wünschen, und alsdenn wieder nach Hause gehen. Es fehlet bey diesem Gevatter-stehens-Process nichts, als das Schmausen nach der Tauff-Hand- lung.
§. 5. Manche, die die Stellen der Gevattern vertreten sollen, erweisen bey diesem Wercke ihren besondern Hochmuth. Bald sind ihnen die Leute zu geringe, die sie invitiren, da schmählen und lä- stern sie auf das ärgste, daß solche gemeine und arm- selige Eltern sich unterstünden, ihnen einen Gevat- ter-Brief zuzuschicken, als ob diese Handlung ein solch Werck wäre, das bloß um der äusserlichen Eh- re willen angefangen. Bedächten sie, daß dieses Ehre genug wäre, daß die Eltern zu ihrer Gottes- furcht ein so gutes Vertrauen hätten, oder daß sie
doch,
S s
Von den Gevatterſchafften.
Faramonds Klugheit der wahren, und Narrheit der falſchen Chriſten, p. 66. an, daß bey dem Gevat- ter-ſtehen nichts mehr in Obacht zu nehmen, als folgendes: Wenn man den Gevatter-Brief be- kommt, ſo muß man der Kinder-Frau eine Vereh- rung geben, man muß ein ſauberes Kleid anziehen, man muß in die Kirche gehen, und zu Anfang ein Vater Unſer beten, man muß zu rechter Zeit vor den Tauffſtein treten, man muß bey der Tauffe et- liche mahl Ja ſagen, und alle Ceremonien nach der Ordnung fein zuͤchtig und und erbar mitmachen, man muß dem Taͤuflinge das Pathen-Geld, nach Beſchaffenheit ſeines Standes, einbinden, man muß zum Beſchluß wieder ein Vater Unſer beten, man muß dem Vater des getaufften Kindes Gluͤck wuͤnſchen, und alsdenn wieder nach Hauſe gehen. Es fehlet bey dieſem Gevatter-ſtehens-Proceſs nichts, als das Schmauſen nach der Tauff-Hand- lung.
§. 5. Manche, die die Stellen der Gevattern vertreten ſollen, erweiſen bey dieſem Wercke ihren beſondern Hochmuth. Bald ſind ihnen die Leute zu geringe, die ſie invitiren, da ſchmaͤhlen und laͤ- ſtern ſie auf das aͤrgſte, daß ſolche gemeine und arm- ſelige Eltern ſich unterſtuͤnden, ihnen einen Gevat- ter-Brief zuzuſchicken, als ob dieſe Handlung ein ſolch Werck waͤre, das bloß um der aͤuſſerlichen Eh- re willen angefangen. Bedaͤchten ſie, daß dieſes Ehre genug waͤre, daß die Eltern zu ihrer Gottes- furcht ein ſo gutes Vertrauen haͤtten, oder daß ſie
doch,
S s
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0661"n="641"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von den Gevatterſchafften.</hi></fw><lb/><hirendition="#aq">Faramonds</hi> Klugheit der wahren, und Narrheit der<lb/>
falſchen Chriſten, <hirendition="#aq">p.</hi> 66. an, daß bey dem Gevat-<lb/>
ter-ſtehen nichts mehr in Obacht zu nehmen, als<lb/>
folgendes: Wenn man den Gevatter-Brief be-<lb/>
kommt, ſo muß man der Kinder-Frau eine Vereh-<lb/>
rung geben, man muß ein ſauberes Kleid anziehen,<lb/>
man muß in die Kirche gehen, und zu Anfang ein<lb/>
Vater Unſer beten, man muß zu rechter Zeit vor<lb/>
den Tauffſtein treten, man muß bey der Tauffe et-<lb/>
liche mahl Ja ſagen, und alle <hirendition="#aq">Ceremoni</hi>en nach der<lb/>
Ordnung fein zuͤchtig und und erbar mitmachen,<lb/>
man muß dem Taͤuflinge das Pathen-Geld, nach<lb/>
Beſchaffenheit ſeines Standes, einbinden, man<lb/>
muß zum Beſchluß wieder ein Vater Unſer beten,<lb/>
man muß dem Vater des getaufften Kindes Gluͤck<lb/>
wuͤnſchen, und alsdenn wieder nach Hauſe gehen.<lb/>
Es fehlet bey dieſem Gevatter-ſtehens-<hirendition="#aq">Proceſs</hi><lb/>
nichts, als das Schmauſen nach der Tauff-Hand-<lb/>
lung.</p><lb/><p>§. 5. Manche, die die Stellen der Gevattern<lb/>
vertreten ſollen, erweiſen bey dieſem Wercke ihren<lb/>
beſondern Hochmuth. Bald ſind ihnen die Leute<lb/>
zu geringe, die ſie <hirendition="#aq">inviti</hi>ren, da ſchmaͤhlen und laͤ-<lb/>ſtern ſie auf das aͤrgſte, daß ſolche gemeine und arm-<lb/>ſelige Eltern ſich unterſtuͤnden, ihnen einen Gevat-<lb/>
ter-Brief zuzuſchicken, als ob dieſe Handlung ein<lb/>ſolch Werck waͤre, das bloß um der aͤuſſerlichen Eh-<lb/>
re willen angefangen. Bedaͤchten ſie, daß dieſes<lb/>
Ehre genug waͤre, daß die Eltern zu ihrer Gottes-<lb/>
furcht ein ſo gutes Vertrauen haͤtten, oder daß ſie<lb/><fwplace="bottom"type="sig">S s</fw><fwplace="bottom"type="catch">doch,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[641/0661]
Von den Gevatterſchafften.
Faramonds Klugheit der wahren, und Narrheit der
falſchen Chriſten, p. 66. an, daß bey dem Gevat-
ter-ſtehen nichts mehr in Obacht zu nehmen, als
folgendes: Wenn man den Gevatter-Brief be-
kommt, ſo muß man der Kinder-Frau eine Vereh-
rung geben, man muß ein ſauberes Kleid anziehen,
man muß in die Kirche gehen, und zu Anfang ein
Vater Unſer beten, man muß zu rechter Zeit vor
den Tauffſtein treten, man muß bey der Tauffe et-
liche mahl Ja ſagen, und alle Ceremonien nach der
Ordnung fein zuͤchtig und und erbar mitmachen,
man muß dem Taͤuflinge das Pathen-Geld, nach
Beſchaffenheit ſeines Standes, einbinden, man
muß zum Beſchluß wieder ein Vater Unſer beten,
man muß dem Vater des getaufften Kindes Gluͤck
wuͤnſchen, und alsdenn wieder nach Hauſe gehen.
Es fehlet bey dieſem Gevatter-ſtehens-Proceſs
nichts, als das Schmauſen nach der Tauff-Hand-
lung.
§. 5. Manche, die die Stellen der Gevattern
vertreten ſollen, erweiſen bey dieſem Wercke ihren
beſondern Hochmuth. Bald ſind ihnen die Leute
zu geringe, die ſie invitiren, da ſchmaͤhlen und laͤ-
ſtern ſie auf das aͤrgſte, daß ſolche gemeine und arm-
ſelige Eltern ſich unterſtuͤnden, ihnen einen Gevat-
ter-Brief zuzuſchicken, als ob dieſe Handlung ein
ſolch Werck waͤre, das bloß um der aͤuſſerlichen Eh-
re willen angefangen. Bedaͤchten ſie, daß dieſes
Ehre genug waͤre, daß die Eltern zu ihrer Gottes-
furcht ein ſo gutes Vertrauen haͤtten, oder daß ſie
doch,
S s
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 641. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/661>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.