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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von den Ritter-Orden.

§. 6. Zu dem Orden des Saint Louis, welchen
der König in Franckreich Ludwig XIV. anno 1693
gestifftet, zur Aufmunterung der Milice, hat auch
einer, der kein Edelmann gewesen, gelangen kön-
nen, dafern er nur dem König zehen Jahr lang
Krieges-Dienste geleistet. Nachdem dieser Or-
den in Franckreich so gar gemein worden, und der
König in Franckreich anno 1700 auf einmahl 250
neue Ritter von diesem Kriegs-Orden creirte, so
konte bey dieser grossen Anzahl nicht vermieden wer-
den, daß man nicht damahls hätte sagen sollen, was
man vor diesem von dem überhäufften Orden Sanct
Michael raisoni
ret, daß nemlich das Ordens-Zei-
chen ein Zeichen oder Halsband aller Thiere wä-
re. S. Theatr. Europ. Tom. XV. des 1700 Jah-
res p. 824.

§. 7. Unter andern Requisitis ziehet man auch
die eheliche Geburth derer, die man in den Orden
aufnehmen will, in Consideration, und wird nicht
leichtlich einer angenommen, der von einer Maitresse
gezeuget. Doch ist dieses nur von denen von Adel
zu verstehen; denn daß auch die natürlichen Kin-
der grosser Herren in den Ritter-Orden aufgenom-
men werden, ist mehr als zu bekandt. Bißweilen
wird doch auch wohl hierinnen, wie bey der An-
zahl der Ahnen, dispensirt, und geschehen in diesem
Stück wie in andern Casus pro amico.

§. 8. Wie alle Sachen der Veränderung unter-
worffen, so gehet es auch mit den Orden. Einige,
die in vorigen Zeiten sehr berühmt gewesen, und in

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Von den Ritter-Orden.

§. 6. Zu dem Orden des Saint Louis, welchen
der Koͤnig in Franckreich Ludwig XIV. anno 1693
geſtifftet, zur Aufmunterung der Milice, hat auch
einer, der kein Edelmann geweſen, gelangen koͤn-
nen, dafern er nur dem Koͤnig zehen Jahr lang
Krieges-Dienſte geleiſtet. Nachdem dieſer Or-
den in Franckreich ſo gar gemein worden, und der
Koͤnig in Franckreich anno 1700 auf einmahl 250
neue Ritter von dieſem Kriegs-Orden creirte, ſo
konte bey dieſer groſſen Anzahl nicht vermieden wer-
den, daß man nicht damahls haͤtte ſagen ſollen, was
man vor dieſem von dem uͤberhaͤufften Orden Sanct
Michael raiſoni
ret, daß nemlich das Ordens-Zei-
chen ein Zeichen oder Halsband aller Thiere waͤ-
re. S. Theatr. Europ. Tom. XV. des 1700 Jah-
res p. 824.

§. 7. Unter andern Requiſitis ziehet man auch
die eheliche Geburth derer, die man in den Orden
aufnehmen will, in Conſideration, und wird nicht
leichtlich einer angenommen, der von einer Maitreſſe
gezeuget. Doch iſt dieſes nur von denen von Adel
zu verſtehen; denn daß auch die natuͤrlichen Kin-
der groſſer Herren in den Ritter-Orden aufgenom-
men werden, iſt mehr als zu bekandt. Bißweilen
wird doch auch wohl hierinnen, wie bey der An-
zahl der Ahnen, diſpenſirt, und geſchehen in dieſem
Stuͤck wie in andern Caſus pro amico.

§. 8. Wie alle Sachen der Veraͤnderung unter-
worffen, ſo gehet es auch mit den Orden. Einige,
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[711/0735] Von den Ritter-Orden. §. 6. Zu dem Orden des Saint Louis, welchen der Koͤnig in Franckreich Ludwig XIV. anno 1693 geſtifftet, zur Aufmunterung der Milice, hat auch einer, der kein Edelmann geweſen, gelangen koͤn- nen, dafern er nur dem Koͤnig zehen Jahr lang Krieges-Dienſte geleiſtet. Nachdem dieſer Or- den in Franckreich ſo gar gemein worden, und der Koͤnig in Franckreich anno 1700 auf einmahl 250 neue Ritter von dieſem Kriegs-Orden creirte, ſo konte bey dieſer groſſen Anzahl nicht vermieden wer- den, daß man nicht damahls haͤtte ſagen ſollen, was man vor dieſem von dem uͤberhaͤufften Orden Sanct Michael raiſoniret, daß nemlich das Ordens-Zei- chen ein Zeichen oder Halsband aller Thiere waͤ- re. S. Theatr. Europ. Tom. XV. des 1700 Jah- res p. 824. §. 7. Unter andern Requiſitis ziehet man auch die eheliche Geburth derer, die man in den Orden aufnehmen will, in Conſideration, und wird nicht leichtlich einer angenommen, der von einer Maitreſſe gezeuget. Doch iſt dieſes nur von denen von Adel zu verſtehen; denn daß auch die natuͤrlichen Kin- der groſſer Herren in den Ritter-Orden aufgenom- men werden, iſt mehr als zu bekandt. Bißweilen wird doch auch wohl hierinnen, wie bey der An- zahl der Ahnen, diſpenſirt, und geſchehen in dieſem Stuͤck wie in andern Caſus pro amico. §. 8. Wie alle Sachen der Veraͤnderung unter- worffen, ſo gehet es auch mit den Orden. Einige, die in vorigen Zeiten ſehr beruͤhmt geweſen, und in wel- Y y 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 711. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/735>, abgerufen am 16.06.2024.