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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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Fürst kan niemahls in Ansehung des Fürsten-
thums oder der Cron-Güter testiren, ohne nur
entweder mit ausdrücklicher oder heimlicher
Einwilligung des Volcks. Denn wer eine
Sache veräusert, bahnet einen Weg, daß die
Sache gantz und gar verlohren gehe. Ein an-
ders aber wäre es, wenn er eine rechtmäßige Ur-
sache hierzu hätte, oder die Noth ihn darzu an-
triebe, z. E. Wenn er das gantze Land nicht er-
halten könte, wenn er nicht einen Theil davon
veräuserte. Es hindern nicht so viel Exempel
der Monarchen, die in Testamenten über ihre
Länder disponiret haben und sie alieniret.
Denn die Exempel beweisen nichts. Und zudem
so haben sie entweder keine Würckung gehabt,
oder sind mit ausdrücklicher oder geheimer Ein-
willigung des Volckes geschehen, oder hernach
heimlicher Weise approbiret worden, oder es
hat auch die Macht und Gewalt darbey prae-
vali
ret.

§. 14. Endlich fraget sichs, ob ein Fürst in
seinem Testament urtheilen könne über die Suc-
cession,
die unter einigen nach seinem Abster-
ben streitig ist? Jm geringsten nicht. Denn
da bey seinem Leben kein Recht der Succession
Statt hat, vielweniger Streit hierüber entstehen
kan, so folgt, daß niemand in dieser streitigen
Successions-Sache judiciren könne, als der, der

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Fuͤrſt kan niemahls in Anſehung des Fuͤrſten-
thums oder der Cron-Guͤter teſtiren, ohne nur
entweder mit ausdruͤcklicher oder heimlicher
Einwilligung des Volcks. Denn wer eine
Sache veraͤuſert, bahnet einen Weg, daß die
Sache gantz und gar verlohren gehe. Ein an-
ders aber waͤre es, wenn er eine rechtmaͤßige Ur-
ſache hierzu haͤtte, oder die Noth ihn darzu an-
triebe, z. E. Wenn er das gantze Land nicht er-
halten koͤnte, wenn er nicht einen Theil davon
veraͤuſerte. Es hindern nicht ſo viel Exempel
der Monarchen, die in Teſtamenten uͤber ihre
Laͤnder diſponiret haben und ſie alieniret.
Denn die Exempel beweiſen nichts. Und zudem
ſo haben ſie entweder keine Wuͤrckung gehabt,
oder ſind mit ausdruͤcklicher oder geheimer Ein-
willigung des Volckes geſchehen, oder hernach
heimlicher Weiſe approbiret worden, oder es
hat auch die Macht und Gewalt darbey præ-
vali
ret.

§. 14. Endlich fraget ſichs, ob ein Fuͤrſt in
ſeinem Teſtament urtheilen koͤnne uͤber die Suc-
ceſſion,
die unter einigen nach ſeinem Abſter-
ben ſtreitig iſt? Jm geringſten nicht. Denn
da bey ſeinem Leben kein Recht der Succeſſion
Statt hat, vielweniger Streit hieruͤber entſtehẽ
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[181/0201] Fuͤrſt kan niemahls in Anſehung des Fuͤrſten- thums oder der Cron-Guͤter teſtiren, ohne nur entweder mit ausdruͤcklicher oder heimlicher Einwilligung des Volcks. Denn wer eine Sache veraͤuſert, bahnet einen Weg, daß die Sache gantz und gar verlohren gehe. Ein an- ders aber waͤre es, wenn er eine rechtmaͤßige Ur- ſache hierzu haͤtte, oder die Noth ihn darzu an- triebe, z. E. Wenn er das gantze Land nicht er- halten koͤnte, wenn er nicht einen Theil davon veraͤuſerte. Es hindern nicht ſo viel Exempel der Monarchen, die in Teſtamenten uͤber ihre Laͤnder diſponiret haben und ſie alieniret. Denn die Exempel beweiſen nichts. Und zudem ſo haben ſie entweder keine Wuͤrckung gehabt, oder ſind mit ausdruͤcklicher oder geheimer Ein- willigung des Volckes geſchehen, oder hernach heimlicher Weiſe approbiret worden, oder es hat auch die Macht und Gewalt darbey præ- valiret. §. 14. Endlich fraget ſichs, ob ein Fuͤrſt in ſeinem Teſtament urtheilen koͤnne uͤber die Suc- ceſſion, die unter einigen nach ſeinem Abſter- ben ſtreitig iſt? Jm geringſten nicht. Denn da bey ſeinem Leben kein Recht der Succeſſion Statt hat, vielweniger Streit hieruͤber entſtehẽ kan, ſo folgt, daß niemand in dieſer ſtreitigen Succeſſions-Sache judiciren koͤnne, als der, der recht- M 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/201>, abgerufen am 24.11.2024.