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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Trauer.

§. 10. Die Ordnung und Harmonie muß hier-
bey so wohl in Obacht genommen werden, als in
andern Stücken. Es ist wider den Wohlstand,
wenn eine Ceremonie auf die Bürgerliche, die an-
dre auf die Adeliche Weise eingerichtet, ein Stück
der Trauer sehr kostbar, das andre gar zu schlecht,
ein Stück zu tief, das andre nicht tief genug ist.
Die Veränderung der Trauer, die mit der Zeit
vorgenommen wird, muß gegen einander propor-
tioni
rt seyn. Jn dem Trauer-Hause und zu dem
Trauer-Habit müssen alle Handlungen mit einan-
der übereinstimmen, die sich zur Trauer schicken.
Also steht es sehr schlecht, wenn in einem Trauer-
Hause musicirt und gedantzt wird.

§. 11. Die Trauer erstreckt sich zwar nach dem
einmahl eingeführten Gebrauch auf allerhand Klei-
nigkeiten, so gar, daß auch die Briefe, die man an-
dern zuschickt, und das Siegel-Lac trauren müssen;
man muß sich aber hiebey in acht nehmen, daß
man hierinnen nicht gar zu weit gehe, und auf eine
allzugezwungene Weise die Thorheiten einiger
Leute nachahme. Einige wollen in ihrer tieffen
Trauer fast gar nichts buntes im Hause leiden, sie
lassen fast alle Schräncke, Kisten und Kasten ent-
weder schwartz anstreichen, oder mit schwartzen
Tuch verhängen, und es ist Wunder, daß sie in
währendem Trauer-Jahr auf ihren Gütern nicht
auch die bunten Kühe und die bunten Hüner ab-
abschaffen.

§. 12. Es ist auch allzugezwungen, wenn einige,

denen
U u 3
Von der Trauer.

§. 10. Die Ordnung und Harmonie muß hier-
bey ſo wohl in Obacht genommen werden, als in
andern Stuͤcken. Es iſt wider den Wohlſtand,
wenn eine Ceremonie auf die Buͤrgerliche, die an-
dre auf die Adeliche Weiſe eingerichtet, ein Stuͤck
der Trauer ſehr koſtbar, das andre gar zu ſchlecht,
ein Stuͤck zu tief, das andre nicht tief genug iſt.
Die Veraͤnderung der Trauer, die mit der Zeit
vorgenommen wird, muß gegen einander propor-
tioni
rt ſeyn. Jn dem Trauer-Hauſe und zu dem
Trauer-Habit muͤſſen alle Handlungen mit einan-
der uͤbereinſtimmen, die ſich zur Trauer ſchicken.
Alſo ſteht es ſehr ſchlecht, wenn in einem Trauer-
Hauſe muſicirt und gedantzt wird.

§. 11. Die Trauer erſtreckt ſich zwar nach dem
einmahl eingefuͤhrten Gebrauch auf allerhand Klei-
nigkeiten, ſo gar, daß auch die Briefe, die man an-
dern zuſchickt, und das Siegel-Lac trauren muͤſſen;
man muß ſich aber hiebey in acht nehmen, daß
man hierinnen nicht gar zu weit gehe, und auf eine
allzugezwungene Weiſe die Thorheiten einiger
Leute nachahme. Einige wollen in ihrer tieffen
Trauer faſt gar nichts buntes im Hauſe leiden, ſie
laſſen faſt alle Schraͤncke, Kiſten und Kaſten ent-
weder ſchwartz anſtreichen, oder mit ſchwartzen
Tuch verhaͤngen, und es iſt Wunder, daß ſie in
waͤhrendem Trauer-Jahr auf ihren Guͤtern nicht
auch die bunten Kuͤhe und die bunten Huͤner ab-
abſchaffen.

§. 12. Es iſt auch allzugezwungen, wenn einige,

denen
U u 3
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[677/0697] Von der Trauer. §. 10. Die Ordnung und Harmonie muß hier- bey ſo wohl in Obacht genommen werden, als in andern Stuͤcken. Es iſt wider den Wohlſtand, wenn eine Ceremonie auf die Buͤrgerliche, die an- dre auf die Adeliche Weiſe eingerichtet, ein Stuͤck der Trauer ſehr koſtbar, das andre gar zu ſchlecht, ein Stuͤck zu tief, das andre nicht tief genug iſt. Die Veraͤnderung der Trauer, die mit der Zeit vorgenommen wird, muß gegen einander propor- tionirt ſeyn. Jn dem Trauer-Hauſe und zu dem Trauer-Habit muͤſſen alle Handlungen mit einan- der uͤbereinſtimmen, die ſich zur Trauer ſchicken. Alſo ſteht es ſehr ſchlecht, wenn in einem Trauer- Hauſe muſicirt und gedantzt wird. §. 11. Die Trauer erſtreckt ſich zwar nach dem einmahl eingefuͤhrten Gebrauch auf allerhand Klei- nigkeiten, ſo gar, daß auch die Briefe, die man an- dern zuſchickt, und das Siegel-Lac trauren muͤſſen; man muß ſich aber hiebey in acht nehmen, daß man hierinnen nicht gar zu weit gehe, und auf eine allzugezwungene Weiſe die Thorheiten einiger Leute nachahme. Einige wollen in ihrer tieffen Trauer faſt gar nichts buntes im Hauſe leiden, ſie laſſen faſt alle Schraͤncke, Kiſten und Kaſten ent- weder ſchwartz anſtreichen, oder mit ſchwartzen Tuch verhaͤngen, und es iſt Wunder, daß ſie in waͤhrendem Trauer-Jahr auf ihren Guͤtern nicht auch die bunten Kuͤhe und die bunten Huͤner ab- abſchaffen. §. 12. Es iſt auch allzugezwungen, wenn einige, denen U u 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 677. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/697>, abgerufen am 22.11.2024.