§. 43. Bißweilen pflegen auch die Feinde selbst die Tapfferkeit zu loben und zu belohnen. Der König in Schweden, Carl der XII, sahe in der Schlacht bey Clißow anno 1702 einen Sächsi- schen Officier auf dem Champ de bataille, den er bey der Action mit Courage streiten gesehen, gantz entkleidet, er gab ihm seinen eigenen Rock und De- gen, und ließ sich einen andern bringen. Dieser Officier versprach zur Erkenntlichkeit freywillig, daß er Zeit seines Lebens nicht mehr die Waffen wider Jhro Königliche Majestät führen wolte. Der König in Schweden schickte ihn nach Sach- sen wieder zurück, und befahl ihn, sich dieser Wor- te stets zu erinnern. Jhro Majestät der König in Pohlen fanden diese Action so vortrefflich, daß sie den Degen des Königs in Schweden von die- sen Officirer verlangten, und liessen ihm in Jhro Kunst-Cammer verwahrlich bringen, um solchen den Fremden zu zeigen. S. Memoires de Lam- berty Tom. II. p. 172.
§. 44. Hat sich ein Commendant in einer Ve- stung tapffer gehalten, so wird er bey der Uberga- be von dem Feinde selbst auf das höchste gerühmet, zur Tafel gezogen, und auf das beste tractiret. Es hören auch im Kriege nicht alle Actionen der Höf- lichkeit auf. Die grösten Printzen und Generals, ob sie gleich feindselig auf einander sind, lassen doch einander bißweilen durch Trompeter, als privile- girte Personen, besuchen und Complimens gegen einander machen. Manchmahl lassen sie einander
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II. Theil. VII. Capitul.
§. 43. Bißweilen pflegen auch die Feinde ſelbſt die Tapfferkeit zu loben und zu belohnen. Der Koͤnig in Schweden, Carl der XII, ſahe in der Schlacht bey Clißow anno 1702 einen Saͤchſi- ſchen Officier auf dem Champ de bataille, den er bey der Action mit Courage ſtreiten geſehen, gantz entkleidet, er gab ihm ſeinen eigenen Rock und De- gen, und ließ ſich einen andern bringen. Dieſer Officier verſprach zur Erkenntlichkeit freywillig, daß er Zeit ſeines Lebens nicht mehr die Waffen wider Jhro Koͤnigliche Majeſtaͤt fuͤhren wolte. Der Koͤnig in Schweden ſchickte ihn nach Sach- ſen wieder zuruͤck, und befahl ihn, ſich dieſer Wor- te ſtets zu erinnern. Jhro Majeſtaͤt der Koͤnig in Pohlen fanden dieſe Action ſo vortrefflich, daß ſie den Degen des Koͤnigs in Schweden von die- ſen Officirer verlangten, und lieſſen ihm in Jhro Kunſt-Cammer verwahrlich bringen, um ſolchen den Fremden zu zeigen. S. Memoires de Lam- berty Tom. II. p. 172.
§. 44. Hat ſich ein Commendant in einer Ve- ſtung tapffer gehalten, ſo wird er bey der Uberga- be von dem Feinde ſelbſt auf das hoͤchſte geruͤhmet, zur Tafel gezogen, und auf das beſte tractiret. Es hoͤren auch im Kriege nicht alle Actionen der Hoͤf- lichkeit auf. Die groͤſten Printzen und Generals, ob ſie gleich feindſelig auf einander ſind, laſſen doch einander bißweilen durch Trompeter, als privile- girte Perſonen, beſuchen und Complimens gegen einander machen. Manchmahl laſſen ſie einander
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II. Theil. VII. Capitul.
§. 43. Bißweilen pflegen auch die Feinde ſelbſt
die Tapfferkeit zu loben und zu belohnen. Der
Koͤnig in Schweden, Carl der XII, ſahe in der
Schlacht bey Clißow anno 1702 einen Saͤchſi-
ſchen Officier auf dem Champ de bataille, den er
bey der Action mit Courage ſtreiten geſehen, gantz
entkleidet, er gab ihm ſeinen eigenen Rock und De-
gen, und ließ ſich einen andern bringen. Dieſer
Officier verſprach zur Erkenntlichkeit freywillig,
daß er Zeit ſeines Lebens nicht mehr die Waffen
wider Jhro Koͤnigliche Majeſtaͤt fuͤhren wolte.
Der Koͤnig in Schweden ſchickte ihn nach Sach-
ſen wieder zuruͤck, und befahl ihn, ſich dieſer Wor-
te ſtets zu erinnern. Jhro Majeſtaͤt der Koͤnig in
Pohlen fanden dieſe Action ſo vortrefflich, daß
ſie den Degen des Koͤnigs in Schweden von die-
ſen Officirer verlangten, und lieſſen ihm in Jhro
Kunſt-Cammer verwahrlich bringen, um ſolchen
den Fremden zu zeigen. S. Memoires de Lam-
berty Tom. II. p. 172.
§. 44. Hat ſich ein Commendant in einer Ve-
ſtung tapffer gehalten, ſo wird er bey der Uberga-
be von dem Feinde ſelbſt auf das hoͤchſte geruͤhmet,
zur Tafel gezogen, und auf das beſte tractiret. Es
hoͤren auch im Kriege nicht alle Actionen der Hoͤf-
lichkeit auf. Die groͤſten Printzen und Generals,
ob ſie gleich feindſelig auf einander ſind, laſſen doch
einander bißweilen durch Trompeter, als privile-
girte Perſonen, beſuchen und Complimens gegen
einander machen. Manchmahl laſſen ſie einander
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/520>, abgerufen am 22.11.2024.
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