Ob zwar, aller redlichen Patrioten Meynung nach, die ruhigen Friedens-Zeiten den ge- fährlichen Krieges-Läufften vorzuziehen, so finden sich dennoch einige falsche Poli- tici, die in den Gedancken stehen, es wäre vor Her- ren und Unterthanen nicht rathsam, wenn ein Land allzu lange den Frieden genösse, und die Soldaten ihre Degen nur pro forma an der Seite, wie die Nonnen ihre Lateinischen Bücher in der Hand trü- gen. Die grossen Herren wären hierbey mancher Gefahr unterworffen, die Soldaten und Untertha- nen würden bey der grossen Ruhe faul und wollü- stig, und vergässen ihre militarischen Exorcitia. Jch halte aber davor, daß dieser Kummer unnöthig sey, immassen grosse Herren schon Mittel finden können, ihren Soldaten und Unterthanen auch zu Friedens- Zeiten Arbeit zu verschaffen, und sie in stetswähren- der Ubung zu erhalten.
§. 2. Einige wollen die mit Krieg und Unru- he vermischten Zeiten denjenigen vorziehen, in welchen ein beständiger und lange anhaltender
Frie-
J i 5
Von den Friedens-Schluͤſſen.
Das VIII. Capitul. Von den Friedens-Schluͤſ- ſen.
§. 1.
Ob zwar, aller redlichen Patrioten Meynung nach, die ruhigen Friedens-Zeiten den ge- faͤhrlichen Krieges-Laͤufften vorzuziehen, ſo finden ſich dennoch einige falſche Poli- tici, die in den Gedancken ſtehen, es waͤre vor Her- ren und Unterthanen nicht rathſam, wenn ein Land allzu lange den Frieden genoͤſſe, und die Soldaten ihre Degen nur pro forma an der Seite, wie die Nonnen ihre Lateiniſchen Buͤcher in der Hand truͤ- gen. Die groſſen Herren waͤren hierbey mancher Gefahr unterworffen, die Soldaten und Untertha- nen wuͤrden bey der groſſen Ruhe faul und wolluͤ- ſtig, und vergaͤſſen ihre militariſchen Exorcitia. Jch halte aber davor, daß dieſer Kummer unnoͤthig ſey, immaſſen groſſe Herren ſchon Mittel finden koͤnnen, ihren Soldaten und Unterthanen auch zu Friedens- Zeiten Arbeit zu verſchaffen, und ſie in ſtetswaͤhren- der Ubung zu erhalten.
§. 2. Einige wollen die mit Krieg und Unru- he vermiſchten Zeiten denjenigen vorziehen, in welchen ein beſtaͤndiger und lange anhaltender
Frie-
J i 5
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0529"n="505"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von den Friedens-Schluͤſſen.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Das <hirendition="#aq">VIII.</hi> Capitul.<lb/>
Von den Friedens-Schluͤſ-<lb/>ſen.</hi></head><lb/><p><hirendition="#c">§. 1.</hi></p><lb/><p><hirendition="#in">O</hi>b zwar, aller redlichen <hirendition="#aq">Patriot</hi>en Meynung<lb/>
nach, die ruhigen Friedens-Zeiten den ge-<lb/>
faͤhrlichen Krieges-Laͤufften vorzuziehen,<lb/>ſo finden ſich dennoch einige falſche <hirendition="#aq">Poli-<lb/>
tici,</hi> die in den Gedancken ſtehen, es waͤre vor Her-<lb/>
ren und Unterthanen nicht rathſam, wenn ein Land<lb/>
allzu lange den Frieden genoͤſſe, und die Soldaten<lb/>
ihre Degen nur <hirendition="#aq">pro forma</hi> an der Seite, wie die<lb/>
Nonnen ihre Lateiniſchen Buͤcher in der Hand truͤ-<lb/>
gen. Die groſſen Herren waͤren hierbey mancher<lb/>
Gefahr unterworffen, die Soldaten und Untertha-<lb/>
nen wuͤrden bey der groſſen Ruhe faul und wolluͤ-<lb/>ſtig, und vergaͤſſen ihre <hirendition="#aq">militari</hi>ſchen <hirendition="#aq">Exorcitia.</hi> Jch<lb/>
halte aber davor, daß dieſer Kummer unnoͤthig ſey,<lb/>
immaſſen groſſe Herren ſchon Mittel finden koͤnnen,<lb/>
ihren Soldaten und Unterthanen auch zu Friedens-<lb/>
Zeiten Arbeit zu verſchaffen, und ſie in ſtetswaͤhren-<lb/>
der Ubung zu erhalten.</p><lb/><p>§. 2. Einige wollen die mit Krieg und Unru-<lb/>
he vermiſchten Zeiten denjenigen vorziehen, in<lb/>
welchen ein beſtaͤndiger und lange anhaltender<lb/><fwplace="bottom"type="sig">J i 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Frie-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[505/0529]
Von den Friedens-Schluͤſſen.
Das VIII. Capitul.
Von den Friedens-Schluͤſ-
ſen.
§. 1.
Ob zwar, aller redlichen Patrioten Meynung
nach, die ruhigen Friedens-Zeiten den ge-
faͤhrlichen Krieges-Laͤufften vorzuziehen,
ſo finden ſich dennoch einige falſche Poli-
tici, die in den Gedancken ſtehen, es waͤre vor Her-
ren und Unterthanen nicht rathſam, wenn ein Land
allzu lange den Frieden genoͤſſe, und die Soldaten
ihre Degen nur pro forma an der Seite, wie die
Nonnen ihre Lateiniſchen Buͤcher in der Hand truͤ-
gen. Die groſſen Herren waͤren hierbey mancher
Gefahr unterworffen, die Soldaten und Untertha-
nen wuͤrden bey der groſſen Ruhe faul und wolluͤ-
ſtig, und vergaͤſſen ihre militariſchen Exorcitia. Jch
halte aber davor, daß dieſer Kummer unnoͤthig ſey,
immaſſen groſſe Herren ſchon Mittel finden koͤnnen,
ihren Soldaten und Unterthanen auch zu Friedens-
Zeiten Arbeit zu verſchaffen, und ſie in ſtetswaͤhren-
der Ubung zu erhalten.
§. 2. Einige wollen die mit Krieg und Unru-
he vermiſchten Zeiten denjenigen vorziehen, in
welchen ein beſtaͤndiger und lange anhaltender
Frie-
J i 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/529>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.