ansehen möchte, die Söhne bathen sich aus, daß man sie eben so wie ihre Väter beehrte; Hiebey fanden sich Schmeichler, die sich um ihres Eigen- nutzes willen nach den Ehr-Geitz solcher Leute rich- teten, und ihnen dergleichen Ehren-Benennungen gaben, und so wurden nach und nach die Wörter, mit denen man sonst die Verdienste tugendhaffter Leute beehret hatte, zu bloßen Nahmen und Tituln.
§. 3. Die Zeiten haben bey den Titul-Wesen einen sehr grossen Unterscheid eingeführt. Wer in der alten teutschen Historie nur ein wenig bekandt, der weiß, daß vor diesen die Benennung Schalck, Kerl, Hachen, Vund, und dergleichen, den starcken, tapffern Helden und jungen Edelleuten zugeschrie- ben worden. Siehe Joh. Matthesii 43. Sündfluths- Predigt. Man komme aber jetzund aufgezogen, und nenne einen jetzigen von Adel einen Vund, und einen starcken, rüstigen Krieges-Mann, einen Ha- chen oder Hengst, wie jener König der Sachsen und Britonen hieß, so wird er ihn gewiß auf das Duell- Manda-verklagen. Manche Titul wurden ehedes- sen Hof- und Staats-Leuten beygelegt, mit denen jetzund kaum die Gelehrten wollen zufrieden seyn/ wovon Baudisii Dissertation de Titulis quibus- dam olim aulicis, nunc vero academicis, nach- zulesen.
§. 4. Die Titul sind nicht allein von ein paar Seculis, sondern auch nur von ein 50. Jahren her gewaltig gestiegen, vor zwey biß dreyhundert Jah-
ren
I. Theil. III. Capitul.
anſehen moͤchte, die Soͤhne bathen ſich aus, daß man ſie eben ſo wie ihre Vaͤter beehrte; Hiebey fanden ſich Schmeichler, die ſich um ihres Eigen- nutzes willen nach den Ehr-Geitz ſolcher Leute rich- teten, und ihnen dergleichen Ehren-Benennungen gaben, und ſo wurden nach und nach die Woͤrter, mit denen man ſonſt die Verdienſte tugendhaffter Leute beehret hatte, zu bloßen Nahmen und Tituln.
§. 3. Die Zeiten haben bey den Titul-Weſen einen ſehr groſſen Unterſcheid eingefuͤhrt. Wer in der alten teutſchen Hiſtorie nur ein wenig bekandt, der weiß, daß vor dieſen die Benennung Schalck, Kerl, Hachen, Vund, und dergleichen, den ſtarcken, tapffern Helden und jungen Edelleuten zugeſchrie- ben worden. Siehe Joh. Mattheſii 43. Suͤndfluths- Predigt. Man komme aber jetzund aufgezogen, und nenne einen jetzigen von Adel einen Vund, und einen ſtarcken, ruͤſtigen Krieges-Mann, einen Ha- chen oder Hengſt, wie jener Koͤnig der Sachſen und Britonen hieß, ſo wird er ihn gewiß auf das Duell- Manda-verklagen. Manche Titul wurden ehedeſ- ſen Hof- und Staats-Leuten beygelegt, mit denen jetzund kaum die Gelehrten wollen zufrieden ſeyn/ wovon Baudiſii Diſſertation de Titulis quibus- dam olim aulicis, nunc vero academicis, nach- zuleſen.
§. 4. Die Titul ſind nicht allein von ein paar Seculis, ſondern auch nur von ein 50. Jahren her gewaltig geſtiegen, vor zwey biß dreyhundert Jah-
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I. Theil. III. Capitul.
anſehen moͤchte, die Soͤhne bathen ſich aus, daß
man ſie eben ſo wie ihre Vaͤter beehrte; Hiebey
fanden ſich Schmeichler, die ſich um ihres Eigen-
nutzes willen nach den Ehr-Geitz ſolcher Leute rich-
teten, und ihnen dergleichen Ehren-Benennungen
gaben, und ſo wurden nach und nach die Woͤrter,
mit denen man ſonſt die Verdienſte tugendhaffter
Leute beehret hatte, zu bloßen Nahmen und
Tituln.
§. 3. Die Zeiten haben bey den Titul-Weſen
einen ſehr groſſen Unterſcheid eingefuͤhrt. Wer in
der alten teutſchen Hiſtorie nur ein wenig bekandt,
der weiß, daß vor dieſen die Benennung Schalck,
Kerl, Hachen, Vund, und dergleichen, den ſtarcken,
tapffern Helden und jungen Edelleuten zugeſchrie-
ben worden. Siehe Joh. Mattheſii 43. Suͤndfluths-
Predigt. Man komme aber jetzund aufgezogen,
und nenne einen jetzigen von Adel einen Vund, und
einen ſtarcken, ruͤſtigen Krieges-Mann, einen Ha-
chen oder Hengſt, wie jener Koͤnig der Sachſen und
Britonen hieß, ſo wird er ihn gewiß auf das Duell-
Manda-verklagen. Manche Titul wurden ehedeſ-
ſen Hof- und Staats-Leuten beygelegt, mit denen
jetzund kaum die Gelehrten wollen zufrieden ſeyn/
wovon Baudiſii Diſſertation de Titulis quibus-
dam olim aulicis, nunc vero academicis, nach-
zuleſen.
§. 4. Die Titul ſind nicht allein von ein paar
Seculis, ſondern auch nur von ein 50. Jahren her
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/76>, abgerufen am 23.11.2024.
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