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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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Anstalt eines Frauenzimmers dienen kan, in
denen deßwegen hin und wieder absonderlich
aufgerichteten Frauenzimmer-Ordnungen zu
finden.

§. 18. Wenn ein Fürst eines von seiner
Unterthanen Kindern zur Gemahlin erwehlt
und es entstehen Zwistigkeiten unter ihnen, so
kan der Fürst proprio facto sie nach Gefallen
von sich stossen, und die Ehe zertrennen, ohne
daß er von andern deßwegen, und, ob er gleich
keine suffisante raison darzu gehabt, zur Rede
gesetzet werden könne. Jedoch wird ein Christl.
und vernünfftiger Fürst nicht allein die Gebote
GOttes hierbey in gehörige Beobachtung zu
nehmen wissen und gedencken, daß ein grösserer
über ihn noch gesetzt sey, dem er dereinst von sei-
nen Actionen werde Rechenschafft geben müs-
sen, sondern sich auch so aufführen, daß er von
seiner künfftigen Gemahlin in Ansehung der
Conduite, die er gegen die erstere in Acht ge-
nommen, nicht etwan mehr gefürchtet denn ge-
liebet werde. Jst aber die Gemahlin aus ei-
nem andern Fürstl. Hause, und es erregen sich
Disputen unter ihnen, so pflegen gewisse andere
Potentaten zu Schieds-Leuten ausgelesen
zu werden, die sich bemühen, sie aus einander zu
setzen. Jn Teutschland werden dergleichen
Causae matrimoniales unter den Fürstl. Per-

sonen
J 4



Anſtalt eines Frauenzimmers dienen kan, in
denen deßwegen hin und wieder abſonderlich
aufgerichteten Frauenzimmer-Ordnungen zu
finden.

§. 18. Wenn ein Fuͤrſt eines von ſeiner
Unterthanen Kindern zur Gemahlin erwehlt
und es entſtehen Zwiſtigkeiten unter ihnen, ſo
kan der Fuͤrſt proprio facto ſie nach Gefallen
von ſich ſtoſſen, und die Ehe zertrennen, ohne
daß er von andern deßwegen, und, ob er gleich
keine ſuffiſante raiſon darzu gehabt, zur Rede
geſetzet werden koͤnne. Jedoch wird ein Chriſtl.
und vernuͤnfftiger Fuͤrſt nicht allein die Gebote
GOttes hierbey in gehoͤrige Beobachtung zu
nehmen wiſſen und gedencken, daß ein groͤſſerer
uͤber ihn noch geſetzt ſey, dem er dereinſt von ſei-
nen Actionen werde Rechenſchafft geben muͤſ-
ſen, ſondern ſich auch ſo auffuͤhren, daß er von
ſeiner kuͤnfftigen Gemahlin in Anſehung der
Conduite, die er gegen die erſtere in Acht ge-
nommen, nicht etwan mehr gefuͤrchtet denn ge-
liebet werde. Jſt aber die Gemahlin aus ei-
nem andern Fuͤrſtl. Hauſe, und es erregen ſich
Diſputen unter ihnen, ſo pflegen gewiſſe andere
Potentaten zu Schieds-Leuten ausgeleſen
zu werden, die ſich bemuͤhen, ſie aus einander zu
ſetzen. Jn Teutſchland werden dergleichen
Cauſæ matrimoniales unter den Fuͤrſtl. Per-

ſonen
J 4
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[135/0155] Anſtalt eines Frauenzimmers dienen kan, in denen deßwegen hin und wieder abſonderlich aufgerichteten Frauenzimmer-Ordnungen zu finden. §. 18. Wenn ein Fuͤrſt eines von ſeiner Unterthanen Kindern zur Gemahlin erwehlt und es entſtehen Zwiſtigkeiten unter ihnen, ſo kan der Fuͤrſt proprio facto ſie nach Gefallen von ſich ſtoſſen, und die Ehe zertrennen, ohne daß er von andern deßwegen, und, ob er gleich keine ſuffiſante raiſon darzu gehabt, zur Rede geſetzet werden koͤnne. Jedoch wird ein Chriſtl. und vernuͤnfftiger Fuͤrſt nicht allein die Gebote GOttes hierbey in gehoͤrige Beobachtung zu nehmen wiſſen und gedencken, daß ein groͤſſerer uͤber ihn noch geſetzt ſey, dem er dereinſt von ſei- nen Actionen werde Rechenſchafft geben muͤſ- ſen, ſondern ſich auch ſo auffuͤhren, daß er von ſeiner kuͤnfftigen Gemahlin in Anſehung der Conduite, die er gegen die erſtere in Acht ge- nommen, nicht etwan mehr gefuͤrchtet denn ge- liebet werde. Jſt aber die Gemahlin aus ei- nem andern Fuͤrſtl. Hauſe, und es erregen ſich Diſputen unter ihnen, ſo pflegen gewiſſe andere Potentaten zu Schieds-Leuten ausgeleſen zu werden, die ſich bemuͤhen, ſie aus einander zu ſetzen. Jn Teutſchland werden dergleichen Cauſæ matrimoniales unter den Fuͤrſtl. Per- ſonen J 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/155>, abgerufen am 18.05.2024.