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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von dem Staats-Ceremoniel überhaupt.
doch vor der Thüre ist, oder die Geld-Cassen er-
schöpfft sind, so setzet man die Ceremonielle treff-
lich bey Seite, und richtet alles de simplici &
plano
ein.

§. 14. Es geschicht bißweilen, daß einige grosse
Könige und Königinnen, Fürsten und Fürstinnen,
entweder aus grosser Demuth, zu der sie, ihrer
Hoheit unbeschadet, ihren tugendhafften Naturell
nach geneigt sind, oder aus besondrer Liebe, wo-
mit sie diese oder jene Person, von geringer Digni-
taet distingui
ren wollen, von denjenigen Ehren-
Bezeugungen, die ihnen andre zu leisten schuldig
und willig wären, ein grosses nachlassen. Als die
Princeßin von Waldeck bey dem höchstseligsten
König in Engeland Georgio, da sie sich anno 1723.
in Hannover aufhielten, nach der gewöhnlichen
Englischen Weise ihren Reverence kniend verrich-
ten wolten, so wurden sie von Jhrer Königlichen
Majestät daran verhindert, und gar gnädig em-
brassi
rt. So wurde es ebenermassen mit der
Hoch-Fürstlichen Schwartzburgischen Familie
gehalten. S. Einleitung zur neuesten Historie der
Welt p. 891.

§. 15. Die Pflichten der Höflichkeit und die
Regeln des Wohlstandes werden von den grossen
Herren auch gar öffters mitten unter der Krieges-
Unruhe gegen die Feinde beobachtet. Der Autor
des XIII Stückes der Europäischen Fama sagt
p. 301: Grosse Herren sind nicht geartet wie ge-
meine Leute, diese wissen nicht, wie sie einander

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A 5

Von dem Staats-Ceremoniel uͤberhaupt.
doch vor der Thuͤre iſt, oder die Geld-Caſſen er-
ſchoͤpfft ſind, ſo ſetzet man die Ceremonielle treff-
lich bey Seite, und richtet alles de ſimplici &
plano
ein.

§. 14. Es geſchicht bißweilen, daß einige groſſe
Koͤnige und Koͤniginnen, Fuͤrſten und Fuͤrſtinnen,
entweder aus groſſer Demuth, zu der ſie, ihrer
Hoheit unbeſchadet, ihren tugendhafften Naturell
nach geneigt ſind, oder aus beſondrer Liebe, wo-
mit ſie dieſe oder jene Perſon, von geringer Digni-
tæt diſtingui
ren wollen, von denjenigen Ehren-
Bezeugungen, die ihnen andre zu leiſten ſchuldig
und willig waͤren, ein groſſes nachlaſſen. Als die
Princeßin von Waldeck bey dem hoͤchſtſeligſten
Koͤnig in Engeland Georgio, da ſie ſich anno 1723.
in Hannover aufhielten, nach der gewoͤhnlichen
Engliſchen Weiſe ihren Reverence kniend verrich-
ten wolten, ſo wurden ſie von Jhrer Koͤniglichen
Majeſtaͤt daran verhindert, und gar gnaͤdig em-
braſſi
rt. So wurde es ebenermaſſen mit der
Hoch-Fuͤrſtlichen Schwartzburgiſchen Familie
gehalten. S. Einleitung zur neueſten Hiſtorie der
Welt p. 891.

§. 15. Die Pflichten der Hoͤflichkeit und die
Regeln des Wohlſtandes werden von den groſſen
Herren auch gar oͤffters mitten unter der Krieges-
Unruhe gegen die Feinde beobachtet. Der Autor
des XIII Stuͤckes der Europaͤiſchen Fama ſagt
p. 301: Groſſe Herren ſind nicht geartet wie ge-
meine Leute, dieſe wiſſen nicht, wie ſie einander

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[9/0033] Von dem Staats-Ceremoniel uͤberhaupt. doch vor der Thuͤre iſt, oder die Geld-Caſſen er- ſchoͤpfft ſind, ſo ſetzet man die Ceremonielle treff- lich bey Seite, und richtet alles de ſimplici & plano ein. §. 14. Es geſchicht bißweilen, daß einige groſſe Koͤnige und Koͤniginnen, Fuͤrſten und Fuͤrſtinnen, entweder aus groſſer Demuth, zu der ſie, ihrer Hoheit unbeſchadet, ihren tugendhafften Naturell nach geneigt ſind, oder aus beſondrer Liebe, wo- mit ſie dieſe oder jene Perſon, von geringer Digni- tæt diſtinguiren wollen, von denjenigen Ehren- Bezeugungen, die ihnen andre zu leiſten ſchuldig und willig waͤren, ein groſſes nachlaſſen. Als die Princeßin von Waldeck bey dem hoͤchſtſeligſten Koͤnig in Engeland Georgio, da ſie ſich anno 1723. in Hannover aufhielten, nach der gewoͤhnlichen Engliſchen Weiſe ihren Reverence kniend verrich- ten wolten, ſo wurden ſie von Jhrer Koͤniglichen Majeſtaͤt daran verhindert, und gar gnaͤdig em- braſſirt. So wurde es ebenermaſſen mit der Hoch-Fuͤrſtlichen Schwartzburgiſchen Familie gehalten. S. Einleitung zur neueſten Hiſtorie der Welt p. 891. §. 15. Die Pflichten der Hoͤflichkeit und die Regeln des Wohlſtandes werden von den groſſen Herren auch gar oͤffters mitten unter der Krieges- Unruhe gegen die Feinde beobachtet. Der Autor des XIII Stuͤckes der Europaͤiſchen Fama ſagt p. 301: Groſſe Herren ſind nicht geartet wie ge- meine Leute, dieſe wiſſen nicht, wie ſie einander krumm A 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/33>, abgerufen am 21.11.2024.