chen Leuten kund werden; manchmahl werden auch die gantzen Acta, die in der Sache ergangen, weggelegt und bey Seite geschafft, daß sie nachge- hends niemand mehr zu Gesicht kommen.
§. 44. Solte bey sehr harten Verbrechen gar ein Todes-Urthel gesprochen werden, so geschicht die Execution des Urthels entweder öffentlich, oder gantz in geheim, ohne daß iemand etwas davon er- fähret, im Gefängniß nach der Wichtigkeit des Verbrechens, nach der Beschaffenheit der Offician- ten, und nach Grösse der Ungnade und des Zorns, die ein Regent auf seinen Diener geworffen, und nach den Regeln der Klugheit, die hierbey in Be- trachtung zu ziehen.
§. 45. Unter andern Hof-Gebräuchen die man bey den Hof-Bedienten wahrnimmt, ist auch das Wehrhafft machen der Pagen, welches mit beson- dern Ceremonien zu geschehen pflegt. Jst der Tag zum Wehrhafftmachen angesetzt, so läst der Fürst in Beyseyn seiner Gemahlin, und des Hof-Mar- schalls oder Hauß-Marschalls, und einiger andern von der Hofstatt, den Pagen zu sich fordern, rühmet seine gute Aufführung, verehrt ihm einen Degen, ertheilt ihm gute Vermahnungen, wie er sich dieses Degens zur Beschützung der Ehre GOttes, des Vaterlandes, und seines eigenen Lebens bedienen solle, und declarirt ihn hierdurch vor einen Cavalier. Will er ihm besondere Gnade erzeigen, so verehret er ihm noch wohl über dieses ein schön Pferd, ein neu Kleid, einen Beutel mit Geld, u. s. w. Wenn
es
I. Theil. XIV. Capitul.
chen Leuten kund werden; manchmahl werden auch die gantzen Acta, die in der Sache ergangen, weggelegt und bey Seite geſchafft, daß ſie nachge- hends niemand mehr zu Geſicht kommen.
§. 44. Solte bey ſehr harten Verbrechen gar ein Todes-Urthel geſprochen werden, ſo geſchicht die Execution des Urthels entweder oͤffentlich, oder gantz in geheim, ohne daß iemand etwas davon er- faͤhret, im Gefaͤngniß nach der Wichtigkeit des Verbrechens, nach der Beſchaffenheit der Offician- ten, und nach Groͤſſe der Ungnade und des Zorns, die ein Regent auf ſeinen Diener geworffen, und nach den Regeln der Klugheit, die hierbey in Be- trachtung zu ziehen.
§. 45. Unter andern Hof-Gebraͤuchen die man bey den Hof-Bedienten wahrnimmt, iſt auch das Wehrhafft machen der Pagen, welches mit beſon- dern Ceremonien zu geſchehen pflegt. Jſt der Tag zum Wehrhafftmachen angeſetzt, ſo laͤſt der Fuͤrſt in Beyſeyn ſeiner Gemahlin, und des Hof-Mar- ſchalls oder Hauß-Marſchalls, und einiger andern von der Hofſtatt, den Pagen zu ſich fordern, ruͤhmet ſeine gute Auffuͤhrung, verehrt ihm einen Degen, ertheilt ihm gute Vermahnungen, wie er ſich dieſes Degens zur Beſchuͤtzung der Ehre GOttes, des Vaterlandes, und ſeines eigenen Lebens bedienen ſolle, und declarirt ihn hierdurch vor einen Cavalier. Will er ihm beſondere Gnade erzeigen, ſo verehret er ihm noch wohl uͤber dieſes ein ſchoͤn Pferd, ein neu Kleid, einen Beutel mit Geld, u. ſ. w. Wenn
es
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I. Theil. XIV. Capitul.
chen Leuten kund werden; manchmahl werden
auch die gantzen Acta, die in der Sache ergangen,
weggelegt und bey Seite geſchafft, daß ſie nachge-
hends niemand mehr zu Geſicht kommen.
§. 44. Solte bey ſehr harten Verbrechen gar
ein Todes-Urthel geſprochen werden, ſo geſchicht
die Execution des Urthels entweder oͤffentlich, oder
gantz in geheim, ohne daß iemand etwas davon er-
faͤhret, im Gefaͤngniß nach der Wichtigkeit des
Verbrechens, nach der Beſchaffenheit der Offician-
ten, und nach Groͤſſe der Ungnade und des Zorns,
die ein Regent auf ſeinen Diener geworffen, und
nach den Regeln der Klugheit, die hierbey in Be-
trachtung zu ziehen.
§. 45. Unter andern Hof-Gebraͤuchen die man
bey den Hof-Bedienten wahrnimmt, iſt auch das
Wehrhafft machen der Pagen, welches mit beſon-
dern Ceremonien zu geſchehen pflegt. Jſt der Tag
zum Wehrhafftmachen angeſetzt, ſo laͤſt der Fuͤrſt
in Beyſeyn ſeiner Gemahlin, und des Hof-Mar-
ſchalls oder Hauß-Marſchalls, und einiger andern
von der Hofſtatt, den Pagen zu ſich fordern, ruͤhmet
ſeine gute Auffuͤhrung, verehrt ihm einen Degen,
ertheilt ihm gute Vermahnungen, wie er ſich dieſes
Degens zur Beſchuͤtzung der Ehre GOttes, des
Vaterlandes, und ſeines eigenen Lebens bedienen
ſolle, und declarirt ihn hierdurch vor einen Cavalier.
Will er ihm beſondere Gnade erzeigen, ſo verehret
er ihm noch wohl uͤber dieſes ein ſchoͤn Pferd, ein
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/280>, abgerufen am 22.11.2024.
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