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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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zweiffelhaffte oder gar abschlägige und widrige
Meynung führen, so wird ihnen darauf, wo ih-
[r]e angezogene Ursachen nicht erheblich scheinen,
eine Gegen-Erklärung oder Replica im Nah-
men des Landes-Herrn schrifftlich zugestellt, dar-
auf sie anderweit in einer fernern Duplic sich
vernehmen lassen müssen, und geräth offt in
wichtigen und verdrießlichen Sachen dahin,
daß wohl noch mehr Schrifften gewechselt wer-
den, ehe man eines Schlusses einig werden kan.
Doch pflegt man, um Weitläufftigkeit zu ver-
hüten, nicht gerne in weitere Schrifften sich ein-
zulassen, sondern durch mündliche Conferenz
zwischen des Landes-Herrn Räthen und allen
oder etlichen von den Land-Ständen die Sa-
chen, darinnen man unterschiedlicher Meynung
ist, gegen einander fürzubringen, biß entweder
nach der Proposition des Landes-Herrn oder ie
in andere nützliche Wege, nach dem Rath der
Stände, oder der meisten aus ihnen eine Reso-
lution gefaßt wird, darinnen denn der Landes-
Herr desto behutsamer verfähret, weil solche
Landtags-Schlüsse nicht nur die beschriebenen
Stände und ihre Hintersassen, sondern auch
seine unmittelbahre Unterthanen der Aemter,
welche wohl den grössern Theil des Landes mit
ausmachen, zugleich angehen, und er dessenfalls
für dieselben mit sorgen und handeln muß.

§. 6.
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zweiffelhaffte oder gar abſchlaͤgige und widrige
Meynung fuͤhren, ſo wird ihnen darauf, wo ih-
[r]e angezogene Urſachen nicht erheblich ſcheinen,
eine Gegen-Erklaͤrung oder Replica im Nah-
men des Landes-Herrn ſchrifftlich zugeſtellt, dar-
auf ſie anderweit in einer fernern Duplic ſich
vernehmen laſſen muͤſſen, und geraͤth offt in
wichtigen und verdrießlichen Sachen dahin,
daß wohl noch mehr Schrifften gewechſelt wer-
den, ehe man eines Schluſſes einig werden kan.
Doch pflegt man, um Weitlaͤufftigkeit zu ver-
huͤten, nicht gerne in weitere Schrifften ſich ein-
zulaſſen, ſondern durch muͤndliche Conferenz
zwiſchen des Landes-Herrn Raͤthen und allen
oder etlichen von den Land-Staͤnden die Sa-
chen, darinnen man unterſchiedlicher Meynung
iſt, gegen einander fuͤrzubringen, biß entweder
nach der Propoſition des Landes-Herrn oder ie
in andere nuͤtzliche Wege, nach dem Rath der
Staͤnde, oder der meiſten aus ihnen eine Reſo-
lution gefaßt wird, darinnen denn der Landes-
Herr deſto behutſamer verfaͤhret, weil ſolche
Landtags-Schluͤſſe nicht nur die beſchriebenen
Staͤnde und ihre Hinterſaſſen, ſondern auch
ſeine unmittelbahre Unterthanen der Aemter,
welche wohl den groͤſſern Theil des Landes mit
ausmachen, zugleich angehen, und er deſſenfalls
fuͤr dieſelben mit ſorgen und handeln muß.

§. 6.
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[1367/1387] zweiffelhaffte oder gar abſchlaͤgige und widrige Meynung fuͤhren, ſo wird ihnen darauf, wo ih- re angezogene Urſachen nicht erheblich ſcheinen, eine Gegen-Erklaͤrung oder Replica im Nah- men des Landes-Herrn ſchrifftlich zugeſtellt, dar- auf ſie anderweit in einer fernern Duplic ſich vernehmen laſſen muͤſſen, und geraͤth offt in wichtigen und verdrießlichen Sachen dahin, daß wohl noch mehr Schrifften gewechſelt wer- den, ehe man eines Schluſſes einig werden kan. Doch pflegt man, um Weitlaͤufftigkeit zu ver- huͤten, nicht gerne in weitere Schrifften ſich ein- zulaſſen, ſondern durch muͤndliche Conferenz zwiſchen des Landes-Herrn Raͤthen und allen oder etlichen von den Land-Staͤnden die Sa- chen, darinnen man unterſchiedlicher Meynung iſt, gegen einander fuͤrzubringen, biß entweder nach der Propoſition des Landes-Herrn oder ie in andere nuͤtzliche Wege, nach dem Rath der Staͤnde, oder der meiſten aus ihnen eine Reſo- lution gefaßt wird, darinnen denn der Landes- Herr deſto behutſamer verfaͤhret, weil ſolche Landtags-Schluͤſſe nicht nur die beſchriebenen Staͤnde und ihre Hinterſaſſen, ſondern auch ſeine unmittelbahre Unterthanen der Aemter, welche wohl den groͤſſern Theil des Landes mit ausmachen, zugleich angehen, und er deſſenfalls fuͤr dieſelben mit ſorgen und handeln muß. §. 6. R r r r 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1387>, abgerufen am 16.07.2024.