§. 9. Dafern nun ein Printz zu seinen mannbahren Jahren gekommen, kan er das Regiment selbst antreten, und hat nicht nöthig, daß er dem Vormund länger behält. Wenn aber die grossen Herren zur Regierung fähig sind, ist in den Fundamental-Gesetzen eines iedweden Reichs determiniret. An manchen Orten werden sie in ihrem achtzehnden Jahre zum Regiment tüchtig erkannt, in andern Pro- vintzen und Reichen aber ist ein kürtzerer oder längerer Termin gesetzt. Man hat auch wohl Exempel, daß sie biß in das vier und zwantzigste Jahr Vormünder behalten. Bißweilen ex- tendiren die Vormünder ihre Vormundschafft so lange als nur immer möglich, und machen ein Hauffen Schwierigkeit, ehe sie die Pupil- len zum Regiment lassen, weil sie inzwischen theils von der Königlichen Würde profitiren, theils auch sonst die Sachen, ihren Absichten nach, incaminiren können, welches hernach, wenn der Pupille zum Regiment kömmt, nicht sowohl angehet.
§. 10. Gleichwie ein ieder Vormund Raison hat, auf alle Art und Weise besorgt zu seyn, daß er dem Zustand seiner Pupillen, wo er ihn nicht verbessern kan, dennoch nicht ver- schlimmere; Also hat sich ein Königlicher oder Fürstlicher Tutor zu hüten, daß er bey währen-
der
P 2
§. 9. Dafern nun ein Printz zu ſeinen mannbahren Jahren gekommen, kan er das Regiment ſelbſt antreten, und hat nicht noͤthig, daß er dem Vormund laͤnger behaͤlt. Wenn aber die groſſen Herren zur Regierung faͤhig ſind, iſt in den Fundamental-Geſetzen eines iedweden Reichs determiniret. An manchen Orten werden ſie in ihrem achtzehnden Jahre zum Regiment tuͤchtig erkannt, in andern Pro- vintzen und Reichen aber iſt ein kuͤrtzerer oder laͤngerer Termin geſetzt. Man hat auch wohl Exempel, daß ſie biß in das vier und zwantzigſte Jahr Vormuͤnder behalten. Bißweilen ex- tendiren die Vormuͤnder ihre Vormundſchafft ſo lange als nur immer moͤglich, und machen ein Hauffen Schwierigkeit, ehe ſie die Pupil- len zum Regiment laſſen, weil ſie inzwiſchen theils von der Koͤniglichen Wuͤrde profitiren, theils auch ſonſt die Sachen, ihren Abſichten nach, incaminiren koͤnnen, welches hernach, wenn der Pupille zum Regiment koͤmmt, nicht ſowohl angehet.
§. 10. Gleichwie ein ieder Vormund Raiſon hat, auf alle Art und Weiſe beſorgt zu ſeyn, daß er dem Zuſtand ſeiner Pupillen, wo er ihn nicht verbeſſern kan, dennoch nicht ver- ſchlimmere; Alſo hat ſich ein Koͤniglicher oder Fuͤrſtlicher Tutor zu huͤten, daß er bey waͤhren-
der
P 2
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0247"n="227"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw><p>§. 9. Dafern nun ein Printz zu ſeinen<lb/>
mannbahren Jahren gekommen, kan er das<lb/>
Regiment ſelbſt antreten, und hat nicht noͤthig,<lb/>
daß er dem Vormund laͤnger behaͤlt. Wenn<lb/>
aber die groſſen Herren zur Regierung faͤhig<lb/>ſind, iſt in den Fundamental-Geſetzen eines<lb/>
iedweden Reichs <hirendition="#aq">determini</hi>ret. An manchen<lb/>
Orten werden ſie in ihrem achtzehnden Jahre<lb/>
zum Regiment tuͤchtig erkannt, in andern Pro-<lb/>
vintzen und Reichen aber iſt ein kuͤrtzerer oder<lb/>
laͤngerer Termin geſetzt. Man hat auch wohl<lb/>
Exempel, daß ſie biß in das vier und zwantzigſte<lb/>
Jahr Vormuͤnder behalten. Bißweilen <hirendition="#aq">ex-<lb/>
tendir</hi>en die Vormuͤnder ihre Vormundſchafft<lb/>ſo lange als nur immer moͤglich, und machen<lb/>
ein Hauffen Schwierigkeit, ehe ſie die <hirendition="#aq">Pupil-</hi><lb/>
len zum Regiment laſſen, weil ſie inzwiſchen<lb/>
theils von der Koͤniglichen Wuͤrde <hirendition="#aq">profitir</hi>en,<lb/>
theils auch ſonſt die Sachen, ihren Abſichten<lb/>
nach, <hirendition="#aq">incaminir</hi>en koͤnnen, welches hernach,<lb/>
wenn der <hirendition="#aq">Pupille</hi> zum Regiment koͤmmt, nicht<lb/>ſowohl angehet.</p><lb/><p>§. 10. Gleichwie ein ieder Vormund<lb/><hirendition="#aq">Raiſon</hi> hat, auf alle Art und Weiſe beſorgt zu<lb/>ſeyn, daß er dem Zuſtand ſeiner <hirendition="#aq">Pupill</hi>en, wo<lb/>
er ihn nicht verbeſſern kan, dennoch nicht ver-<lb/>ſchlimmere; Alſo hat ſich ein Koͤniglicher oder<lb/>
Fuͤrſtlicher <hirendition="#aq">Tutor</hi> zu huͤten, daß er bey waͤhren-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[227/0247]
§. 9. Dafern nun ein Printz zu ſeinen
mannbahren Jahren gekommen, kan er das
Regiment ſelbſt antreten, und hat nicht noͤthig,
daß er dem Vormund laͤnger behaͤlt. Wenn
aber die groſſen Herren zur Regierung faͤhig
ſind, iſt in den Fundamental-Geſetzen eines
iedweden Reichs determiniret. An manchen
Orten werden ſie in ihrem achtzehnden Jahre
zum Regiment tuͤchtig erkannt, in andern Pro-
vintzen und Reichen aber iſt ein kuͤrtzerer oder
laͤngerer Termin geſetzt. Man hat auch wohl
Exempel, daß ſie biß in das vier und zwantzigſte
Jahr Vormuͤnder behalten. Bißweilen ex-
tendiren die Vormuͤnder ihre Vormundſchafft
ſo lange als nur immer moͤglich, und machen
ein Hauffen Schwierigkeit, ehe ſie die Pupil-
len zum Regiment laſſen, weil ſie inzwiſchen
theils von der Koͤniglichen Wuͤrde profitiren,
theils auch ſonſt die Sachen, ihren Abſichten
nach, incaminiren koͤnnen, welches hernach,
wenn der Pupille zum Regiment koͤmmt, nicht
ſowohl angehet.
§. 10. Gleichwie ein ieder Vormund
Raiſon hat, auf alle Art und Weiſe beſorgt zu
ſeyn, daß er dem Zuſtand ſeiner Pupillen, wo
er ihn nicht verbeſſern kan, dennoch nicht ver-
ſchlimmere; Alſo hat ſich ein Koͤniglicher oder
Fuͤrſtlicher Tutor zu huͤten, daß er bey waͤhren-
der
P 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/247>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.