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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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I. Theil. IV. Capitul.
Das IV. Capitul.
Von den Hoch-Fürstlichen
Occupationen und Beruffs-
Geschäfften.

§. 1.

Ehristliche und weise Regenten erinnern sich
von selbst desjenigen, so Jhnen von GOtt
und dem Lande anvertraut: Sie wissen,
daß sie nicht allein Väter ihres Hoch-
Fürstlichen Hauses, sondern auch Väter ihrer Un-
terthanen, und also bemühen sie sich, so viel als mög-
lich, in allen Stücken die ihnen zukommenden
Pflichten zu erfüllen. Sie lassen die Angelegen-
heiten der Regierung ihre gröste Sorgfalt und be-
sten Zeitvertreib seyn. Kayser Ferdinandus II. er-
kannte solches sehr wohl, welcher, ob er wohl in sei-
nen letzten Jahren an Kräfften mercklich abnahm,
so unterzog er sich doch der Arbeit auf eben die Art,
wie er in seiner Jugend zu thun gewohnt gewesen.
Wenn man ihn vermahnte, er solte sich doch mit so
viel Arbeit ein wenig verschonen, die Suppliques,
daran nicht so viel gelegen wäre, andern durchzule-
sen geben, und seine Gesundheit in acht nehmen;
so antwortete er: Er sey von GOtt auf den Thron
gesetzt worden, daß er arbeitete, nicht daß er müßig
gienge, ein grosser Potentate könte seiner Gesund-
heit nicht schonen, wenn er anders dem gemeinen

Wesen
I. Theil. IV. Capitul.
Das IV. Capitul.
Von den Hoch-Fuͤrſtlichen
Occupationen und Beruffs-
Geſchaͤfften.

§. 1.

Ehriſtliche und weiſe Regenten erinnern ſich
von ſelbſt desjenigen, ſo Jhnen von GOtt
und dem Lande anvertraut: Sie wiſſen,
daß ſie nicht allein Vaͤter ihres Hoch-
Fuͤrſtlichen Hauſes, ſondern auch Vaͤter ihrer Un-
terthanen, und alſo bemuͤhen ſie ſich, ſo viel als moͤg-
lich, in allen Stuͤcken die ihnen zukommenden
Pflichten zu erfuͤllen. Sie laſſen die Angelegen-
heiten der Regierung ihre groͤſte Sorgfalt und be-
ſten Zeitvertreib ſeyn. Kayſer Ferdinandus II. er-
kannte ſolches ſehr wohl, welcher, ob er wohl in ſei-
nen letzten Jahren an Kraͤfften mercklich abnahm,
ſo unterzog er ſich doch der Arbeit auf eben die Art,
wie er in ſeiner Jugend zu thun gewohnt geweſen.
Wenn man ihn vermahnte, er ſolte ſich doch mit ſo
viel Arbeit ein wenig verſchonen, die Suppliques,
daran nicht ſo viel gelegen waͤre, andern durchzule-
ſen geben, und ſeine Geſundheit in acht nehmen;
ſo antwortete er: Er ſey von GOtt auf den Thron
geſetzt worden, daß er arbeitete, nicht daß er muͤßig
gienge, ein groſſer Potentate koͤnte ſeiner Geſund-
heit nicht ſchonen, wenn er anders dem gemeinen

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[34/0058] I. Theil. IV. Capitul. Das IV. Capitul. Von den Hoch-Fuͤrſtlichen Occupationen und Beruffs- Geſchaͤfften. §. 1. Ehriſtliche und weiſe Regenten erinnern ſich von ſelbſt desjenigen, ſo Jhnen von GOtt und dem Lande anvertraut: Sie wiſſen, daß ſie nicht allein Vaͤter ihres Hoch- Fuͤrſtlichen Hauſes, ſondern auch Vaͤter ihrer Un- terthanen, und alſo bemuͤhen ſie ſich, ſo viel als moͤg- lich, in allen Stuͤcken die ihnen zukommenden Pflichten zu erfuͤllen. Sie laſſen die Angelegen- heiten der Regierung ihre groͤſte Sorgfalt und be- ſten Zeitvertreib ſeyn. Kayſer Ferdinandus II. er- kannte ſolches ſehr wohl, welcher, ob er wohl in ſei- nen letzten Jahren an Kraͤfften mercklich abnahm, ſo unterzog er ſich doch der Arbeit auf eben die Art, wie er in ſeiner Jugend zu thun gewohnt geweſen. Wenn man ihn vermahnte, er ſolte ſich doch mit ſo viel Arbeit ein wenig verſchonen, die Suppliques, daran nicht ſo viel gelegen waͤre, andern durchzule- ſen geben, und ſeine Geſundheit in acht nehmen; ſo antwortete er: Er ſey von GOtt auf den Thron geſetzt worden, daß er arbeitete, nicht daß er muͤßig gienge, ein groſſer Potentate koͤnte ſeiner Geſund- heit nicht ſchonen, wenn er anders dem gemeinen Weſen

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/58>, abgerufen am 21.11.2024.