ansehnliche Summen zu nothdürfftiger Versor- gung der Personen ihres Geschlechts angewen- det, und allerhand heilsame Anstalten hierinnen gemacht. Hieher gehören vornehmlich diejeni- gen, die vor die Erhaltung der armen Fräuleins gewisse Stiffter fundiret, oder doch zu deren Conservirung und Erweiterung grosse Summen Geldes hinein legiret und geschencket. Wiewohl man unter denen Evangelisch-Lutherischen deren einige antrifft, so möchte man doch hiervon wohl sagen: Was ist das unter so viele? Man zehlet etwan in manchen Lutherischen Landen deren zwey, drey oder viere, darinnen ein zehn oder zwölff, oder wenns hoch ist, ein 24. Fräuleins versorget werden, und hingegen ist eine weit grös- sere Anzahl Fräuleins anzutreffen, die entweder bey den Personen ihres Geschlechts sich in Dien- ste begeben, welches gar etwas betrübliches und hartes ist, oder desperate Mariagen ergreiffen, oder aus Armuth mit Leuten, die Reichthum und Ansehen haben, eine unzuläßige Conversation pflegen müssen. Exempla sunt odiosa. Es ge- langen auch in diese Stiffter die Allerärmsten und die es am meisten bedürfftig wären, gar selten, sondern etwan solche, die mit gewissen vornehmen Leuten befreundet sind, auf deren Recommenda- tion viel gebauet wird, oder sonst aus Liebe zur Einsamkeit und einem stillen Lebens-Wandel sich
hinein
anſehnliche Summen zu nothduͤrfftiger Verſor- gung der Perſonen ihres Geſchlechts angewen- det, und allerhand heilſame Anſtalten hierinnen gemacht. Hieher gehoͤren vornehmlich diejeni- gen, die vor die Erhaltung der armen Fraͤuleins gewiſſe Stiffter fundiret, oder doch zu deren Conſervirung und Erweiterung groſſe Summen Geldes hinein legiret und geſchencket. Wiewohl man unter denen Evangeliſch-Lutheriſchen deren einige antrifft, ſo moͤchte man doch hiervon wohl ſagen: Was iſt das unter ſo viele? Man zehlet etwan in manchen Lutheriſchen Landen deren zwey, drey oder viere, darinnen ein zehn oder zwoͤlff, oder wenns hoch iſt, ein 24. Fraͤuleins verſorget werden, und hingegen iſt eine weit groͤſ- ſere Anzahl Fraͤuleins anzutreffen, die entweder bey den Perſonen ihres Geſchlechts ſich in Dien- ſte begeben, welches gar etwas betruͤbliches und hartes iſt, oder deſperate Mariagen ergreiffen, oder aus Armuth mit Leuten, die Reichthum und Anſehen haben, eine unzulaͤßige Converſation pflegen muͤſſen. Exempla ſunt odioſa. Es ge- langen auch in dieſe Stiffter die Alleraͤrmſten und die es am meiſten beduͤrfftig waͤren, gar ſelten, ſondern etwan ſolche, die mit gewiſſen vornehmen Leuten befreundet ſind, auf deren Recommenda- tion viel gebauet wird, oder ſonſt aus Liebe zur Einſamkeit und einem ſtillen Lebens-Wandel ſich
hinein
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anſehnliche Summen zu nothduͤrfftiger Verſor-
gung der Perſonen ihres Geſchlechts angewen-
det, und allerhand heilſame Anſtalten hierinnen
gemacht. Hieher gehoͤren vornehmlich diejeni-
gen, die vor die Erhaltung der armen Fraͤuleins
gewiſſe Stiffter fundiret, oder doch zu deren
Conſervirung und Erweiterung groſſe Summen
Geldes hinein legiret und geſchencket. Wiewohl
man unter denen Evangeliſch-Lutheriſchen deren
einige antrifft, ſo moͤchte man doch hiervon wohl
ſagen: Was iſt das unter ſo viele? Man zehlet
etwan in manchen Lutheriſchen Landen deren
zwey, drey oder viere, darinnen ein zehn oder
zwoͤlff, oder wenns hoch iſt, ein 24. Fraͤuleins
verſorget werden, und hingegen iſt eine weit groͤſ-
ſere Anzahl Fraͤuleins anzutreffen, die entweder
bey den Perſonen ihres Geſchlechts ſich in Dien-
ſte begeben, welches gar etwas betruͤbliches und
hartes iſt, oder deſperate Mariagen ergreiffen,
oder aus Armuth mit Leuten, die Reichthum und
Anſehen haben, eine unzulaͤßige Converſation
pflegen muͤſſen. Exempla ſunt odioſa. Es ge-
langen auch in dieſe Stiffter die Alleraͤrmſten und
die es am meiſten beduͤrfftig waͤren, gar ſelten,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1364>, abgerufen am 23.11.2024.
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