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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von Begräbnissen.
seltzamen Beicht-Formularien, die sie ohne Ver-
stand herplappern, und ihren Umständen bißweilen
im geringsten nicht geziemend, sondern auch bey ih-
rer Praeparation auf den Tod; sie suchen sich solche
Sterbe-Lieder aus, die bey ihrem Leich-Begäng-
niß solten abgesungen werden, die sich doch im ge-
ringsten nicht vor ihren Zustand schicken. Eine glei-
che Bewandtniß hat es mit der Wahl der Leichen-
Texte/ mancher will mit Paulo sagen: Jch habe
einen guten Kampff gekämpffet, ich habe Glauben
gehalten u. s. w., der doch von dem Kampff eines
Christen wenig oder nichts weiß, und sich in seinem
Leben als ein beharrlich-Ungläubiger und Unbuß-
fertiger erwiesen. Ein anderer will nach seinem
Tode den Leichen-Text: HErr, wenn ich nur dich
habe, so frag ich nichts nach Himmel und Erden, etc.
erklähret haben, der doch in seinem Leben sein gantz
Vertrauen zu seinem Geld-Kasten gesetzt, und zu
dem Geld-Klumpen gesagt: Du bist mein Trost.
Vieles andere, welches ich hierbey anführen könte,
zu geschweigen.

§. 11. Das Leben, welches vielmals in den Leich-
Predigten nicht mit berühret worden, wird in denen
Parentationen oder Leich-Abdanckungen vollstän-
diger ausgeführet, und in denselben zugleich denen
Leich-Begleitern vor ihre Mühwaltung gebühren-
der Danck abgestattet. Bißweilen werden sie von
Priestern, mehrentheils aber bey denen vom Adel
von Cavalieren gehalten. Es wäre zu wünschen,
daß die Hinterlassenen allezeit einen geschickten Pa-

renta-

Von Begraͤbniſſen.
ſeltzamen Beicht-Formularien, die ſie ohne Ver-
ſtand herplappern, und ihren Umſtaͤnden bißweilen
im geringſten nicht geziemend, ſondern auch bey ih-
rer Præparation auf den Tod; ſie ſuchen ſich ſolche
Sterbe-Lieder aus, die bey ihrem Leich-Begaͤng-
niß ſolten abgeſungen werden, die ſich doch im ge-
ringſten nicht vor ihren Zuſtand ſchicken. Eine glei-
che Bewandtniß hat es mit der Wahl der Leichen-
Texte/ mancher will mit Paulo ſagen: Jch habe
einen guten Kampff gekaͤmpffet, ich habe Glauben
gehalten u. ſ. w., der doch von dem Kampff eines
Chriſten wenig oder nichts weiß, und ſich in ſeinem
Leben als ein beharrlich-Unglaͤubiger und Unbuß-
fertiger erwieſen. Ein anderer will nach ſeinem
Tode den Leichen-Text: HErr, wenn ich nur dich
habe, ſo frag ich nichts nach Himmel und Erden, ꝛc.
erklaͤhret haben, der doch in ſeinem Leben ſein gantz
Vertrauen zu ſeinem Geld-Kaſten geſetzt, und zu
dem Geld-Klumpen geſagt: Du biſt mein Troſt.
Vieles andere, welches ich hierbey anfuͤhren koͤnte,
zu geſchweigen.

§. 11. Das Leben, welches vielmals in den Leich-
Predigten nicht mit beruͤhret worden, wird in denen
Parentationen oder Leich-Abdanckungen vollſtaͤn-
diger ausgefuͤhret, und in denſelben zugleich denen
Leich-Begleitern vor ihre Muͤhwaltung gebuͤhren-
der Danck abgeſtattet. Bißweilen werden ſie von
Prieſtern, mehrentheils aber bey denen vom Adel
von Cavalieren gehalten. Es waͤre zu wuͤnſchen,
daß die Hinterlaſſenen allezeit einen geſchickten Pa-

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[669/0689] Von Begraͤbniſſen. ſeltzamen Beicht-Formularien, die ſie ohne Ver- ſtand herplappern, und ihren Umſtaͤnden bißweilen im geringſten nicht geziemend, ſondern auch bey ih- rer Præparation auf den Tod; ſie ſuchen ſich ſolche Sterbe-Lieder aus, die bey ihrem Leich-Begaͤng- niß ſolten abgeſungen werden, die ſich doch im ge- ringſten nicht vor ihren Zuſtand ſchicken. Eine glei- che Bewandtniß hat es mit der Wahl der Leichen- Texte/ mancher will mit Paulo ſagen: Jch habe einen guten Kampff gekaͤmpffet, ich habe Glauben gehalten u. ſ. w., der doch von dem Kampff eines Chriſten wenig oder nichts weiß, und ſich in ſeinem Leben als ein beharrlich-Unglaͤubiger und Unbuß- fertiger erwieſen. Ein anderer will nach ſeinem Tode den Leichen-Text: HErr, wenn ich nur dich habe, ſo frag ich nichts nach Himmel und Erden, ꝛc. erklaͤhret haben, der doch in ſeinem Leben ſein gantz Vertrauen zu ſeinem Geld-Kaſten geſetzt, und zu dem Geld-Klumpen geſagt: Du biſt mein Troſt. Vieles andere, welches ich hierbey anfuͤhren koͤnte, zu geſchweigen. §. 11. Das Leben, welches vielmals in den Leich- Predigten nicht mit beruͤhret worden, wird in denen Parentationen oder Leich-Abdanckungen vollſtaͤn- diger ausgefuͤhret, und in denſelben zugleich denen Leich-Begleitern vor ihre Muͤhwaltung gebuͤhren- der Danck abgeſtattet. Bißweilen werden ſie von Prieſtern, mehrentheils aber bey denen vom Adel von Cavalieren gehalten. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß die Hinterlaſſenen allezeit einen geſchickten Pa- renta-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 669. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/689>, abgerufen am 22.11.2024.