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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von dem Titul-Wesen und Praedicaten.
hern oder geringern Umständen befinden, abson-
dert. Die Praedicate aber sind die Nahmen einer
Bedienung, damit ein grosser Herr einen andern
beehret, er mag nun derselben würcklich vorstehen
oder nicht. Die Titulaturen sind entweder No-
mina Adjectiva,
als Hochwürdig, Wohlgebohren,
Hoch-Edel u. s. w. oder Substantiva, die aus den
Adjectivis gemeiniglich erwachsen, als Jhro Gna-
den, Jhro Hochwürden, Jhro Excellenz, Jhro
Durchlauchtigkeit u. s. w.

§. 2. Die Titul und Ehren-Stellen haben in
den ältisten Zeiten ihren ersten und rechten Ursprung
aus der Tugend hergehohlt. Die sich in den
Krieges-Actionen, wider die Feinde signalisirt,
wurden Mannhaffte benennet, die sich in dem geist-
lichen Stande vor andern einer besondern Devo-
tion
beflissen, achtete man vor Würdige und An-
dächtige, und legte ihnen dahero diese Titulatur
bey, die sich sonsten durch ihr löbliches Beginnen
Verdienste zuwege gebracht, hieß man die Edlen
u. s. w. und also zeigten die Titul damahls allezeit
die Verdienste an, und die Leute waren dasjenige
in der That, was man sie nennte. Diese Benen-
nungen gefielen den andern, weil sie sahen, daß sie
mit mancherley Praerogativen vergesellschafftet
waren, da sie aber sich nicht durch eigne Tugenden
den Weg hiezu bahnen konten, so sahen sie, wie
sie sonst dieser Titul theilhafftig wurden. Sie
bemühten sich, es bey großen Herren dahin zu brin-
gen, daß man sie doch auch für solche verdiente Leute

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Von dem Titul-Weſen und Prædicaten.
hern oder geringern Umſtaͤnden befinden, abſon-
dert. Die Prædicate aber ſind die Nahmen einer
Bedienung, damit ein groſſer Herr einen andern
beehret, er mag nun derſelben wuͤrcklich vorſtehen
oder nicht. Die Titulaturen ſind entweder No-
mina Adjectiva,
als Hochwuͤrdig, Wohlgebohren,
Hoch-Edel u. ſ. w. oder Subſtantiva, die aus den
Adjectivis gemeiniglich erwachſen, als Jhro Gna-
den, Jhro Hochwuͤrden, Jhro Excellenz, Jhro
Durchlauchtigkeit u. ſ. w.

§. 2. Die Titul und Ehren-Stellen haben in
den aͤltiſten Zeiten ihren erſten und rechten Urſprung
aus der Tugend hergehohlt. Die ſich in den
Krieges-Actionen, wider die Feinde ſignaliſirt,
wurden Mannhaffte benennet, die ſich in dem geiſt-
lichen Stande vor andern einer beſondern Devo-
tion
befliſſen, achtete man vor Wuͤrdige und An-
daͤchtige, und legte ihnen dahero dieſe Titulatur
bey, die ſich ſonſten durch ihr loͤbliches Beginnen
Verdienſte zuwege gebracht, hieß man die Edlen
u. ſ. w. und alſo zeigten die Titul damahls allezeit
die Verdienſte an, und die Leute waren dasjenige
in der That, was man ſie nennte. Dieſe Benen-
nungen gefielen den andern, weil ſie ſahen, daß ſie
mit mancherley Prærogativen vergeſellſchafftet
waren, da ſie aber ſich nicht durch eigne Tugenden
den Weg hiezu bahnen konten, ſo ſahen ſie, wie
ſie ſonſt dieſer Titul theilhafftig wurden. Sie
bemuͤhten ſich, es bey großen Herren dahin zu brin-
gen, daß man ſie doch auch fuͤr ſolche verdiente Leute

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[55/0075] Von dem Titul-Weſen und Prædicaten. hern oder geringern Umſtaͤnden befinden, abſon- dert. Die Prædicate aber ſind die Nahmen einer Bedienung, damit ein groſſer Herr einen andern beehret, er mag nun derſelben wuͤrcklich vorſtehen oder nicht. Die Titulaturen ſind entweder No- mina Adjectiva, als Hochwuͤrdig, Wohlgebohren, Hoch-Edel u. ſ. w. oder Subſtantiva, die aus den Adjectivis gemeiniglich erwachſen, als Jhro Gna- den, Jhro Hochwuͤrden, Jhro Excellenz, Jhro Durchlauchtigkeit u. ſ. w. §. 2. Die Titul und Ehren-Stellen haben in den aͤltiſten Zeiten ihren erſten und rechten Urſprung aus der Tugend hergehohlt. Die ſich in den Krieges-Actionen, wider die Feinde ſignaliſirt, wurden Mannhaffte benennet, die ſich in dem geiſt- lichen Stande vor andern einer beſondern Devo- tion befliſſen, achtete man vor Wuͤrdige und An- daͤchtige, und legte ihnen dahero dieſe Titulatur bey, die ſich ſonſten durch ihr loͤbliches Beginnen Verdienſte zuwege gebracht, hieß man die Edlen u. ſ. w. und alſo zeigten die Titul damahls allezeit die Verdienſte an, und die Leute waren dasjenige in der That, was man ſie nennte. Dieſe Benen- nungen gefielen den andern, weil ſie ſahen, daß ſie mit mancherley Prærogativen vergeſellſchafftet waren, da ſie aber ſich nicht durch eigne Tugenden den Weg hiezu bahnen konten, ſo ſahen ſie, wie ſie ſonſt dieſer Titul theilhafftig wurden. Sie bemuͤhten ſich, es bey großen Herren dahin zu brin- gen, daß man ſie doch auch fuͤr ſolche verdiente Leute anſe- D 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/75>, abgerufen am 23.11.2024.