Reichen und Landen das Recht der Testamente recipiret worden. Ein anders aber ists, wenn der Erbe, der ohne Testament daran kömmt, eine privat-Person ist, so, daß er durch die Bürgerlichen Gesetze und das Recht der Testa- mente obligiret wird. Denn ob es wohl das Ansehen gewinnet, als ob unter denen Souve- rainen, die nur das natürliche Recht erkennen, die Testamente nicht Statt haben, so muß man doch erwegen, daß die Fürsten, wenn sie schon davon befreyet, von freyen Stücken den Bür- gerl. Gesetzen nachleben; Daher, wenn das Te- stament die Beschaffenheit hat, daß es von dem blossen Willen zweyer Fürstl. Personen de- pendiret und ein anderer z. E. der ausgeschlos- sene ihm nicht contradiciret, so kan das Testa- ment erhalten werden und bestehen bleiben. Denn gleichwie ein Fürst sich den Gesetzen, die er andern giebt, selbst bißweilen submittiret, also ist es ihm auch unverwehrt, sich der rechtli- chen Wohlthaten, die er seinen Unterthanen verstattet, zu bedienen. Es kan auch der recht- mäßige Erbe, der eine privat-Person ist, dem nicht widersprechen, weil jener durch das Bürgerl. Recht vinculirt wird, welches bey dem erstern Falle eine andere Bewandniß hat- te, da der haeres legitimus ein Souverain, den die Testamentlichen Gesetze nichts angehen,
son-
Reichen und Landen das Recht der Teſtamente recipiret worden. Ein anders aber iſts, wenn der Erbe, der ohne Teſtament daran koͤmmt, eine privat-Perſon iſt, ſo, daß er durch die Buͤrgerlichen Geſetze und das Recht der Teſta- mente obligiret wird. Denn ob es wohl das Anſehen gewinnet, als ob unter denen Souve- rainen, die nur das natuͤrliche Recht erkennen, die Teſtamente nicht Statt haben, ſo muß man doch erwegen, daß die Fuͤrſten, wenn ſie ſchon davon befreyet, von freyen Stuͤcken den Buͤr- gerl. Geſetzen nachleben; Daher, wenn das Te- ſtament die Beſchaffenheit hat, daß es von dem bloſſen Willen zweyer Fuͤrſtl. Perſonen de- pendiret und ein anderer z. E. der ausgeſchloſ- ſene ihm nicht contradiciret, ſo kan das Teſta- ment erhalten werden und beſtehen bleiben. Denn gleichwie ein Fuͤrſt ſich den Geſetzen, die er andern giebt, ſelbſt bißweilen ſubmittiret, alſo iſt es ihm auch unverwehrt, ſich der rechtli- chen Wohlthaten, die er ſeinen Unterthanen verſtattet, zu bedienen. Es kan auch der recht- maͤßige Erbe, der eine privat-Perſon iſt, dem nicht widerſprechen, weil jener durch das Buͤrgerl. Recht vinculirt wird, welches bey dem erſtern Falle eine andere Bewandniß hat- te, da der hæres legitimus ein Souverain, den die Teſtamentlichen Geſetze nichts angehen,
ſon-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0190"n="170"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> Reichen und Landen das Recht der Teſtamente<lb/><hirendition="#aq">recipi</hi>ret worden. Ein anders aber iſts, wenn<lb/>
der Erbe, der ohne Teſtament daran koͤmmt,<lb/>
eine <hirendition="#aq">privat-</hi>Perſon iſt, ſo, daß er durch die<lb/>
Buͤrgerlichen Geſetze und das Recht der Teſta-<lb/>
mente <hirendition="#aq">obligi</hi>ret wird. Denn ob es wohl das<lb/>
Anſehen gewinnet, als ob unter denen <hirendition="#aq">Souve-<lb/>
rai</hi>nen, die nur das natuͤrliche Recht erkennen,<lb/>
die Teſtamente nicht Statt haben, ſo muß man<lb/>
doch erwegen, daß die Fuͤrſten, wenn ſie ſchon<lb/>
davon befreyet, von freyen Stuͤcken den Buͤr-<lb/>
gerl. Geſetzen nachleben; Daher, wenn das Te-<lb/>ſtament die Beſchaffenheit hat, daß es von dem<lb/>
bloſſen Willen zweyer Fuͤrſtl. Perſonen <hirendition="#aq">de-<lb/>
pendi</hi>ret und ein anderer z. E. der ausgeſchloſ-<lb/>ſene ihm nicht <hirendition="#aq">contradici</hi>ret, ſo kan das Teſta-<lb/>
ment erhalten werden und beſtehen bleiben.<lb/>
Denn gleichwie ein Fuͤrſt ſich den Geſetzen, die<lb/>
er andern giebt, ſelbſt bißweilen <hirendition="#aq">ſubmitti</hi>ret,<lb/>
alſo iſt es ihm auch unverwehrt, ſich der rechtli-<lb/>
chen Wohlthaten, die er ſeinen Unterthanen<lb/>
verſtattet, zu bedienen. Es kan auch der recht-<lb/>
maͤßige Erbe, der eine <hirendition="#aq">privat-</hi>Perſon iſt, dem<lb/>
nicht widerſprechen, weil jener durch das<lb/>
Buͤrgerl. Recht <hirendition="#aq">vinculi</hi>rt wird, welches bey<lb/>
dem erſtern Falle eine andere Bewandniß hat-<lb/>
te, da der <hirendition="#aq">hæres legitimus</hi> ein <hirendition="#aq">Souverain,</hi> den<lb/>
die Teſtamentlichen Geſetze nichts angehen,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſon-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[170/0190]
Reichen und Landen das Recht der Teſtamente
recipiret worden. Ein anders aber iſts, wenn
der Erbe, der ohne Teſtament daran koͤmmt,
eine privat-Perſon iſt, ſo, daß er durch die
Buͤrgerlichen Geſetze und das Recht der Teſta-
mente obligiret wird. Denn ob es wohl das
Anſehen gewinnet, als ob unter denen Souve-
rainen, die nur das natuͤrliche Recht erkennen,
die Teſtamente nicht Statt haben, ſo muß man
doch erwegen, daß die Fuͤrſten, wenn ſie ſchon
davon befreyet, von freyen Stuͤcken den Buͤr-
gerl. Geſetzen nachleben; Daher, wenn das Te-
ſtament die Beſchaffenheit hat, daß es von dem
bloſſen Willen zweyer Fuͤrſtl. Perſonen de-
pendiret und ein anderer z. E. der ausgeſchloſ-
ſene ihm nicht contradiciret, ſo kan das Teſta-
ment erhalten werden und beſtehen bleiben.
Denn gleichwie ein Fuͤrſt ſich den Geſetzen, die
er andern giebt, ſelbſt bißweilen ſubmittiret,
alſo iſt es ihm auch unverwehrt, ſich der rechtli-
chen Wohlthaten, die er ſeinen Unterthanen
verſtattet, zu bedienen. Es kan auch der recht-
maͤßige Erbe, der eine privat-Perſon iſt, dem
nicht widerſprechen, weil jener durch das
Buͤrgerl. Recht vinculirt wird, welches bey
dem erſtern Falle eine andere Bewandniß hat-
te, da der hæres legitimus ein Souverain, den
die Teſtamentlichen Geſetze nichts angehen,
ſon-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/190>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.