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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von den Gesandten.
ger Spahrsamkeit oder Kargheit bekämen, daß
der Principal eines solchen Ambassadeurs ein ar-
mer und unvermögender Herr seyn müste, sie wür-
den sich nachgehends schwerlich entschlüssen, den-
selben, oder denjenigen den er vorgeschlagen, auf
den erledigten Thron zu setzen. Sie müssen ihre
Freygebigkeit nicht auf einmahl erweisen, sondern
allmählich nach und nach, damit sie nicht auf die
Hinter-Füsse treten, wenn sie setzen daß nichts mehr
zu hoffen.

§. 19. Die Ceremonien, womit man den ab-
geschickten Ministris zu begegnen pflegt, machen ein
nothwendig Stück der Ambassaden aus; und also
müssen sie vorher, theils an ihrem Hofe von dem sie
verschickt werden, theils auch von den auswärtigen
Ministris des Hofes, die mit ihnen in gleichem Ran-
ge sind Erkundigung einziehen, was darinnen ge-
bräuchlich sey, damit sie nicht mehr verlangen als
ihnen zukommt, und von andern auf eine ungebühr-
liche und lächerliche Weise praetendiren. Jn
Dennemarck kam anno 1642 zu Coppenhagen
ein Moscowitischer Gesandter an, mit dem man
des Ceremoniels halber mehr zu thun hatte, als
der Handlung selbst wegen. Da nun der König
bey der solennen Audienz, in der grösten Pracht
auf dem Thron sitzend, den Hut aufbehielt, so hielt
der Abgesandte, da er angefangen zu reden, und auf
den Titul seines Principalen kommen, innen, und
bath den König, er möchte doch aufstehen und den
Hut abnehmen, er wolte den Titul seines Herrn

reci-
B b 2

Von den Geſandten.
ger Spahrſamkeit oder Kargheit bekaͤmen, daß
der Principal eines ſolchen Ambaſſadeurs ein ar-
mer und unvermoͤgender Herr ſeyn muͤſte, ſie wuͤr-
den ſich nachgehends ſchwerlich entſchluͤſſen, den-
ſelben, oder denjenigen den er vorgeſchlagen, auf
den erledigten Thron zu ſetzen. Sie muͤſſen ihre
Freygebigkeit nicht auf einmahl erweiſen, ſondern
allmaͤhlich nach und nach, damit ſie nicht auf die
Hinter-Fuͤſſe treten, wenn ſie ſetzen daß nichts mehr
zu hoffen.

§. 19. Die Ceremonien, womit man den ab-
geſchickten Miniſtris zu begegnen pflegt, machen ein
nothwendig Stuͤck der Ambaſſaden aus; und alſo
muͤſſen ſie vorher, theils an ihrem Hofe von dem ſie
verſchickt werden, theils auch von den auswaͤrtigen
Miniſtris des Hofes, die mit ihnen in gleichem Ran-
ge ſind Erkundigung einziehen, was darinnen ge-
braͤuchlich ſey, damit ſie nicht mehr verlangen als
ihnen zukommt, und von andern auf eine ungebuͤhr-
liche und laͤcherliche Weiſe prætendiren. Jn
Dennemarck kam anno 1642 zu Coppenhagen
ein Moſcowitiſcher Geſandter an, mit dem man
des Ceremoniels halber mehr zu thun hatte, als
der Handlung ſelbſt wegen. Da nun der Koͤnig
bey der ſolennen Audienz, in der groͤſten Pracht
auf dem Thron ſitzend, den Hut aufbehielt, ſo hielt
der Abgeſandte, da er angefangen zu reden, und auf
den Titul ſeines Principalen kommen, innen, und
bath den Koͤnig, er moͤchte doch aufſtehen und den
Hut abnehmen, er wolte den Titul ſeines Herrn

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B b 2
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[387/0411] Von den Geſandten. ger Spahrſamkeit oder Kargheit bekaͤmen, daß der Principal eines ſolchen Ambaſſadeurs ein ar- mer und unvermoͤgender Herr ſeyn muͤſte, ſie wuͤr- den ſich nachgehends ſchwerlich entſchluͤſſen, den- ſelben, oder denjenigen den er vorgeſchlagen, auf den erledigten Thron zu ſetzen. Sie muͤſſen ihre Freygebigkeit nicht auf einmahl erweiſen, ſondern allmaͤhlich nach und nach, damit ſie nicht auf die Hinter-Fuͤſſe treten, wenn ſie ſetzen daß nichts mehr zu hoffen. §. 19. Die Ceremonien, womit man den ab- geſchickten Miniſtris zu begegnen pflegt, machen ein nothwendig Stuͤck der Ambaſſaden aus; und alſo muͤſſen ſie vorher, theils an ihrem Hofe von dem ſie verſchickt werden, theils auch von den auswaͤrtigen Miniſtris des Hofes, die mit ihnen in gleichem Ran- ge ſind Erkundigung einziehen, was darinnen ge- braͤuchlich ſey, damit ſie nicht mehr verlangen als ihnen zukommt, und von andern auf eine ungebuͤhr- liche und laͤcherliche Weiſe prætendiren. Jn Dennemarck kam anno 1642 zu Coppenhagen ein Moſcowitiſcher Geſandter an, mit dem man des Ceremoniels halber mehr zu thun hatte, als der Handlung ſelbſt wegen. Da nun der Koͤnig bey der ſolennen Audienz, in der groͤſten Pracht auf dem Thron ſitzend, den Hut aufbehielt, ſo hielt der Abgeſandte, da er angefangen zu reden, und auf den Titul ſeines Principalen kommen, innen, und bath den Koͤnig, er moͤchte doch aufſtehen und den Hut abnehmen, er wolte den Titul ſeines Herrn reci- B b 2

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/411>, abgerufen am 22.11.2024.