etwan in schwere Mißhelligkeiten und Recht- fertigungen mit ihnen gerathen.
§. 27. Hierbey fragt sichs, ob ein Landes- Fürst wohl befugt sey, das Reich oder einen Theil des Reichs durch einen Contract auf ei- nen andern Fürsten zu transferiren, oder wel- ches einerley ist, dasselbige zu veräußern. Ei- nige negiren solches Recht schlechterdings und sagen, es stünde nicht in seiner Gewalt noch Gefallen mit den Rechten des Reichs zu schalten, und dieselben wie das Geld zum Fenster hinaus zu werffen. Andere ma- chen einen Unterscheid unter den patrimonial- Reichen, und unter denen, so nicht patrimonial sind, und erlauben die Veräußerung bey jenen, aber nicht bey diesen.
§. 28. Es ist allerdings die Regul vor be- kandt anzunehmen, daß ein König nicht befugt sey, ordentlicher Weise das Reich oder einen Theil desselben durch einen Contract auf einen andern zu bringen. Denn die Könige sind als Vormünder zu Beschützung des Volcks verord- net, wer aber etwas veräußert, der administri- ret dieselbe Sache nicht. Jedoch sind zwey Fälle zu excipiren, in welchen die alienation ei- nem Landes-Fürsten Contracts-Weise zu ver- statten. Wenn er nehmlich den Contract (1.) aus Noth, und (2.) in Ansehung der allge-
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etwan in ſchwere Mißhelligkeiten und Recht- fertigungen mit ihnen gerathen.
§. 27. Hierbey fragt ſichs, ob ein Landes- Fuͤrſt wohl befugt ſey, das Reich oder einen Theil des Reichs durch einen Contract auf ei- nen andern Fuͤrſten zu transferiren, oder wel- ches einerley iſt, daſſelbige zu veraͤußern. Ei- nige negiren ſolches Recht ſchlechterdings und ſagen, es ſtuͤnde nicht in ſeiner Gewalt noch Gefallen mit den Rechten des Reichs zu ſchalten, und dieſelben wie das Geld zum Fenſter hinaus zu werffen. Andere ma- chen einen Unterſcheid unter den patrimonial- Reichen, und unter denen, ſo nicht patrimonial ſind, und erlauben die Veraͤußerung bey jenen, aber nicht bey dieſen.
§. 28. Es iſt allerdings die Regul vor be- kandt anzunehmen, daß ein Koͤnig nicht befugt ſey, ordentlicher Weiſe das Reich oder einen Theil deſſelben durch einen Contract auf einen andern zu bringen. Denn die Koͤnige ſind als Vormuͤnder zu Beſchuͤtzung des Volcks verord- net, wer aber etwas veraͤußert, der adminiſtri- ret dieſelbe Sache nicht. Jedoch ſind zwey Faͤlle zu excipiren, in welchen die alienation ei- nem Landes-Fuͤrſten Contracts-Weiſe zu ver- ſtatten. Wenn er nehmlich den Contract (1.) aus Noth, und (2.) in Anſehung der allge-
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etwan in ſchwere Mißhelligkeiten und Recht-
fertigungen mit ihnen gerathen.
§. 27. Hierbey fragt ſichs, ob ein Landes-
Fuͤrſt wohl befugt ſey, das Reich oder einen
Theil des Reichs durch einen Contract auf ei-
nen andern Fuͤrſten zu transferiren, oder wel-
ches einerley iſt, daſſelbige zu veraͤußern. Ei-
nige negiren ſolches Recht ſchlechterdings und
ſagen, es ſtuͤnde nicht in ſeiner Gewalt
noch Gefallen mit den Rechten des Reichs
zu ſchalten, und dieſelben wie das Geld
zum Fenſter hinaus zu werffen. Andere ma-
chen einen Unterſcheid unter den patrimonial-
Reichen, und unter denen, ſo nicht patrimonial
ſind, und erlauben die Veraͤußerung bey jenen,
aber nicht bey dieſen.
§. 28. Es iſt allerdings die Regul vor be-
kandt anzunehmen, daß ein Koͤnig nicht befugt
ſey, ordentlicher Weiſe das Reich oder einen
Theil deſſelben durch einen Contract auf einen
andern zu bringen. Denn die Koͤnige ſind als
Vormuͤnder zu Beſchuͤtzung des Volcks verord-
net, wer aber etwas veraͤußert, der adminiſtri-
ret dieſelbe Sache nicht. Jedoch ſind zwey
Faͤlle zu excipiren, in welchen die alienation ei-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/110>, abgerufen am 24.11.2024.
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