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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Sterben.
aufführen. Der Autor der Klugheit der wahren,
und Narrheit der falschen Christen sagt p. 191. sehr
wohl: Der Tod, welcher nichts anders ist, als eine
Beraubung des zeitlichen Lebens, und eine Abschei-
dung der Seele von dem Leibe, ist nicht allein unter
den Heyden, sondern auch unter viel Christen zu ei-
nem wesentlichen Geist oder Gespenst worden, wel-
ches den Menschen zu einer gewissen Zeit überfällt,
und ihm mit seiner Sense, oder mit seinem Pfeile
das Leben raubet. Da muß sich dasjenige, was
in der That kein Wesen, sondern nur eine Berau-
bung des Wesens ist, von diesen wirbelsüchtigen
Köpffen einmahl über das andere zu einem Hen-
cker-mäßigen Mörder machen lassen, und sie be-
schreiben seine Gestalt dermassen abscheulich, daß
demjenigen, welcher sich mit leeren Worten schre-
cken läst, die Haare gen Berge stehen müssen, der-
gestalt, daß sich sonder Zweiffel viel übel-unterrich-
tete Leute mehr vor dem ihnen in der Gestalt eines
Toden-Gerippes vorgebildeten Tode fürchten, als
vor GOtt selbst, welchen sie mit ihren Sünden er-
zürnet und beleidiget haben. Viel besser wäre es,
wenn man dem Menschen einen Abscheu vor der
Sünde machte, als vor dem Tode, welcher denen
Gläubigen nichts anders ist, als ein lieblicher Spa-
tzier-Gang, wodurch sie zu dem himmlischen Para-
dieß gelangen.

§. 4. Es ist wider den Wohlstand, wenn man
sich ungedultig oder ungeberdig anstellet, da die
Medici anfangen den Trost wegen des Wieder-

auf-
S s 5

Vom Sterben.
auffuͤhren. Der Autor der Klugheit der wahren,
und Narrheit der falſchen Chriſten ſagt p. 191. ſehr
wohl: Der Tod, welcher nichts anders iſt, als eine
Beraubung des zeitlichen Lebens, und eine Abſchei-
dung der Seele von dem Leibe, iſt nicht allein unter
den Heyden, ſondern auch unter viel Chriſten zu ei-
nem weſentlichen Geiſt oder Geſpenſt worden, wel-
ches den Menſchen zu einer gewiſſen Zeit uͤberfaͤllt,
und ihm mit ſeiner Senſe, oder mit ſeinem Pfeile
das Leben raubet. Da muß ſich dasjenige, was
in der That kein Weſen, ſondern nur eine Berau-
bung des Weſens iſt, von dieſen wirbelſuͤchtigen
Koͤpffen einmahl uͤber das andere zu einem Hen-
cker-maͤßigen Moͤrder machen laſſen, und ſie be-
ſchreiben ſeine Geſtalt dermaſſen abſcheulich, daß
demjenigen, welcher ſich mit leeren Worten ſchre-
cken laͤſt, die Haare gen Berge ſtehen muͤſſen, der-
geſtalt, daß ſich ſonder Zweiffel viel uͤbel-unterrich-
tete Leute mehr vor dem ihnen in der Geſtalt eines
Toden-Gerippes vorgebildeten Tode fuͤrchten, als
vor GOtt ſelbſt, welchen ſie mit ihren Suͤnden er-
zuͤrnet und beleidiget haben. Viel beſſer waͤre es,
wenn man dem Menſchen einen Abſcheu vor der
Suͤnde machte, als vor dem Tode, welcher denen
Glaͤubigen nichts anders iſt, als ein lieblicher Spa-
tzier-Gang, wodurch ſie zu dem himmliſchen Para-
dieß gelangen.

§. 4. Es iſt wider den Wohlſtand, wenn man
ſich ungedultig oder ungeberdig anſtellet, da die
Medici anfangen den Troſt wegen des Wieder-

auf-
S s 5
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[649/0669] Vom Sterben. auffuͤhren. Der Autor der Klugheit der wahren, und Narrheit der falſchen Chriſten ſagt p. 191. ſehr wohl: Der Tod, welcher nichts anders iſt, als eine Beraubung des zeitlichen Lebens, und eine Abſchei- dung der Seele von dem Leibe, iſt nicht allein unter den Heyden, ſondern auch unter viel Chriſten zu ei- nem weſentlichen Geiſt oder Geſpenſt worden, wel- ches den Menſchen zu einer gewiſſen Zeit uͤberfaͤllt, und ihm mit ſeiner Senſe, oder mit ſeinem Pfeile das Leben raubet. Da muß ſich dasjenige, was in der That kein Weſen, ſondern nur eine Berau- bung des Weſens iſt, von dieſen wirbelſuͤchtigen Koͤpffen einmahl uͤber das andere zu einem Hen- cker-maͤßigen Moͤrder machen laſſen, und ſie be- ſchreiben ſeine Geſtalt dermaſſen abſcheulich, daß demjenigen, welcher ſich mit leeren Worten ſchre- cken laͤſt, die Haare gen Berge ſtehen muͤſſen, der- geſtalt, daß ſich ſonder Zweiffel viel uͤbel-unterrich- tete Leute mehr vor dem ihnen in der Geſtalt eines Toden-Gerippes vorgebildeten Tode fuͤrchten, als vor GOtt ſelbſt, welchen ſie mit ihren Suͤnden er- zuͤrnet und beleidiget haben. Viel beſſer waͤre es, wenn man dem Menſchen einen Abſcheu vor der Suͤnde machte, als vor dem Tode, welcher denen Glaͤubigen nichts anders iſt, als ein lieblicher Spa- tzier-Gang, wodurch ſie zu dem himmliſchen Para- dieß gelangen. §. 4. Es iſt wider den Wohlſtand, wenn man ſich ungedultig oder ungeberdig anſtellet, da die Medici anfangen den Troſt wegen des Wieder- auf- S s 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/669>, abgerufen am 22.11.2024.