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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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Reichen und Landen das Recht der Testamente
recipiret worden. Ein anders aber ists, wenn
der Erbe, der ohne Testament daran kömmt,
eine privat-Person ist, so, daß er durch die
Bürgerlichen Gesetze und das Recht der Testa-
mente obligiret wird. Denn ob es wohl das
Ansehen gewinnet, als ob unter denen Souve-
rai
nen, die nur das natürliche Recht erkennen,
die Testamente nicht Statt haben, so muß man
doch erwegen, daß die Fürsten, wenn sie schon
davon befreyet, von freyen Stücken den Bür-
gerl. Gesetzen nachleben; Daher, wenn das Te-
stament die Beschaffenheit hat, daß es von dem
blossen Willen zweyer Fürstl. Personen de-
pendi
ret und ein anderer z. E. der ausgeschlos-
sene ihm nicht contradiciret, so kan das Testa-
ment erhalten werden und bestehen bleiben.
Denn gleichwie ein Fürst sich den Gesetzen, die
er andern giebt, selbst bißweilen submittiret,
also ist es ihm auch unverwehrt, sich der rechtli-
chen Wohlthaten, die er seinen Unterthanen
verstattet, zu bedienen. Es kan auch der recht-
mäßige Erbe, der eine privat-Person ist, dem
nicht widersprechen, weil jener durch das
Bürgerl. Recht vinculirt wird, welches bey
dem erstern Falle eine andere Bewandniß hat-
te, da der haeres legitimus ein Souverain, den
die Testamentlichen Gesetze nichts angehen,

son-



Reichen und Landen das Recht der Teſtamente
recipiret worden. Ein anders aber iſts, wenn
der Erbe, der ohne Teſtament daran koͤmmt,
eine privat-Perſon iſt, ſo, daß er durch die
Buͤrgerlichen Geſetze und das Recht der Teſta-
mente obligiret wird. Denn ob es wohl das
Anſehen gewinnet, als ob unter denen Souve-
rai
nen, die nur das natuͤrliche Recht erkennen,
die Teſtamente nicht Statt haben, ſo muß man
doch erwegen, daß die Fuͤrſten, wenn ſie ſchon
davon befreyet, von freyen Stuͤcken den Buͤr-
gerl. Geſetzen nachleben; Daher, wenn das Te-
ſtament die Beſchaffenheit hat, daß es von dem
bloſſen Willen zweyer Fuͤrſtl. Perſonen de-
pendi
ret und ein anderer z. E. der ausgeſchloſ-
ſene ihm nicht contradiciret, ſo kan das Teſta-
ment erhalten werden und beſtehen bleiben.
Denn gleichwie ein Fuͤrſt ſich den Geſetzen, die
er andern giebt, ſelbſt bißweilen ſubmittiret,
alſo iſt es ihm auch unverwehrt, ſich der rechtli-
chen Wohlthaten, die er ſeinen Unterthanen
verſtattet, zu bedienen. Es kan auch der recht-
maͤßige Erbe, der eine privat-Perſon iſt, dem
nicht widerſprechen, weil jener durch das
Buͤrgerl. Recht vinculirt wird, welches bey
dem erſtern Falle eine andere Bewandniß hat-
te, da der hæres legitimus ein Souverain, den
die Teſtamentlichen Geſetze nichts angehen,

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[170/0190] Reichen und Landen das Recht der Teſtamente recipiret worden. Ein anders aber iſts, wenn der Erbe, der ohne Teſtament daran koͤmmt, eine privat-Perſon iſt, ſo, daß er durch die Buͤrgerlichen Geſetze und das Recht der Teſta- mente obligiret wird. Denn ob es wohl das Anſehen gewinnet, als ob unter denen Souve- rainen, die nur das natuͤrliche Recht erkennen, die Teſtamente nicht Statt haben, ſo muß man doch erwegen, daß die Fuͤrſten, wenn ſie ſchon davon befreyet, von freyen Stuͤcken den Buͤr- gerl. Geſetzen nachleben; Daher, wenn das Te- ſtament die Beſchaffenheit hat, daß es von dem bloſſen Willen zweyer Fuͤrſtl. Perſonen de- pendiret und ein anderer z. E. der ausgeſchloſ- ſene ihm nicht contradiciret, ſo kan das Teſta- ment erhalten werden und beſtehen bleiben. Denn gleichwie ein Fuͤrſt ſich den Geſetzen, die er andern giebt, ſelbſt bißweilen ſubmittiret, alſo iſt es ihm auch unverwehrt, ſich der rechtli- chen Wohlthaten, die er ſeinen Unterthanen verſtattet, zu bedienen. Es kan auch der recht- maͤßige Erbe, der eine privat-Perſon iſt, dem nicht widerſprechen, weil jener durch das Buͤrgerl. Recht vinculirt wird, welches bey dem erſtern Falle eine andere Bewandniß hat- te, da der hæres legitimus ein Souverain, den die Teſtamentlichen Geſetze nichts angehen, ſon-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/190>, abgerufen am 21.11.2024.