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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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I. Theil. VIII. Capitul.
und man zehlet auf iedem Gange bißweilen dreys-
sig, vierzig und funfzig Speisen. So offt als ein
neuer Gang aufgesetzet wird, werden gar offters die
Tafeltücher und die Services verändert, und bey
dem letzten Aufsatz der Confituren gemeiniglich
Teller von dem schönsten Porcelain herum ge-
legt.

§. 23. Jedoch findet man auch wohl bey unse-
rer Zeit, hohe und gecrönte Häupter, die sich ohne
das Confect, wenn sie auch schon en public spei-
sen, nicht mehr bey ihrer gewöhnlichen Tafel, als
zwölff biß achtzehn Speisen in zwey Gängen auf-
setzen lassen. Ja einige nehmen wohl gar mit 6
biß 8 Speisen vorlieb, die nach gemeiner Hauß-
manns-Kost, und ohne die Französischen Olapa-
tri
en, ordentlich und schmackhafft zugerichtet.

§. 24. Die Fournirungen der Speisen werden
nach dem Befehl des Ober-Hof-Marschalls,
Hauß-Marschalls, Ober-Küchen-Meisters, oder
bloß des Küchen-Meisters, eingerichtet. Die
Speise-Ordnungen sind höchst different, und kön-
nen unmöglich in allgemeine Regeln und Classen
gebracht werden. Anders sind sie nach dem Un-
terschied der Jahres-Zeiten bey den Römisch-Ca-
tholischen, anders bey den Evangelischen, anders
bey den Teutschen Puissancen, anders bey den an-
dern Europäischen. Auf den Tafeln der Jtaliä-
nischen Fürsten siehet man viel Garten-Früchte
und Confituren, auf den Französischen ungemein
viel Gebackens-Werck, auf den Englischen und

Nor-

I. Theil. VIII. Capitul.
und man zehlet auf iedem Gange bißweilen dreyſ-
ſig, vierzig und funfzig Speiſen. So offt als ein
neuer Gang aufgeſetzet wird, werden gar offters die
Tafeltuͤcher und die Services veraͤndert, und bey
dem letzten Aufſatz der Confituren gemeiniglich
Teller von dem ſchoͤnſten Porcelain herum ge-
legt.

§. 23. Jedoch findet man auch wohl bey unſe-
rer Zeit, hohe und gecroͤnte Haͤupter, die ſich ohne
das Confect, wenn ſie auch ſchon en public ſpei-
ſen, nicht mehr bey ihrer gewoͤhnlichen Tafel, als
zwoͤlff biß achtzehn Speiſen in zwey Gaͤngen auf-
ſetzen laſſen. Ja einige nehmen wohl gar mit 6
biß 8 Speiſen vorlieb, die nach gemeiner Hauß-
manns-Koſt, und ohne die Franzoͤſiſchen Olapa-
tri
en, ordentlich und ſchmackhafft zugerichtet.

§. 24. Die Fournirungen der Speiſen werden
nach dem Befehl des Ober-Hof-Marſchalls,
Hauß-Marſchalls, Ober-Kuͤchen-Meiſters, oder
bloß des Kuͤchen-Meiſters, eingerichtet. Die
Speiſe-Ordnungen ſind hoͤchſt different, und koͤn-
nen unmoͤglich in allgemeine Regeln und Claſſen
gebracht werden. Anders ſind ſie nach dem Un-
terſchied der Jahres-Zeiten bey den Roͤmiſch-Ca-
tholiſchen, anders bey den Evangeliſchen, anders
bey den Teutſchen Puiſſancen, anders bey den an-
dern Europaͤiſchen. Auf den Tafeln der Jtaliaͤ-
niſchen Fuͤrſten ſiehet man viel Garten-Fruͤchte
und Confituren, auf den Franzoͤſiſchen ungemein
viel Gebackens-Werck, auf den Engliſchen und

Nor-
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[100/0124] I. Theil. VIII. Capitul. und man zehlet auf iedem Gange bißweilen dreyſ- ſig, vierzig und funfzig Speiſen. So offt als ein neuer Gang aufgeſetzet wird, werden gar offters die Tafeltuͤcher und die Services veraͤndert, und bey dem letzten Aufſatz der Confituren gemeiniglich Teller von dem ſchoͤnſten Porcelain herum ge- legt. §. 23. Jedoch findet man auch wohl bey unſe- rer Zeit, hohe und gecroͤnte Haͤupter, die ſich ohne das Confect, wenn ſie auch ſchon en public ſpei- ſen, nicht mehr bey ihrer gewoͤhnlichen Tafel, als zwoͤlff biß achtzehn Speiſen in zwey Gaͤngen auf- ſetzen laſſen. Ja einige nehmen wohl gar mit 6 biß 8 Speiſen vorlieb, die nach gemeiner Hauß- manns-Koſt, und ohne die Franzoͤſiſchen Olapa- trien, ordentlich und ſchmackhafft zugerichtet. §. 24. Die Fournirungen der Speiſen werden nach dem Befehl des Ober-Hof-Marſchalls, Hauß-Marſchalls, Ober-Kuͤchen-Meiſters, oder bloß des Kuͤchen-Meiſters, eingerichtet. Die Speiſe-Ordnungen ſind hoͤchſt different, und koͤn- nen unmoͤglich in allgemeine Regeln und Claſſen gebracht werden. Anders ſind ſie nach dem Un- terſchied der Jahres-Zeiten bey den Roͤmiſch-Ca- tholiſchen, anders bey den Evangeliſchen, anders bey den Teutſchen Puiſſancen, anders bey den an- dern Europaͤiſchen. Auf den Tafeln der Jtaliaͤ- niſchen Fuͤrſten ſiehet man viel Garten-Fruͤchte und Confituren, auf den Franzoͤſiſchen ungemein viel Gebackens-Werck, auf den Engliſchen und Nor-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/124>, abgerufen am 21.11.2024.