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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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I. Theil. VIII. Capitul.
mes de la Chambre, und die Vornehmsten des
Reichs, ja alle Printzen vom Geblüthe, Cardinäle,
und Marechaux de France warteten bey der Ta-
fel stehend auf, welches aber des Abends nicht ge-
schahe.

§. 54. Bißweilen werden die Speisen, nach dem
Unterschied der Höfe, mit besondern Ceremonien,
die an einem ieden Orte eingeführet, vorher creden-
tzet. Es nimmt entweder der Vorschneider ein
Stückchen locker Brodt, so an einer langen Gabel
steckt, fähret damit über alle Schüsseln und Spei-
sen, und nachdem er solche credentzet/ giebt er die
Gabel an den Tafeldecker/ oder ein gewisser Offi-
ciant
e, der neben dem Vorschneider stehet, deckt
alle Schüsseln auf, und zeiget sie dem Fürsten; zu
welchen er nun Belieben trägt, die werden cre-
den
tzt, und bleiben auf den Tafeln stehen, die übri-
gen aber weggetragen. Diejenigen, so die Spei-
sen credentzet, müssen auch gemeiniglich das Brodt
hernach essen.

§. 55. Das Geträncke wird ebenfalls vorher,
ehe sie es den Königlichen oder Fürstlichen Perso-
nen praesentiren, von dem Mundschencken creden-
tzet, und zu manchen Zeiten, wo man sich etwan ei-
niges Verdachts vermuthend ist, noch grössere Be-
hutsamkeit dabey angewendet, als zu einer andern.
Wenn Königliche oder Fürstliche Personen bey
sehr grossen Solennitäten zu trincken begehren, so
holen die servirenden Cammer-Juncker das Glaß,
oder den Becher, und geben es dem Cammerherrn,

der

I. Theil. VIII. Capitul.
mes de la Chambre, und die Vornehmſten des
Reichs, ja alle Printzen vom Gebluͤthe, Cardinaͤle,
und Marechaux de France warteten bey der Ta-
fel ſtehend auf, welches aber des Abends nicht ge-
ſchahe.

§. 54. Bißweilen werden die Speiſen, nach dem
Unterſchied der Hoͤfe, mit beſondern Ceremonien,
die an einem ieden Orte eingefuͤhret, vorher creden-
tzet. Es nimmt entweder der Vorſchneider ein
Stuͤckchen locker Brodt, ſo an einer langen Gabel
ſteckt, faͤhret damit uͤber alle Schuͤſſeln und Spei-
ſen, und nachdem er ſolche credentzet/ giebt er die
Gabel an den Tafeldecker/ oder ein gewiſſer Offi-
ciant
e, der neben dem Vorſchneider ſtehet, deckt
alle Schuͤſſeln auf, und zeiget ſie dem Fuͤrſten; zu
welchen er nun Belieben traͤgt, die werden cre-
den
tzt, und bleiben auf den Tafeln ſtehen, die uͤbri-
gen aber weggetragen. Diejenigen, ſo die Spei-
ſen credentzet, muͤſſen auch gemeiniglich das Brodt
hernach eſſen.

§. 55. Das Getraͤncke wird ebenfalls vorher,
ehe ſie es den Koͤniglichen oder Fuͤrſtlichen Perſo-
nen præſentiren, von dem Mundſchencken creden-
tzet, und zu manchen Zeiten, wo man ſich etwan ei-
niges Verdachts vermuthend iſt, noch groͤſſere Be-
hutſamkeit dabey angewendet, als zu einer andern.
Wenn Koͤnigliche oder Fuͤrſtliche Perſonen bey
ſehr groſſen Solennitaͤten zu trincken begehren, ſo
holen die ſervirenden Cammer-Juncker das Glaß,
oder den Becher, und geben es dem Cammerherrn,

der
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[114/0138] I. Theil. VIII. Capitul. mes de la Chambre, und die Vornehmſten des Reichs, ja alle Printzen vom Gebluͤthe, Cardinaͤle, und Marechaux de France warteten bey der Ta- fel ſtehend auf, welches aber des Abends nicht ge- ſchahe. §. 54. Bißweilen werden die Speiſen, nach dem Unterſchied der Hoͤfe, mit beſondern Ceremonien, die an einem ieden Orte eingefuͤhret, vorher creden- tzet. Es nimmt entweder der Vorſchneider ein Stuͤckchen locker Brodt, ſo an einer langen Gabel ſteckt, faͤhret damit uͤber alle Schuͤſſeln und Spei- ſen, und nachdem er ſolche credentzet/ giebt er die Gabel an den Tafeldecker/ oder ein gewiſſer Offi- ciante, der neben dem Vorſchneider ſtehet, deckt alle Schuͤſſeln auf, und zeiget ſie dem Fuͤrſten; zu welchen er nun Belieben traͤgt, die werden cre- dentzt, und bleiben auf den Tafeln ſtehen, die uͤbri- gen aber weggetragen. Diejenigen, ſo die Spei- ſen credentzet, muͤſſen auch gemeiniglich das Brodt hernach eſſen. §. 55. Das Getraͤncke wird ebenfalls vorher, ehe ſie es den Koͤniglichen oder Fuͤrſtlichen Perſo- nen præſentiren, von dem Mundſchencken creden- tzet, und zu manchen Zeiten, wo man ſich etwan ei- niges Verdachts vermuthend iſt, noch groͤſſere Be- hutſamkeit dabey angewendet, als zu einer andern. Wenn Koͤnigliche oder Fuͤrſtliche Perſonen bey ſehr groſſen Solennitaͤten zu trincken begehren, ſo holen die ſervirenden Cammer-Juncker das Glaß, oder den Becher, und geben es dem Cammerherrn, der

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/138>, abgerufen am 18.05.2024.