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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von den Hochfürstlichen Bedienten.
es der Fürst selbst nicht thut, so hält der Hof-Mar-
schall, oder der sonst zu dieser oder jener Zeit dessen
Stelle vertritt, und den Stab führt, eine kleine Re-
de an den Pagen, in Beyseyn der Durchlauchtig-
sten Herrschafft. Hierauf hält der Page entweder
selbst eine Gegen-Rede, wenn sich seine Geschick-
lichkeit so weit erstreckt, und bedanckt sich bey der
Durchlauchtigsten Herrschafft vor die Gnade, die
sie ihm hierunter erzeiget, oder er ersucht einen Ca-
valier,
daß er im Nahmen seiner, eine Dancksa-
gungs-Rede bey der Durchlauchtigsten Herrschafft
ablegen soll. Nachgehends wird der wehrhafft
gemachte Page denselben Tag an die Fürstliche
Tafel mit gezogen, und muß auch wohl an seinen
Ehren-Tage ein groß Glaß Wein austrincken.

§. 46. An einigen Höfen bekommen sie auch
bey ihrer Wehrhafftmachung, nach einem sehr al-
ten Gebrauch, noch eine Ohrfeige, welche eine Rit-
ter-mäßige Ohrfeige genennet wird. Caspar Lerch
meldet hiervon in seinem Discours von dem Ritter-
Wesen der Teutschen. Es wurde vor diesem kei-
ner so leicht zum Krieg oder Ritter-Wesen zugelas-
sen, man hatte denn seine Mannheit, Treue und
redlich Gemüth vorher erkandt, alsdenn gürtete
man ihm erst die Waffen und Wehr an, und
machte ihn damit wehrhafft; sintemahl vor al-
ten Zeiten bey Menschen Gedencken her ein Her-
bringen entstanden, daß keiner, er sey denn wehr-
hafft gemacht und erkandt worden, die Wehre
tragen dürffte, welche denen Jungen von Adel

und
R

Von den Hochfuͤrſtlichen Bedienten.
es der Fuͤrſt ſelbſt nicht thut, ſo haͤlt der Hof-Mar-
ſchall, oder der ſonſt zu dieſer oder jener Zeit deſſen
Stelle vertritt, und den Stab fuͤhrt, eine kleine Re-
de an den Pagen, in Beyſeyn der Durchlauchtig-
ſten Herrſchafft. Hierauf haͤlt der Page entweder
ſelbſt eine Gegen-Rede, wenn ſich ſeine Geſchick-
lichkeit ſo weit erſtreckt, und bedanckt ſich bey der
Durchlauchtigſten Herrſchafft vor die Gnade, die
ſie ihm hierunter erzeiget, oder er erſucht einen Ca-
valier,
daß er im Nahmen ſeiner, eine Danckſa-
gungs-Rede bey der Durchlauchtigſten Herrſchafft
ablegen ſoll. Nachgehends wird der wehrhafft
gemachte Page denſelben Tag an die Fuͤrſtliche
Tafel mit gezogen, und muß auch wohl an ſeinen
Ehren-Tage ein groß Glaß Wein austrincken.

§. 46. An einigen Hoͤfen bekommen ſie auch
bey ihrer Wehrhafftmachung, nach einem ſehr al-
ten Gebrauch, noch eine Ohrfeige, welche eine Rit-
ter-maͤßige Ohrfeige genennet wird. Caſpar Lerch
meldet hiervon in ſeinem Diſcours von dem Ritter-
Weſen der Teutſchen. Es wurde vor dieſem kei-
ner ſo leicht zum Krieg oder Ritter-Weſen zugelaſ-
ſen, man hatte denn ſeine Mannheit, Treue und
redlich Gemuͤth vorher erkandt, alsdenn guͤrtete
man ihm erſt die Waffen und Wehr an, und
machte ihn damit wehrhafft; ſintemahl vor al-
ten Zeiten bey Menſchen Gedencken her ein Her-
bringen entſtanden, daß keiner, er ſey denn wehr-
hafft gemacht und erkandt worden, die Wehre
tragen duͤrffte, welche denen Jungen von Adel

und
R
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[257/0281] Von den Hochfuͤrſtlichen Bedienten. es der Fuͤrſt ſelbſt nicht thut, ſo haͤlt der Hof-Mar- ſchall, oder der ſonſt zu dieſer oder jener Zeit deſſen Stelle vertritt, und den Stab fuͤhrt, eine kleine Re- de an den Pagen, in Beyſeyn der Durchlauchtig- ſten Herrſchafft. Hierauf haͤlt der Page entweder ſelbſt eine Gegen-Rede, wenn ſich ſeine Geſchick- lichkeit ſo weit erſtreckt, und bedanckt ſich bey der Durchlauchtigſten Herrſchafft vor die Gnade, die ſie ihm hierunter erzeiget, oder er erſucht einen Ca- valier, daß er im Nahmen ſeiner, eine Danckſa- gungs-Rede bey der Durchlauchtigſten Herrſchafft ablegen ſoll. Nachgehends wird der wehrhafft gemachte Page denſelben Tag an die Fuͤrſtliche Tafel mit gezogen, und muß auch wohl an ſeinen Ehren-Tage ein groß Glaß Wein austrincken. §. 46. An einigen Hoͤfen bekommen ſie auch bey ihrer Wehrhafftmachung, nach einem ſehr al- ten Gebrauch, noch eine Ohrfeige, welche eine Rit- ter-maͤßige Ohrfeige genennet wird. Caſpar Lerch meldet hiervon in ſeinem Diſcours von dem Ritter- Weſen der Teutſchen. Es wurde vor dieſem kei- ner ſo leicht zum Krieg oder Ritter-Weſen zugelaſ- ſen, man hatte denn ſeine Mannheit, Treue und redlich Gemuͤth vorher erkandt, alsdenn guͤrtete man ihm erſt die Waffen und Wehr an, und machte ihn damit wehrhafft; ſintemahl vor al- ten Zeiten bey Menſchen Gedencken her ein Her- bringen entſtanden, daß keiner, er ſey denn wehr- hafft gemacht und erkandt worden, die Wehre tragen duͤrffte, welche denen Jungen von Adel und R

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/281>, abgerufen am 22.11.2024.