Wer will aber sagen, was in Teutschland ge- schehe, da wir das Einbringen der ausländi- schen manufacturen aus der Schweitz, Franck- reich und Holland täglich in grosser Menge se- hen, welche doch alle in Teutschland bleiben, und nicht, wie etwan durch einen Canal, in an- dere Länder fliessen. Gesetzt, daß auch Teutsch- land mit eigenen manufacturen, ohne der Frem- den zu bedürffen, genungsam sich versehen kön- ne, wer hätte denn verbothen, daß die übrigen rohen Materialien nicht auch zu solchen manu- facturen solten verarbeitet werden, um mit sol- chen in der Fremde ein vortheilhafftiges Com- mercium zu treiben, dadurch das Land mit Handwercks-Leuten anzufüllen und selbiges viel populöser zu machen. Zwar wird es in dem weitbegriffenen Teutschland schwerlich dahin zu bringen seyn, daß es so gar einen Uberfluß haben solte an manufacturen, um sich selbst zu versehen, und noch andern Ländern mitzuthei- len, denn daran verhindert das unterschiedene Interesse so vieler in demselben sich befindender Stände, deren allgemeiner und auch sonderba- rer Zweck dahin gehen solte, wie so viel durch das leidige Krieges-Wesen ruinirte Städte und Dörffer wieder angebauet, Volckreich ge- macht, und das erschöpffte aerarium angefüllet werden möchte. Es schreibet ein gewisser Au-
tor,
Wer will aber ſagen, was in Teutſchland ge- ſchehe, da wir das Einbringen der auslaͤndi- ſchen manufacturen aus der Schweitz, Franck- reich und Holland taͤglich in groſſer Menge ſe- hen, welche doch alle in Teutſchland bleiben, und nicht, wie etwan durch einen Canal, in an- dere Laͤnder flieſſen. Geſetzt, daß auch Teutſch- land mit eigenen manufacturen, ohne der Frem- den zu beduͤrffen, genungſam ſich verſehen koͤn- ne, wer haͤtte denn verbothen, daß die uͤbrigen rohen Materialien nicht auch zu ſolchen manu- facturen ſolten verarbeitet werden, um mit ſol- chen in der Fremde ein vortheilhafftiges Com- mercium zu treiben, dadurch das Land mit Handwercks-Leuten anzufuͤllen und ſelbiges viel populoͤſer zu machen. Zwar wird es in dem weitbegriffenen Teutſchland ſchwerlich dahin zu bringen ſeyn, daß es ſo gar einen Uberfluß haben ſolte an manufacturen, um ſich ſelbſt zu verſehen, und noch andern Laͤndern mitzuthei- len, denn daran verhindert das unterſchiedene Intereſſe ſo vieler in demſelben ſich befindender Staͤnde, deren allgemeiner und auch ſonderba- rer Zweck dahin gehen ſolte, wie ſo viel durch das leidige Krieges-Weſen ruinirte Staͤdte und Doͤrffer wieder angebauet, Volckreich ge- macht, und das erſchoͤpffte ærarium angefuͤllet werden moͤchte. Es ſchreibet ein gewiſſer Au-
tor,
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Wer will aber ſagen, was in Teutſchland ge-
ſchehe, da wir das Einbringen der auslaͤndi-
ſchen manufacturen aus der Schweitz, Franck-
reich und Holland taͤglich in groſſer Menge ſe-
hen, welche doch alle in Teutſchland bleiben,
und nicht, wie etwan durch einen Canal, in an-
dere Laͤnder flieſſen. Geſetzt, daß auch Teutſch-
land mit eigenen manufacturen, ohne der Frem-
den zu beduͤrffen, genungſam ſich verſehen koͤn-
ne, wer haͤtte denn verbothen, daß die uͤbrigen
rohen Materialien nicht auch zu ſolchen manu-
facturen ſolten verarbeitet werden, um mit ſol-
chen in der Fremde ein vortheilhafftiges Com-
mercium zu treiben, dadurch das Land mit
Handwercks-Leuten anzufuͤllen und ſelbiges viel
populoͤſer zu machen. Zwar wird es in dem
weitbegriffenen Teutſchland ſchwerlich dahin
zu bringen ſeyn, daß es ſo gar einen Uberfluß
haben ſolte an manufacturen, um ſich ſelbſt zu
verſehen, und noch andern Laͤndern mitzuthei-
len, denn daran verhindert das unterſchiedene
Intereſſe ſo vieler in demſelben ſich befindender
Staͤnde, deren allgemeiner und auch ſonderba-
rer Zweck dahin gehen ſolte, wie ſo viel durch
das leidige Krieges-Weſen ruinirte Staͤdte
und Doͤrffer wieder angebauet, Volckreich ge-
macht, und das erſchoͤpffte ærarium angefuͤllet
werden moͤchte. Es ſchreibet ein gewiſſer Au-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1042. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1062>, abgerufen am 22.11.2024.
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