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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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durch ein blosses Pactum auf einen Schieds-
Mann compromittiret, so kan es demjeni-
gen, der sich aus Vertrauen zu seinen Kräfften
eine impunität unter den Menschen verspricht,
leicht seyn, dasselbige zu cassiren, weil zumahl
ein Schiedsmann die Partheyen nicht Befehls-
Weise darzu bringen kan, daß sie sich dem von
ihn gesprochenen Bescheid unterwerffen. Da-
hero räth die Klugheit, daß man bey dem na-
türlichen Rechte anderer Leute Pactis und Ehr-
lichkeit nicht allzuviel traue, sondern glaube,
daß diejenigen Bündnisse an heimlichsten ge-
halten werden, die sich auf ein reciprocirliches
Interesse gründen, und da es beyden schädlich ist,
sie zu violiren, oder da der andere mit Gewalt
zu deren Observanz angehalten werden kan.

§. 7. Hierzu kömmt noch eine andere raison,
warum das natürliche Recht nicht vermögend
ist den Frieden bey den menschlichen Geschlechte
zu conserviren. Es bringet die natürliche
Freyheit nemlich mit sich, daß ein iedweder zu
regulirung seiner actionen und Erreichung sei-
ner Absicht seiner Meinung folgt. Nun
weiß aber ein iedweder, daß dieselben nach dem
Unterscheid der Leute gar sehr discrepant sind.
Die wenigsten haben die Geschicklichkeit zu pe-
netri
ren, was zu ihrer und anderer Leute Glück-
seeligkeit gereichen könte, und wenn sie auch end-

lich
Q 4



durch ein bloſſes Pactum auf einen Schieds-
Mann compromittiret, ſo kan es demjeni-
gen, der ſich aus Vertrauen zu ſeinen Kraͤfften
eine impunitaͤt unter den Menſchen verſpricht,
leicht ſeyn, daſſelbige zu caſſiren, weil zumahl
ein Schiedsmann die Partheyen nicht Befehls-
Weiſe darzu bringen kan, daß ſie ſich dem von
ihn geſprochenen Beſcheid unterwerffen. Da-
hero raͤth die Klugheit, daß man bey dem na-
tuͤrlichen Rechte anderer Leute Pactis und Ehr-
lichkeit nicht allzuviel traue, ſondern glaube,
daß diejenigen Buͤndniſſe an heimlichſten ge-
halten werden, die ſich auf ein reciprocirliches
Intereſſe gruͤnden, uñ da es beyden ſchaͤdlich iſt,
ſie zu violiren, oder da der andere mit Gewalt
zu deren Obſervanz angehalten werden kan.

§. 7. Hierzu koͤmmt noch eine andere raiſon,
warum das natuͤrliche Recht nicht vermoͤgend
iſt den Frieden bey den menſchlichen Geſchlechte
zu conſerviren. Es bringet die natuͤrliche
Freyheit nemlich mit ſich, daß ein iedweder zu
regulirung ſeiner actionen und Erreichung ſei-
ner Abſicht ſeiner Meinung folgt. Nun
weiß aber ein iedweder, daß dieſelben nach dem
Unterſcheid der Leute gar ſehr diſcrepant ſind.
Die wenigſten haben die Geſchicklichkeit zu pe-
netri
ren, was zu ihrer und anderer Leute Gluͤck-
ſeeligkeit gereichen koͤnte, uñ wenn ſie auch end-

lich
Q 4
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[247/0267] durch ein bloſſes Pactum auf einen Schieds- Mann compromittiret, ſo kan es demjeni- gen, der ſich aus Vertrauen zu ſeinen Kraͤfften eine impunitaͤt unter den Menſchen verſpricht, leicht ſeyn, daſſelbige zu caſſiren, weil zumahl ein Schiedsmann die Partheyen nicht Befehls- Weiſe darzu bringen kan, daß ſie ſich dem von ihn geſprochenen Beſcheid unterwerffen. Da- hero raͤth die Klugheit, daß man bey dem na- tuͤrlichen Rechte anderer Leute Pactis und Ehr- lichkeit nicht allzuviel traue, ſondern glaube, daß diejenigen Buͤndniſſe an heimlichſten ge- halten werden, die ſich auf ein reciprocirliches Intereſſe gruͤnden, uñ da es beyden ſchaͤdlich iſt, ſie zu violiren, oder da der andere mit Gewalt zu deren Obſervanz angehalten werden kan. §. 7. Hierzu koͤmmt noch eine andere raiſon, warum das natuͤrliche Recht nicht vermoͤgend iſt den Frieden bey den menſchlichen Geſchlechte zu conſerviren. Es bringet die natuͤrliche Freyheit nemlich mit ſich, daß ein iedweder zu regulirung ſeiner actionen und Erreichung ſei- ner Abſicht ſeiner Meinung folgt. Nun weiß aber ein iedweder, daß dieſelben nach dem Unterſcheid der Leute gar ſehr diſcrepant ſind. Die wenigſten haben die Geſchicklichkeit zu pe- netriren, was zu ihrer und anderer Leute Gluͤck- ſeeligkeit gereichen koͤnte, uñ wenn ſie auch end- lich Q 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/267>, abgerufen am 21.11.2024.