§. 7. Hat sich ein völlig souverainer Fürst eine Gemahlin von gantz geringen Stande ausgesucht, so geneust so wohl die Gemahlin als auch die Kin- der, die er mit ihr im rechtmäßigen Ehebette erzeu- get, in allen Stücken die Rechte und Privilegia, die ihrem respective Gemahl und Vater eigenthüm- lich sind. Doch dieses hat eine andere Bewandt- niß mit den Fürsten in Teutschland. Denn wo sich diese bey ihrer Vermählung allzu sehr erniedri- gen, so haben sie bißweilen viel und grosse Mühe, bevor sie es bey des Römischen Kaysers Majestät und bey ihren Hoch-Fürstlichen Agnaten dahin bringen, daß ihre Ehegatten und ihre aus solcher ungleichen Ehe herkommenden Descendenten vor Fürstlich erkandt werden. Jst die Vermählung ausserhalb Landes geschehen, so erfolgt wohl gar manchmahl vom Kayserlichen Hof ein Verboth, daß sie ihre Ehe-Consortin in die Fürstlichen Lande nicht bringen sollen. Zu Zeiten werden die Kinder in den Grafen-Stand erhoben, und inzwischen doch der Succession der Lande vor unfähig er- kandt.
§. 8. Ob es schon bey einigen barbarischen, auch wohl in den ältesten Zeiten bey einigen Europäi- schen und mitternächtischen Völckern im Gebrauch gewesen, daß die natürlichen, oder von einer Mai- tresse ausser der Ehe erzeugten Kinder ihren Vä- tern in der Succession gefolget so sind sie dennoch in den neuern Zeiten/ nach dem allgemeinen Völ- cker-Recht, und den Fundamental-Gesetzen der
wohl-
Von der Hochfuͤrſtl. Familie uͤberhaupt.
§. 7. Hat ſich ein voͤllig ſouverainer Fuͤrſt eine Gemahlin von gantz geringen Stande ausgeſucht, ſo geneuſt ſo wohl die Gemahlin als auch die Kin- der, die er mit ihr im rechtmaͤßigen Ehebette erzeu- get, in allen Stuͤcken die Rechte und Privilegia, die ihrem reſpective Gemahl und Vater eigenthuͤm- lich ſind. Doch dieſes hat eine andere Bewandt- niß mit den Fuͤrſten in Teutſchland. Denn wo ſich dieſe bey ihrer Vermaͤhlung allzu ſehr erniedri- gen, ſo haben ſie bißweilen viel und groſſe Muͤhe, bevor ſie es bey des Roͤmiſchen Kayſers Majeſtaͤt und bey ihren Hoch-Fuͤrſtlichen Agnaten dahin bringen, daß ihre Ehegatten und ihre aus ſolcher ungleichen Ehe herkommenden Deſcendenten vor Fuͤrſtlich erkandt werden. Jſt die Vermaͤhlung auſſerhalb Landes geſchehen, ſo erfolgt wohl gar manchmahl vom Kayſerlichen Hof ein Verboth, daß ſie ihre Ehe-Conſortin in die Fuͤrſtlichen Lande nicht bringen ſollen. Zu Zeiten werden die Kinder in den Grafen-Stand erhoben, und inzwiſchen doch der Succeſſion der Lande vor unfaͤhig er- kandt.
§. 8. Ob es ſchon bey einigen barbariſchen, auch wohl in den aͤlteſten Zeiten bey einigen Europaͤi- ſchen und mitternaͤchtiſchen Voͤlckern im Gebrauch geweſen, daß die natuͤrlichen, oder von einer Mai- treſſe auſſer der Ehe erzeugten Kinder ihren Vaͤ- tern in der Succeſſion gefolget ſo ſind ſie dennoch in den neuern Zeiten/ nach dem allgemeinen Voͤl- cker-Recht, und den Fundamental-Geſetzen der
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Von der Hochfuͤrſtl. Familie uͤberhaupt.
§. 7. Hat ſich ein voͤllig ſouverainer Fuͤrſt eine
Gemahlin von gantz geringen Stande ausgeſucht,
ſo geneuſt ſo wohl die Gemahlin als auch die Kin-
der, die er mit ihr im rechtmaͤßigen Ehebette erzeu-
get, in allen Stuͤcken die Rechte und Privilegia, die
ihrem reſpective Gemahl und Vater eigenthuͤm-
lich ſind. Doch dieſes hat eine andere Bewandt-
niß mit den Fuͤrſten in Teutſchland. Denn wo
ſich dieſe bey ihrer Vermaͤhlung allzu ſehr erniedri-
gen, ſo haben ſie bißweilen viel und groſſe Muͤhe,
bevor ſie es bey des Roͤmiſchen Kayſers Majeſtaͤt
und bey ihren Hoch-Fuͤrſtlichen Agnaten dahin
bringen, daß ihre Ehegatten und ihre aus ſolcher
ungleichen Ehe herkommenden Deſcendenten vor
Fuͤrſtlich erkandt werden. Jſt die Vermaͤhlung
auſſerhalb Landes geſchehen, ſo erfolgt wohl gar
manchmahl vom Kayſerlichen Hof ein Verboth,
daß ſie ihre Ehe-Conſortin in die Fuͤrſtlichen Lande
nicht bringen ſollen. Zu Zeiten werden die Kinder
in den Grafen-Stand erhoben, und inzwiſchen
doch der Succeſſion der Lande vor unfaͤhig er-
kandt.
§. 8. Ob es ſchon bey einigen barbariſchen, auch
wohl in den aͤlteſten Zeiten bey einigen Europaͤi-
ſchen und mitternaͤchtiſchen Voͤlckern im Gebrauch
geweſen, daß die natuͤrlichen, oder von einer Mai-
treſſe auſſer der Ehe erzeugten Kinder ihren Vaͤ-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/243>, abgerufen am 24.11.2024.
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