liebreiche und vernünfftig eingerichtete Rede geschickt, die Affection und Freundschafft der Leute zuwege zu bringen. Da nun hieran so gar viel gelegen, so muß ein Printz auch fein bey Zeiten angehalten werden, wohl und vernünff- tig reden zu lernen. Daß er allerhand Chrien und teutsche oder lateinische Orationes mache, ist unnöthig; Vielmehr ist er anzuführen, daß er einen von andern ihm gethanen Vor- trag, darinnen unterschiedene Puncte enthal- ten, ordentlich und von Punct zu Punct beant- worten könne, damit er sowohl fremden Abge- sandten, die an seinem Hofe Audienz haben, als auch seinen Ministris oder Land-Ständen, wenn sie ihm etwas proponiren, auf ihre Propositiones mit einer guten Connexion nach den vornehmsten Momentis eine geschickte Antwort zu geben vermögend sey. Jngleichen ist auch ein Printz bey Zeiten zu gewöhnen, daß er lange Historien und allerhand facta, in wel- chen vielerley Umstände vorzukommen pflegen, manierlich und ordentlich, ohne anzustossen oder zu haesitiren und verdrießlichen formulis connectendi zu erzehlen, auch ex tempore bey allerhand ihm vorfallenden Fällen zu reden und den Leuten zu antworten wisse. Es de- pendiret dieses alles von gar wenigen Regeln, aber von einem fleißigen Exercitio.
§. 6.
liebreiche und vernuͤnfftig eingerichtete Rede geſchickt, die Affection und Freundſchafft der Leute zuwege zu bringen. Da nun hieran ſo gar viel gelegen, ſo muß ein Printz auch fein bey Zeiten angehalten werden, wohl und vernuͤnff- tig reden zu lernen. Daß er allerhand Chrien und teutſche oder lateiniſche Orationes mache, iſt unnoͤthig; Vielmehr iſt er anzufuͤhren, daß er einen von andern ihm gethanen Vor- trag, darinnen unterſchiedene Puncte enthal- ten, ordentlich und von Punct zu Punct beant- worten koͤnne, damit er ſowohl fremden Abge- ſandten, die an ſeinem Hofe Audienz haben, als auch ſeinen Miniſtris oder Land-Staͤnden, wenn ſie ihm etwas proponiren, auf ihre Propoſitiones mit einer guten Connexion nach den vornehmſten Momentis eine geſchickte Antwort zu geben vermoͤgend ſey. Jngleichen iſt auch ein Printz bey Zeiten zu gewoͤhnen, daß er lange Hiſtorien und allerhand facta, in wel- chen vielerley Umſtaͤnde vorzukommen pflegen, manierlich und ordentlich, ohne anzuſtoſſen oder zu hæſitiren und verdrießlichen formulis connectendi zu erzehlen, auch ex tempore bey allerhand ihm vorfallenden Faͤllen zu reden und den Leuten zu antworten wiſſe. Es de- pendiret dieſes alles von gar wenigen Regeln, aber von einem fleißigen Exercitio.
§. 6.
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liebreiche und vernuͤnfftig eingerichtete Rede
geſchickt, die Affection und Freundſchafft der
Leute zuwege zu bringen. Da nun hieran ſo
gar viel gelegen, ſo muß ein Printz auch fein bey
Zeiten angehalten werden, wohl und vernuͤnff-
tig reden zu lernen. Daß er allerhand Chrien
und teutſche oder lateiniſche Orationes mache,
iſt unnoͤthig; Vielmehr iſt er anzufuͤhren,
daß er einen von andern ihm gethanen Vor-
trag, darinnen unterſchiedene Puncte enthal-
ten, ordentlich und von Punct zu Punct beant-
worten koͤnne, damit er ſowohl fremden Abge-
ſandten, die an ſeinem Hofe Audienz haben,
als auch ſeinen Miniſtris oder Land-Staͤnden,
wenn ſie ihm etwas proponiren, auf ihre
Propoſitiones mit einer guten Connexion
nach den vornehmſten Momentis eine geſchickte
Antwort zu geben vermoͤgend ſey. Jngleichen
iſt auch ein Printz bey Zeiten zu gewoͤhnen, daß
er lange Hiſtorien und allerhand facta, in wel-
chen vielerley Umſtaͤnde vorzukommen pflegen,
manierlich und ordentlich, ohne anzuſtoſſen
oder zu hæſitiren und verdrießlichen formulis
connectendi zu erzehlen, auch ex tempore
bey allerhand ihm vorfallenden Faͤllen zu reden
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/161>, abgerufen am 21.11.2024.
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