§. 2. Es ist kein Zweifel, daß einige von den Di- vertissemens, die an den Europäischen Höfen an- gestellet werden, unschuldiger, und den göttlichen und natürlichen Rechten nach zuläßiger, als die an- dern. Christliche und weise Regenten setzen auch bey ihren Ergötzlichkeiten die Pflichten nicht aus den Augen die sie gegen GOtt und gegen ihre Un- terthanen zu beobachten haben. Sie erwehlen sol- che, mit denen Lust und Nutzen zugleich vereiniget, dergleichen sind mancherley Arten, der Lust-Jag- ten, Fischereyen u. s. w. die ihnen und ihren Hof- Cavaliers zur Ergötzung, und zugleich dem Lande zur Erleichterung und Beqvemlichkeit gereichen; sie retrenchiren dabey alle unnöthige Unkosten und überflüßigen Aufwand so viel als möglich, sie wid- men eine gewisse jährliche Summe darzu, die ih- ren Einkünfften und Ausgaben proportionirt, da- mit nicht zu der Zeit, wenn der Hof nebst einigen Unterthanen tantzt und springt, der gröste Theil des Landes seuffzen und weinen möge, und lassen alles so einrichten, daß alle sündliche und thörichte Miß- bräuche davon entfernet bleiben.
§. 3. Bißweilen sind besondere Umstände vor- handen, da grosse Herren mehr ihren Bedienten und Unterthanen zu Gefallen, als zu ihrem eigenen Plaisir, Divertissemens anstellen. Es stecken nicht selten mancherley politische Absichten darhinter. Sie wollen die Liebe der Höhern und des Pöbels erlangen, weil die Gemüther der Menschen bey der- gleichen Lustbarkeiten, die den äusserlichen Sinnen
schmei-
Von den Hochfuͤrſtl. Divertiſſemens uͤberh.
§. 2. Es iſt kein Zweifel, daß einige von den Di- vertiſſemens, die an den Europaͤiſchen Hoͤfen an- geſtellet werden, unſchuldiger, und den goͤttlichen und natuͤrlichen Rechten nach zulaͤßiger, als die an- dern. Chriſtliche und weiſe Regenten ſetzen auch bey ihren Ergoͤtzlichkeiten die Pflichten nicht aus den Augen die ſie gegen GOtt und gegen ihre Un- terthanen zu beobachten haben. Sie erwehlen ſol- che, mit denen Luſt und Nutzen zugleich vereiniget, dergleichen ſind mancherley Arten, der Luſt-Jag- ten, Fiſchereyen u. ſ. w. die ihnen und ihren Hof- Cavaliers zur Ergoͤtzung, und zugleich dem Lande zur Erleichterung und Beqvemlichkeit gereichen; ſie retrenchiren dabey alle unnoͤthige Unkoſten und uͤberfluͤßigen Aufwand ſo viel als moͤglich, ſie wid- men eine gewiſſe jaͤhrliche Summe darzu, die ih- ren Einkuͤnfften und Ausgaben proportionirt, da- mit nicht zu der Zeit, wenn der Hof nebſt einigen Unterthanen tantzt und ſpringt, der groͤſte Theil des Landes ſeuffzen und weinen moͤge, und laſſen alles ſo einrichten, daß alle ſuͤndliche und thoͤrichte Miß- braͤuche davon entfernet bleiben.
§. 3. Bißweilen ſind beſondere Umſtaͤnde vor- handen, da groſſe Herren mehr ihren Bedienten und Unterthanen zu Gefallen, als zu ihrem eigenen Plaiſir, Divertiſſemens anſtellen. Es ſtecken nicht ſelten mancherley politiſche Abſichten darhinter. Sie wollen die Liebe der Hoͤhern und des Poͤbels erlangen, weil die Gemuͤther der Menſchen bey der- gleichen Luſtbarkeiten, die den aͤuſſerlichen Sinnen
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Von den Hochfuͤrſtl. Divertiſſemens uͤberh.
§. 2. Es iſt kein Zweifel, daß einige von den Di-
vertiſſemens, die an den Europaͤiſchen Hoͤfen an-
geſtellet werden, unſchuldiger, und den goͤttlichen
und natuͤrlichen Rechten nach zulaͤßiger, als die an-
dern. Chriſtliche und weiſe Regenten ſetzen auch
bey ihren Ergoͤtzlichkeiten die Pflichten nicht aus
den Augen die ſie gegen GOtt und gegen ihre Un-
terthanen zu beobachten haben. Sie erwehlen ſol-
che, mit denen Luſt und Nutzen zugleich vereiniget,
dergleichen ſind mancherley Arten, der Luſt-Jag-
ten, Fiſchereyen u. ſ. w. die ihnen und ihren Hof-
Cavaliers zur Ergoͤtzung, und zugleich dem Lande
zur Erleichterung und Beqvemlichkeit gereichen;
ſie retrenchiren dabey alle unnoͤthige Unkoſten und
uͤberfluͤßigen Aufwand ſo viel als moͤglich, ſie wid-
men eine gewiſſe jaͤhrliche Summe darzu, die ih-
ren Einkuͤnfften und Ausgaben proportionirt, da-
mit nicht zu der Zeit, wenn der Hof nebſt einigen
Unterthanen tantzt und ſpringt, der groͤſte Theil des
Landes ſeuffzen und weinen moͤge, und laſſen alles
ſo einrichten, daß alle ſuͤndliche und thoͤrichte Miß-
braͤuche davon entfernet bleiben.
§. 3. Bißweilen ſind beſondere Umſtaͤnde vor-
handen, da groſſe Herren mehr ihren Bedienten
und Unterthanen zu Gefallen, als zu ihrem eigenen
Plaiſir, Divertiſſemens anſtellen. Es ſtecken nicht
ſelten mancherley politiſche Abſichten darhinter.
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erlangen, weil die Gemuͤther der Menſchen bey der-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 733. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/757>, abgerufen am 22.11.2024.
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