beration bisweilen etwas versähe, ein anderer hin- gegen wäre sehr circumspect und bedächtig, alle Suiten, die aus dieser oder jener Sache dem Ver- muthen nach zu erwarten stünde, und was dieser oder jener Schluß vor einen Effect haben würde, vorher zu sehen, aber etwas langweilig. Diese schickten sich gar wohl zusammen, denn wenn sie eine Sache mit einander concertiren, so kan dieser jenem dieserhalben gehörigen Vorstellungen thun, erweisen, daß es auf die Art nicht angehe, und ihn ersuchen, daß er sich nicht praecipitire, hinge- gen der andere kan diesem, der vielleicht ein Pater difficultatum ist, und wohl Scrupel zu erregen, aber nicht zu solviren weiß, und sonst über die Maßen in seinen Resolutionen langweilig ist, assistiren, daß die Sache hurtiger von Statten gehe, und nicht so trainiret werde.
§. 19. Ein Regent thut wohl, wenn er seinen Abgesandten anbefiehlet, daß er alle Tage auf- zeichne, wie weit er seinem ihm zu expediren aufge- tragenen Negotio avancire, und solches seinem Principal mit allen und ieden Umständen über- schreibe, damit er seine Mesures darnach nehmen, und den Gesandten hiernach instruiren könne. Es mag die Instruction so weitläufftig und speciel seyn als sie nur immer will, so kan doch weder der Landes-Herr noch das Ministerium, nebst dem Abgesandten alle die vorfallenden Umstände vor- her sehen, die sich etwan nachgehends ereignen, und die letztere Instruction vielleicht gantz anders modificiren können. Es ist auch selbst vor einen Abgesandten besser, wenn er allezeit nöthige Ordre
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beration bisweilen etwas verſaͤhe, ein anderer hin- gegen waͤre ſehr circumſpect und bedaͤchtig, alle Suiten, die aus dieſer oder jener Sache dem Ver- muthen nach zu erwarten ſtuͤnde, und was dieſer oder jener Schluß vor einen Effect haben wuͤrde, vorher zu ſehen, aber etwas langweilig. Dieſe ſchickten ſich gar wohl zuſammen, denn wenn ſie eine Sache mit einander concertiren, ſo kan dieſer jenem dieſeꝛhalben gehoͤꝛigen Vorſtellungen thun, erweiſen, daß es auf die Art nicht angehe, und ihn erſuchen, daß er ſich nicht præcipitire, hinge- gen der andere kan dieſem, der vielleicht ein Pater difficultatum iſt, und wohl Scrupel zu erregen, aber nicht zu ſolviren weiß, und ſonſt uͤber die Maßen in ſeinen Reſolutionen langweilig iſt, asſiſtiren, daß die Sache hurtiger von Statten gehe, und nicht ſo trainiret werde.
§. 19. Ein Regent thut wohl, wenn er ſeinen Abgeſandten anbefiehlet, daß er alle Tage auf- zeichne, wie weit er ſeinem ihm zu expediren aufge- tragenen Negotio avancire, und ſolches ſeinem Principal mit allen und ieden Umſtaͤnden uͤber- ſchreibe, damit er ſeine Meſures darnach nehmen, und den Geſandten hiernach inſtruiren koͤnne. Es mag die Inſtruction ſo weitlaͤufftig und ſpeciel ſeyn als ſie nur immer will, ſo kan doch weder der Landes-Herr noch das Miniſterium, nebſt dem Abgeſandten alle die vorfallenden Umſtaͤnde vor- her ſehen, die ſich etwan nachgehends ereignen, und die letztere Inſtruction vielleicht gantz anders modificiren koͤnnen. Es iſt auch ſelbſt vor einen Abgeſandten beſſer, wenn er allezeit noͤthige Ordre
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beration bisweilen etwas verſaͤhe, ein anderer hin-
gegen waͤre ſehr circumſpect und bedaͤchtig, alle
Suiten, die aus dieſer oder jener Sache dem Ver-
muthen nach zu erwarten ſtuͤnde, und was dieſer
oder jener Schluß vor einen Effect haben wuͤrde,
vorher zu ſehen, aber etwas langweilig. Dieſe
ſchickten ſich gar wohl zuſammen, denn wenn ſie
eine Sache mit einander concertiren, ſo kan dieſer
jenem dieſeꝛhalben gehoͤꝛigen Vorſtellungen thun,
erweiſen, daß es auf die Art nicht angehe, und
ihn erſuchen, daß er ſich nicht præcipitire, hinge-
gen der andere kan dieſem, der vielleicht ein Pater
difficultatum iſt, und wohl Scrupel zu erregen, aber
nicht zu ſolviren weiß, und ſonſt uͤber die Maßen
in ſeinen Reſolutionen langweilig iſt, asſiſtiren,
daß die Sache hurtiger von Statten gehe, und
nicht ſo trainiret werde.
§. 19. Ein Regent thut wohl, wenn er ſeinen
Abgeſandten anbefiehlet, daß er alle Tage auf-
zeichne, wie weit er ſeinem ihm zu expediren aufge-
tragenen Negotio avancire, und ſolches ſeinem
Principal mit allen und ieden Umſtaͤnden uͤber-
ſchreibe, damit er ſeine Meſures darnach nehmen,
und den Geſandten hiernach inſtruiren koͤnne. Es
mag die Inſtruction ſo weitlaͤufftig und ſpeciel ſeyn
als ſie nur immer will, ſo kan doch weder der
Landes-Herr noch das Miniſterium, nebſt dem
Abgeſandten alle die vorfallenden Umſtaͤnde vor-
her ſehen, die ſich etwan nachgehends ereignen,
und die letztere Inſtruction vielleicht gantz anders
modificiren koͤnnen. Es iſt auch ſelbſt vor einen
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1489>, abgerufen am 23.11.2024.
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