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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von dem Titul-Wesen und Praedicaten.
Krafft. Ob schon einige in ihren Schrifften be-
haupten, daß das Ehren-Wort Jungfer bloß den
Doctor-Töchtern, und denen die mit ihnen in glei-
chem Rang und Würden stünden, zukäme, und daß
hingentheils dir Töchter der Kaufleute und der an-
dern bloße Kauffmanns-Mädgen solten genennt
werden, so werden sie dem ungeacht, doch wohl in
dem Posseß des Jungferlichen Tituls bleiben; Jch
halte auch davor, daß das Frauenzimmer von ge-
ringen Stande um desto eher diese Benennung be-
halten kan, weil manchen, die zwar bürgerlichen
Standes, aber höherer Condition, dieser Titul gar
spöttisch und verächtlich vorkommt, in massen sie da-
vor lieber Demoiselle wollen genennt seyn.

§. 13. Hiebey erinnere mich, was der Autor der
Europäischen Fama, in dem XXsten Theil p. 795.
anführt. Er meldet, daß man Anno 1703. in
Franckreich, von alle dem Frauenzimmer, welche
sich mit Unrecht Madame nennen liessen, eine gewis-
se Accise abgefordert; Es wäre aber nachgehends
bald wieder geändert worden, denn man hätte dem
König erwiesen, daß in Franckreich wenig Frauen-
zimmer über 14. Jahr anzutreffen, welche sich mit
Unrecht Madame nennten: Jhro Majestät würden
also viel besser fahren, wenn sie den Befehl änder-
ten, und auf den unrechten Gebrauch des Wortes
Demoiselle etwas gewisses legten, weil man so
wohl in Franckreich, als andern Ländern wahrge-
nommen, daß dieser Titul treflich gemißbrauchet,
und mancher Mensch dadurch betrogen würde.

§. 14.
E

Von dem Titul-Weſen und Prædicaten.
Krafft. Ob ſchon einige in ihren Schrifften be-
haupten, daß das Ehren-Wort Jungfer bloß den
Doctor-Toͤchtern, und denen die mit ihnen in glei-
chem Rang und Wuͤrden ſtuͤnden, zukaͤme, und daß
hingentheils dir Toͤchter der Kaufleute und der an-
dern bloße Kauffmanns-Maͤdgen ſolten genennt
werden, ſo werden ſie dem ungeacht, doch wohl in
dem Poſſeß des Jungferlichen Tituls bleiben; Jch
halte auch davor, daß das Frauenzimmer von ge-
ringen Stande um deſto eher dieſe Benennung be-
halten kan, weil manchen, die zwar buͤrgerlichen
Standes, aber hoͤherer Condition, dieſer Titul gar
ſpoͤttiſch und veraͤchtlich vorkommt, in maſſen ſie da-
vor lieber Demoiſelle wollen genennt ſeyn.

§. 13. Hiebey erinnere mich, was der Autor der
Europaͤiſchen Fama, in dem XXſten Theil p. 795.
anfuͤhrt. Er meldet, daß man Anno 1703. in
Franckreich, von alle dem Frauenzimmer, welche
ſich mit Unrecht Madame nennen lieſſen, eine gewiſ-
ſe Acciſe abgefordert; Es waͤre aber nachgehends
bald wieder geaͤndert worden, denn man haͤtte dem
Koͤnig erwieſen, daß in Franckreich wenig Frauen-
zimmer uͤber 14. Jahr anzutreffen, welche ſich mit
Unrecht Madame nennten: Jhro Majeſtaͤt wuͤrden
alſo viel beſſer fahren, wenn ſie den Befehl aͤnder-
ten, und auf den unrechten Gebrauch des Wortes
Demoiſelle etwas gewiſſes legten, weil man ſo
wohl in Franckreich, als andern Laͤndern wahrge-
nommen, daß dieſer Titul treflich gemißbrauchet,
und mancher Menſch dadurch betrogen wuͤrde.

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[65/0085] Von dem Titul-Weſen und Prædicaten. Krafft. Ob ſchon einige in ihren Schrifften be- haupten, daß das Ehren-Wort Jungfer bloß den Doctor-Toͤchtern, und denen die mit ihnen in glei- chem Rang und Wuͤrden ſtuͤnden, zukaͤme, und daß hingentheils dir Toͤchter der Kaufleute und der an- dern bloße Kauffmanns-Maͤdgen ſolten genennt werden, ſo werden ſie dem ungeacht, doch wohl in dem Poſſeß des Jungferlichen Tituls bleiben; Jch halte auch davor, daß das Frauenzimmer von ge- ringen Stande um deſto eher dieſe Benennung be- halten kan, weil manchen, die zwar buͤrgerlichen Standes, aber hoͤherer Condition, dieſer Titul gar ſpoͤttiſch und veraͤchtlich vorkommt, in maſſen ſie da- vor lieber Demoiſelle wollen genennt ſeyn. §. 13. Hiebey erinnere mich, was der Autor der Europaͤiſchen Fama, in dem XXſten Theil p. 795. anfuͤhrt. Er meldet, daß man Anno 1703. in Franckreich, von alle dem Frauenzimmer, welche ſich mit Unrecht Madame nennen lieſſen, eine gewiſ- ſe Acciſe abgefordert; Es waͤre aber nachgehends bald wieder geaͤndert worden, denn man haͤtte dem Koͤnig erwieſen, daß in Franckreich wenig Frauen- zimmer uͤber 14. Jahr anzutreffen, welche ſich mit Unrecht Madame nennten: Jhro Majeſtaͤt wuͤrden alſo viel beſſer fahren, wenn ſie den Befehl aͤnder- ten, und auf den unrechten Gebrauch des Wortes Demoiſelle etwas gewiſſes legten, weil man ſo wohl in Franckreich, als andern Laͤndern wahrge- nommen, daß dieſer Titul treflich gemißbrauchet, und mancher Menſch dadurch betrogen wuͤrde. §. 14. E

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/85>, abgerufen am 27.11.2024.