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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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III. Theil. III. Capitul.
palen öffentlich ablesen lassen und beantworten,
also pflegen sie gleichfalls an alle benachbarte
Staaten gewisse Personen abzufertigen, welche
um die Fortsetzung ihrer Freundschafft anhalten
müssen. Jn Pohlen müssen alle Ambassadeurs
oder Envoyes, welche vor des letzten Königs tödt-
lichen Hintritt ihre Abschieds-Audienz gehabt,
innerhalb acht Tagen abreisen. S. Connors Be-
schreibung des Königreichs Pohlen p. 558.

§. 6. Ob die Wahl-Reiche den Erb-Königrei-
chen vorzuziehen, ist unter den Politicis noch nicht
ausgemacht. Vor die Wahl-Reiche bringen ei-
nige folgende Argumenta vor: Jn den Wahl-
Reichen würden die Adelichen Kinder mehr en-
couragi
rt, sich in allerhand Wissenschafften zu
üben, und bemühten sich einer den andern zu über-
treffen, damit sie einstens durch die Wahl des von
ihren Tugenden charmirten Volcks des Thrones
gewürdiget werden möchten. Jn dem Erb-Rei-
che hingegen würde des Monarchen Sohn, als
welcher den Scepter suchte, und ohne Sorge er-
wartete, sich so viel Mühe nicht geben, die zur
Regierung nöthigen Wissenschafften zu erlernen,
2) hätte ein erwehlter Monarch dem Volck seine
Erhebung zu dancken, und pflegte deswegen nicht
so hart, sondern mit Gelindigkeit zu regieren, 3)
würde in einem Wahl-Reiche nach des Königs
Tode der Beste, den man finden könte, auf den
Thron gesetzt, in einem Erbreiche aber gienge sol-
ches nicht an, sondern man müste des Landes-

Herrn

III. Theil. III. Capitul.
palen oͤffentlich ableſen laſſen und beantworten,
alſo pflegen ſie gleichfalls an alle benachbarte
Staaten gewiſſe Perſonen abzufertigen, welche
um die Fortſetzung ihrer Freundſchafft anhalten
muͤſſen. Jn Pohlen muͤſſen alle Ambaſſadeurs
oder Envoyés, welche vor des letzten Koͤnigs toͤdt-
lichen Hintritt ihre Abſchieds-Audienz gehabt,
innerhalb acht Tagen abreiſen. S. Connors Be-
ſchreibung des Koͤnigreichs Pohlen p. 558.

§. 6. Ob die Wahl-Reiche den Erb-Koͤnigrei-
chen vorzuziehen, iſt unter den Politicis noch nicht
ausgemacht. Vor die Wahl-Reiche bringen ei-
nige folgende Argumenta vor: Jn den Wahl-
Reichen wuͤrden die Adelichen Kinder mehr en-
couragi
rt, ſich in allerhand Wiſſenſchafften zu
uͤben, und bemuͤhten ſich einer den andern zu uͤber-
treffen, damit ſie einſtens durch die Wahl des von
ihren Tugenden charmirten Volcks des Thrones
gewuͤrdiget werden moͤchten. Jn dem Erb-Rei-
che hingegen wuͤrde des Monarchen Sohn, als
welcher den Scepter ſuchte, und ohne Sorge er-
wartete, ſich ſo viel Muͤhe nicht geben, die zur
Regierung noͤthigen Wiſſenſchafften zu erlernen,
2) haͤtte ein erwehlter Monarch dem Volck ſeine
Erhebung zu dancken, und pflegte deswegen nicht
ſo hart, ſondern mit Gelindigkeit zu regieren, 3)
wuͤrde in einem Wahl-Reiche nach des Koͤnigs
Tode der Beſte, den man finden koͤnte, auf den
Thron geſetzt, in einem Erbreiche aber gienge ſol-
ches nicht an, ſondern man muͤſte des Landes-

Herrn
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[570/0594] III. Theil. III. Capitul. palen oͤffentlich ableſen laſſen und beantworten, alſo pflegen ſie gleichfalls an alle benachbarte Staaten gewiſſe Perſonen abzufertigen, welche um die Fortſetzung ihrer Freundſchafft anhalten muͤſſen. Jn Pohlen muͤſſen alle Ambaſſadeurs oder Envoyés, welche vor des letzten Koͤnigs toͤdt- lichen Hintritt ihre Abſchieds-Audienz gehabt, innerhalb acht Tagen abreiſen. S. Connors Be- ſchreibung des Koͤnigreichs Pohlen p. 558. §. 6. Ob die Wahl-Reiche den Erb-Koͤnigrei- chen vorzuziehen, iſt unter den Politicis noch nicht ausgemacht. Vor die Wahl-Reiche bringen ei- nige folgende Argumenta vor: Jn den Wahl- Reichen wuͤrden die Adelichen Kinder mehr en- couragirt, ſich in allerhand Wiſſenſchafften zu uͤben, und bemuͤhten ſich einer den andern zu uͤber- treffen, damit ſie einſtens durch die Wahl des von ihren Tugenden charmirten Volcks des Thrones gewuͤrdiget werden moͤchten. Jn dem Erb-Rei- che hingegen wuͤrde des Monarchen Sohn, als welcher den Scepter ſuchte, und ohne Sorge er- wartete, ſich ſo viel Muͤhe nicht geben, die zur Regierung noͤthigen Wiſſenſchafften zu erlernen, 2) haͤtte ein erwehlter Monarch dem Volck ſeine Erhebung zu dancken, und pflegte deswegen nicht ſo hart, ſondern mit Gelindigkeit zu regieren, 3) wuͤrde in einem Wahl-Reiche nach des Koͤnigs Tode der Beſte, den man finden koͤnte, auf den Thron geſetzt, in einem Erbreiche aber gienge ſol- ches nicht an, ſondern man muͤſte des Landes- Herrn

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/594>, abgerufen am 22.11.2024.