Unrecht angethan wird. Also können sie auch nicht einmahl der Erhaltung ihrer Religion we- gen die Waffen wider ihren Landes-Herrn er- greiffen, sondern lieber alles unrecht und Ubel ausstehen. Grotius behauptet zwar, daß bey ge- wissen Fällen diese Obligation cessire, allein es gehöret entweder nicht zur Regel, oder diese Er- innerungen sind gar sehr ungewiß und zweiffel- hafft.
§. 12. Wenn der Feind einen Einfall in das Gebiethe thut, so sind sie ihm, so lange sie ihm als Feinde widerstehen, im geringsten nicht obli- giret. Wenn sie aber von ihrem rechtmäßigen Landes-Herrn nicht mehr beschützet werden können, und sich dem Uberwinder zu unterwerffen genöthiget, so sind sie von dem erstern Nexu frey und dem neuen Landes-Herrn unterworffen, so lange sie unter seiner Bothmäßigkeit stehen.
§. 13. Uberdiß benimmt das Band der Unter- thänigkeit denen eintzeln Unterthanen nicht die Freyheit, sich aus seinem Lande wegzubegeben, und ihren vorigen Sitz zu verlassen, in so weit als durch solchen Auszug der Republic kein Praejudiz zuwächst. Jch rede hier von dem Jure publico universali, wenn nemlich diese Freyheit, abzu- ziehen, den Unterthanen nicht eingeschrenckt oder entzogen worden. Denn das ist gewiß, daß ein Landes-Herr diese Freyheit einschrencken, oder
nur
Unrecht angethan wird. Alſo koͤnnen ſie auch nicht einmahl der Erhaltung ihrer Religion we- gen die Waffen wider ihren Landes-Herrn er- greiffen, ſondern lieber alles unrecht und Ubel ausſtehen. Grotius behauptet zwar, daß bey ge- wiſſen Faͤllen dieſe Obligation ceſſire, allein es gehoͤret entweder nicht zur Regel, oder dieſe Er- innerungen ſind gar ſehr ungewiß und zweiffel- hafft.
§. 12. Wenn der Feind einen Einfall in das Gebiethe thut, ſo ſind ſie ihm, ſo lange ſie ihm als Feinde widerſtehen, im geringſten nicht obli- giret. Wenn ſie aber von ihrem rechtmaͤßigen Landes-Herrn nicht mehr beſchuͤtzet werden koͤnnen, und ſich dem Uberwinder zu unterwerffen genoͤthiget, ſo ſind ſie von dem erſtern Nexu frey und dem neuen Landes-Herrn unterworffen, ſo lange ſie unter ſeiner Bothmaͤßigkeit ſtehen.
§. 13. Uberdiß benimmt das Band der Unter- thaͤnigkeit denen eintzeln Unterthanen nicht die Freyheit, ſich aus ſeinem Lande wegzubegeben, und ihren vorigen Sitz zu verlaſſen, in ſo weit als durch ſolchen Auszug der Republic kein Præjudiz zuwaͤchſt. Jch rede hier von dem Jure publico univerſali, wenn nemlich dieſe Freyheit, abzu- ziehen, den Unterthanen nicht eingeſchrenckt oder entzogen worden. Denn das iſt gewiß, daß ein Landes-Herr dieſe Freyheit einſchrencken, oder
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Unrecht angethan wird. Alſo koͤnnen ſie auch
nicht einmahl der Erhaltung ihrer Religion we-
gen die Waffen wider ihren Landes-Herrn er-
greiffen, ſondern lieber alles unrecht und Ubel
ausſtehen. Grotius behauptet zwar, daß bey ge-
wiſſen Faͤllen dieſe Obligation ceſſire, allein es
gehoͤret entweder nicht zur Regel, oder dieſe Er-
innerungen ſind gar ſehr ungewiß und zweiffel-
hafft.
§. 12. Wenn der Feind einen Einfall in das
Gebiethe thut, ſo ſind ſie ihm, ſo lange ſie ihm
als Feinde widerſtehen, im geringſten nicht obli-
giret. Wenn ſie aber von ihrem rechtmaͤßigen
Landes-Herrn nicht mehr beſchuͤtzet werden
koͤnnen, und ſich dem Uberwinder zu unterwerffen
genoͤthiget, ſo ſind ſie von dem erſtern Nexu frey
und dem neuen Landes-Herrn unterworffen, ſo
lange ſie unter ſeiner Bothmaͤßigkeit ſtehen.
§. 13. Uberdiß benimmt das Band der Unter-
thaͤnigkeit denen eintzeln Unterthanen nicht die
Freyheit, ſich aus ſeinem Lande wegzubegeben,
und ihren vorigen Sitz zu verlaſſen, in ſo weit als
durch ſolchen Auszug der Republic kein Præjudiz
zuwaͤchſt. Jch rede hier von dem Jure publico
univerſali, wenn nemlich dieſe Freyheit, abzu-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1392>, abgerufen am 23.11.2024.
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