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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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nachdem sie finden, daß das äusserliche Anse-
hen des Gesichts von derjenigen Person, die sie
zu ihrer Gemahlin zu erwehlen gedencken, ih-
nen anständig oder nicht, nachdem determini-
ren sie auch, in Ansehung der Heyrathen, ihre
Entschlüssung. Nun lasse ich zwar solches
passiren, wenn die Braut so sehr weit entfer-
net, daß ein Landes Herr oder Printz ohne die
grösten incommoditäten oder Gefahr nicht
wohl hinreisen, und darbey durch eine solche
Mariage sich, oder seinen Landen einen sehr gros-
sen Vortheil zuziehen kan. Denn in diesem
Fall muß man es so gar genau nicht nehmen.
Außer dem aber handeln die Regenten sehr
weißlich, wenn sie lieber selbst sich auf den Weg
machen, und diejenige Person, die sie sich zu ih-
rer Braut erwehlen, in Augenschein nehmen,
und, wenn sie die Unkosten oder gewisse Cere-
monien vermeiden wollen, lieber incognito
reisen. Denn sonst werden sie öffters, wenn
sie den portraiten Glauben zustellen wollen,
hierdurch verführet, daß sie sich einbilden, sie
bekommen eine schöne Person zu ihrer Gemah-
lin. Die aber hernach von sehr heßlichen
Ansehen ist, und sind denn solche Fürstliche
Personen alsdenn gar sehr unglücklich und
mißvergnügt. Am besten ists, wenn die
Fürstlichen Personen auch vornehmlich die

wahre



nachdem ſie finden, daß das aͤuſſerliche Anſe-
hen des Geſichts von derjenigen Perſon, die ſie
zu ihrer Gemahlin zu erwehlen gedencken, ih-
nen anſtaͤndig oder nicht, nachdem determini-
ren ſie auch, in Anſehung der Heyrathen, ihre
Entſchluͤſſung. Nun laſſe ich zwar ſolches
paſſiren, wenn die Braut ſo ſehr weit entfer-
net, daß ein Landes Herr oder Printz ohne die
groͤſten incommoditaͤten oder Gefahr nicht
wohl hinreiſen, und darbey durch eine ſolche
Mariage ſich, oder ſeinen Landen einen ſehr groſ-
ſen Vortheil zuziehen kan. Denn in dieſem
Fall muß man es ſo gar genau nicht nehmen.
Außer dem aber handeln die Regenten ſehr
weißlich, wenn ſie lieber ſelbſt ſich auf den Weg
machen, und diejenige Perſon, die ſie ſich zu ih-
rer Braut erwehlen, in Augenſchein nehmen,
und, wenn ſie die Unkoſten oder gewiſſe Cere-
monien vermeiden wollen, lieber incognito
reiſen. Denn ſonſt werden ſie oͤffters, wenn
ſie den portraiten Glauben zuſtellen wollen,
hierdurch verfuͤhret, daß ſie ſich einbilden, ſie
bekommen eine ſchoͤne Perſon zu ihrer Gemah-
lin. Die aber hernach von ſehr heßlichen
Anſehen iſt, und ſind denn ſolche Fuͤrſtliche
Perſonen alsdenn gar ſehr ungluͤcklich und
mißvergnuͤgt. Am beſten iſts, wenn die
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[127/0147] nachdem ſie finden, daß das aͤuſſerliche Anſe- hen des Geſichts von derjenigen Perſon, die ſie zu ihrer Gemahlin zu erwehlen gedencken, ih- nen anſtaͤndig oder nicht, nachdem determini- ren ſie auch, in Anſehung der Heyrathen, ihre Entſchluͤſſung. Nun laſſe ich zwar ſolches paſſiren, wenn die Braut ſo ſehr weit entfer- net, daß ein Landes Herr oder Printz ohne die groͤſten incommoditaͤten oder Gefahr nicht wohl hinreiſen, und darbey durch eine ſolche Mariage ſich, oder ſeinen Landen einen ſehr groſ- ſen Vortheil zuziehen kan. Denn in dieſem Fall muß man es ſo gar genau nicht nehmen. Außer dem aber handeln die Regenten ſehr weißlich, wenn ſie lieber ſelbſt ſich auf den Weg machen, und diejenige Perſon, die ſie ſich zu ih- rer Braut erwehlen, in Augenſchein nehmen, und, wenn ſie die Unkoſten oder gewiſſe Cere- monien vermeiden wollen, lieber incognito reiſen. Denn ſonſt werden ſie oͤffters, wenn ſie den portraiten Glauben zuſtellen wollen, hierdurch verfuͤhret, daß ſie ſich einbilden, ſie bekommen eine ſchoͤne Perſon zu ihrer Gemah- lin. Die aber hernach von ſehr heßlichen Anſehen iſt, und ſind denn ſolche Fuͤrſtliche Perſonen alsdenn gar ſehr ungluͤcklich und mißvergnuͤgt. Am beſten iſts, wenn die Fuͤrſtlichen Perſonen auch vornehmlich die wahre

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/147>, abgerufen am 21.11.2024.